Eine Spritzguss,aschine von Trumpf.

Die für den Metallspritzguss entwickelte Maschine erwärmt Rohlinge im Vakuum mittels Induktionsheizung und spritzt sie anschließend in ein gekühltes Werkzeug. (Bild: Engel)

Bei jedem Modellwechsel stehen Leichtbau und optimaler Materialmix im Pflichtenheft der Entwickler. Im Premiumsegment dominieren Aluminium, Carbon oder Magnesium sowie faserverstärkter Kunststoff, im Großserienumfeld sind es Bauteile aus Stahl und polymere Materialien für das Fahrzeuginnere. In jedem Fall unterliegen die dazugehörigen Fertigungsverfahren strengen Performancekriterien hinsichtlich Fehlerquote, Stand- und Umrüstzeiten. Für jeden Produktionsschritt gilt ein fein austariertes Optimum aus störungsfreien Abläufen, effizient einsetzbaren Tools und daraus resultierenden Kosten. Eine lastpfadoptimierte Konstruktion ebnet den Weg zu einem ausgewogenen Gesamtfahrzeugkonzept, das sowohl den Karosseriebau als auch das gesamte Interieur nebst Powertrain und Sicherheitsfeatures umfasst. 

Senkung der Stückkosten

Damit alles wie am Schnürchen läuft, lassen sich Materialexperten und Maschinenbauer im Hightech-Spritzguss einiges einfallen. Der österreichische Hersteller von Maschinen und Spritzgussverfahren Engel Austria beispielsweise entwickelt automatisierte Fertigungskonzepte für die Herstellung von Faserverbundbauteilen. Auf Basis des hauseigenen Organomelt-Verfahrens entstehen Frontendträger für Daimler oder die Rücksitzwand des Audi A8, die aus einer komplexen Carbonfaserstruktur mit lokalen Verstärkungen besteht. Ausgangsmaterial sind thermoplastische Faserverbundhalbzeuge (Organobleche) oder sogenannte unidirektionale (UD) glas- oder carbonfaserverstärkte Tapes. Die Composite-Materialien lassen sich in eine thermoplastische Matrix einbetten und weiterverarbeiten. Das Organoblech oder die Tapes werden aufgeheizt und im Spritzgießwerkzeug je nach Anwendungsfall umgeformt. Es gibt auch bereits ein Tape-Legeverfahren, das Bänder im Bedarfsfall zu sogenannten Stacks verarbeitet.

Daraus entstehen Bauteile mit funktionell anspruchsvollen Eigenschaften. Laut Hersteller laufen alle Arbeitsschritte in einem integrierten und vollständig automatisierten Prozess im Großserieneinsatz ab. Eine automatische Legezelle fördert Tapes innerhalb des Herstellungsprozesses im Takt von drei Sekunden und verschweißt sie punktuell miteinander. Die Position der Bänder kontrolliert eine hochauflösende Kamera, deren Daten den gesamten Ablageprozess überwachen. „Die Umformung und Funktionalisierung von Faserverbundhalbzeugen lassen sich effizient integrieren, was die Stückkosten senkt. Der durchgehend thermoplastische Ansatz vereinfacht zudem die Entwicklung von Recycling-Konzepten“, sagt Norbert Müller, Leiter des Technologiezentrums für Leichtbau-Composites von Engel.

Einsatz von amorphem Metall

In der Spritzgussbranche macht das Metal Injection Moulding (MIM) von sich reden, vor allem als Alternative zur klassischen Metallverarbeitung mit Fräsen, Drehen oder Bohren. Aus erwärmtem Metallpulver, vermischt mit einem thermoplastischen Binder, entstehen komplexe Bauteile in einem Arbeitsschritt. Das Verfahren öffnet den metallischen Werkstoffen die Welt des Kunststoffspritzgusses mit seinen vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten. Auf der Materialseite forciert der Technologiekonzern Heraeus unter der Bezeichnung Amloy seit letztem Jahr den industriellen Einsatz von amorphem Metall, das sich in Spritzgussmaschinen oder 3D-Druckern verarbeiten lässt. Engel hat bereits eine Spritzgießmaschine für die Amloy-Verarbeitung entwickelt, die im Minutentakt einsatzfertige Zweikomponentenbauteile mit einer sehr hohen Oberflächenqualität fertigt. Seit Kurzem kooperiert Heraeus mit Maschinenbauer Trumpf, um den 3D-Druck mit amorphem Metall voranzutreiben.

Während die MIM-Technik bislang auf klassische Werkstoffe wie Stahl oder Edelstahl fokussiert, geht es beim Amorphous Metal Moulding (AMM), anders als bei reinen Metallen und klassischen Legierungen, um ein Material mit ungeordneten, nicht kristallinen Strukturen. Die schockgefrostete Schmelze von metallischem Material unterbindet das Ausbilden fester Metallgitter. „Die besonderen Eigenschaften amorpher Metalle bieten viel Potenzial für Innovationen in einer Vielzahl von Anwendungen“, versichert Jürgen Wachter, Leiter der Geschäftseinheit Heraeus Amloy. Laut Firmenangaben bietet der Werkstoff Eigenschaften, die sich üblicherweise ausschließen: extreme Härte und Druckfestigkeit bei gleichermaßen hoher Elastizität und guter Korrosionsbeständigkeit. Bestmarken melden Materialspezialisten auch in puncto Verschleißfestigkeit und wichtigen mechanischen Parametern wie Zugfestigkeit und Streckgrenze. In Hanau ist man überzeugt: Mit dieser Kombination von Eigenschaften sind amorphe Metalle Stahl, Magnesium und vielen anderen Werkstoffen überlegen. 

Alternative zu Einkomponentenanlagen

Der Zweikomponentenspritzguss zieht seit einiger Zeit die Aufmerksamkeit von OEMs und deren Zulieferern auf sich, vor allem wenn es um einbaufertige Mehrkomponentenbauteile und -module geht. Teilehersteller beispielsweise nutzen diese 2K-Technik für die kunststoffbasierte Fertigung von Akustikbauteilen, Armauflagen, Schaltknäufen oder den Lichtleisten des 7er BMW. „Es war eine große Herausforderung – wir sind alle stolz, dass wir sie gemeistert haben“, freut sich Patrick Tzschach, Leiter des Werkzeugbaus bei Rupp-Spritzguss. Der Mehrkomponentenspritzguss kombiniert unterschiedliche Materialen mit spezifischen Werkstoffeigenschaften.

Der Vorteil sind Einsparungen im Bereich Handling sowie der Füge- und Montagevorgänge. Allerdings sind bei der Werkzeugauslegung und im Komponentendesign spezielle Erfahrung und Expertise erforderlich. Zudem sind 2K-Maschinen teurer als klassische Einkomponentenanlagen, denn sie benötigen zwei oder mehrere Spritzeinheiten mit unterschiedlichen Heiß- und Kaltsystemen samt passender Schließeinheit. Eine weitere Hürde: Geringe Ausschussraten und niedrige Maschinenstillstandsquoten stellen sich nicht per Knopfdruck ein. Damit das klappt, benötige man entsprechendes Knowhow, heißt es bei Rupp.

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