Ein Portraitfoto von Dominik Lembke, Director Product Development Europe bei Svolt.

Das optimale Temperaturniveau sei je nach Chemie der Aktivmaterialien zwischen 20 und 40 Grad, berichtet Dominik Lembke, Director Product Development Europe bei Svolt. (Bild: Svolt)

In medialen Debatten kommt die Frage immer wieder auf: Sind Elektroautos entzündlicher als Verbrenner?

Aus meiner Sicht ein klares Nein. Rein statistisch gesehen, entzünden sich Elektroautos nicht häufiger als Verbrenner. Kommt es tatsächlich zu einem E-Auto-Brand, muss die Feuerwehr anders vorgehen als beim Löschen eines Verbrenners: Eine Löschlanze wird gezielt an die Batterie herangeführt und der Brand in den Zellen direkt durch Einleiten von Wasser bekämpft. Die primäre Wirkung dieser Methode ist die Kühlung der Batterie. Sauerstoff wird durch die Zersetzung des Elektrolyts erzeugt und kann dem Brand nicht entzogen werden.

Wie wird die Crash-Festigkeit gewährleistet?

Was die Crash-Festigkeit betrifft, so lässt sich diese unter anderem durch mechanische Maßnahmen erhöhen. Ein Aufprall kann von vorne, hinten, seitlich oder in seltenen Fällen – zum Beispiel durch ein Projektil – auch von unten erfolgen. Für alle Szenarien ist es entscheidend, die Karosserie hinreichend zu versteifen. Dies verhindert eine Intrusion in den Innenraum der Lithium-Ionen-Zelle, eine entsprechende Beschädigung des Aktivmaterials und somit einen Brand der Batterie. Sehr wichtig ist daher eine enge Zusammenarbeit zwischen OEMs und Batterieherstellern, insbesondere zu Fragen der Fahrzeugsicherheit. Bei Svolt praktizieren wir hier einen ganzheitlichen Ansatz: Wir testen das gesamte Batteriesystem sowohl auf Zell- als auch auf Packebene und gewährleisten dadurch ein Höchstmaß an Sicherheit und Crash-Festigkeit.

Die Außentemperatur kann sich bekanntlich auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Mit welchen Technologien werden die Effekte gemindert?

Während das Batteriegehäuse unempfindlich gegenüber thermischen Einwirkungen ist, wird bei der Lithium-Ionen-Zelle die aktuelle Performance stark durch die Temperatur beeinflusst. Steigt diese zu stark an, beginnt im ersten Schritt die Zersetzung des sogenannten Solid Electrolyte Interfaces – mit entsprechenden negativen Auswirkungen für die Zell-Performance und Lebensdauer. Wichtig ist daher, die Zellen im Betrieb auf einem optimalen Temperaturniveau zu halten – je nach Chemie der Aktivmaterialien zwischen 20 und 40 Grad. Entscheidend sind hierbei die richtigen Kühlprozesse, also ein durchdachtes Thermo-Management. Dabei sollte beachtet werden, dass das Thermo-Management ein Gesamtfahrzeugthema ist. So sollte man bei der Auslegung der Kühlaggregate darauf achten, Leistung, Gewicht und Kosten optimal aufeinander abzustimmen. Um ideale Betriebstemperaturen zu gewährleisten, sollte das Kühlungskonzept hin auf einen höchstmöglichen Wärmeleitfähigkeits-Koeffizienten ausgelegt werden.

Welchen Anteil kann Software bei der Energieeffizienz der Batterien leisten?

Eine optimale Energieeffizienz ist dann gegeben, wenn sich mit möglichst wenig Energieeinsatz eine möglichst hohe Reichweite erzielen lässt. Auch hier ist – wie bei der Kühlungsthematik – eine Betrachtung des gesamten Fahrzeugs ausschlaggebend. Dazu zählen etwa der Antriebsstrang, also der Wirkungsgrad der Leistungselektronik und des Elektromotors, eventuelle Wärmeverluste, die aerodynamischen Eigenschaften des Fahrzeugs sowie die Effizienz der Ladeprozesse. Um hier ein optimales Ergebnis zu erzielen, sollte die Batterie sowohl thermisch als auch elektrisch in einem „Wohlfühlzustand“ gehalten werden. Eine leistungsfähige Steuerungssoftware kann durch gekonnt programmierte Algorithmen einen wesentlichen Beitrag hierzu leisten. Je tiefer das Verständnis der Aktivmaterialien der Zelle, desto besser abgestimmt ist darauf die Batteriesoftware. Dadurch verbleibt die Batterie bei jedem Lastpunkt in ihrem optimalen Betriebsfenster hinsichtlich Spannung und Temperatur. Dies hat nicht nur positive Auswirkungen auf die alltägliche Fahr-Performance, sondern erhöht auch die Lebensdauer der Batterie entscheidend.

Wodurch lassen sich künftig Batteriekosten einsparen?

Hier kann ich auf aktuelle Zahlen aus einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger vom Februar 2022 verweisen: Demnach hängen die Batteriekosten stark von der verwendeten Zelltechnologie, den Produktionsprozessen und dem Preis des Rohmaterials ab. Laut den Ergebnissen der Studie sind die Wahl der optimalen Zellchemie und die Verbesserung des Designs auf Zell- und Pack-Ebene die größten Hebel, um die Kosten pro Kilowattstunde in den kommenden Jahren nachhaltig zu senken. Darüber hinaus kann durch die Optimierung der kathodenaktiven Materialien mit noch höherem Nickelgehalt und anodenaktiven Materialien mit höherem Siliziumanteil die Energiedichte der Zellen erhöht und somit die Gesamtkosten pro Kilowattstunde gesenkt werden. Bei Svolt gehen wir zudem den Weg, in unserer NMX-Zelle komplett auf das knappe Kobalt zu verzichten. Dies reduziert Kosten und nutzt der Umwelt. Abseits von Zellchemie und Design gibt es weitere Möglichkeiten, Kosten einzusparen. Dazu zählen die Erhöhung der Modulgröße oder der komplette Verzicht von Modulen, um die Anzahl pro Pack und die damit einhergehenden „Verpackungsmaterialien“ zu minimieren, sowie Prozessoptimierungen in der Fertigungstechnologie der Zelle. Die Experten von Roland Berger schätzen, dass diese Maßnahmen die Kosten um bis zu 40 US-Dollar pro Kilowattstunde reduzieren können.

Zur Person:

Dominik Lembke

Dr. Dominik Lembke ist Director Product Development Europe bei SVOLT Energy Technology Europe. Bevor er im August 2021 zum Unternehmen kam, war er Leiter des Sachgebietes BEV-Batteriesysteme sowie technischer Projektleiter HV-Batterie BEV bei der Porsche in Weissach. Dort war er unter anderem für die Systemintegration der Batteriekomponenten als HV-Batteriesystem ins Gesamtfahrzeug verantwortlich. Lembke promovierte am École Polytechnique Fédérale de Lausanne als Doktor der Wissenschaften (Dr. sc. ETH). Er hält außerdem Abschlüsse als Diplom-Physiker von der Ludwig-Maximilians-Universität München und einen MBA des Collège des Ingénieurs, Paris, München & Turin.

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