Das Leben eines Tuners kann manchmal so einfach sein. Einfach ein bisschen in der Modellpalette des Herstellers umschauen, sich die besten Technik-Rosinen herauspicken und loslegen. Beim Mercedes-AMG C 63 S Cabrio ist es genau so gelaufen - zumindest, was den Motor angeht. Der ist schließlich bei einem Kraftmeier aus Affalterbach nicht ganz unwichtig: Das V8-Bi-Turbo-Triebwerk stammt aus dem Mercedes-AMG GT-S (allerdings ohne die Trockensumpfschmierung) und knallt 375 kW / 510 PS auf die Hinterachse. Nein, keinen Allradantrieb, wie beim AMG C43-4-Matic und das macht sich bei Nässe und schnellen Beschleunigungen in niedrigen Gängen bemerkbar. Dann wissen die 285er-Walzen nicht wohin mit der ganzen Kraft, und stempeln dermaßen, dass ein Postbeamter vom alten Schlag neidisch wird.

Schnell ist die Traktionskontrolle zur Stelle und macht dem Rubbel-Spuk ein Ende. Dann beginnt der Spaß: Obwohl die AMG-Wuchtbrumme mit gut 1.9 Tonnen alles andere als ein Fliegengewicht ist, tanzt er ziemlich leichtfüßig durch die Gegend. Die Lenkung ist straff, direkt und präzise, so wie man es sich von einem Modell aus Affalterbach mit den drei Buchstaben auf dem Heck wünscht. Lediglich die Rückmeldung über den Straßenzustand könnte noch etwas eindeutiger sein. Aber wir geben zu: Das ist Jammern auf ganz hohem Niveau. Zumal auch dynamische Motorenlager beim zackigen Einlenken helfen.

Bei soviel Motoren-Bizeps hilft auch das ausladende Hinterteil, das 66 Millimeter breiter ist als beim normalen C-Klasse-Cabrio und so nicht nur betörend gut aussieht, sondern auch etwas zur Straßenlage beträgt. Um die unbändige Kraft des 700-Newtonmeter-Monsters auf die Straße zu bringen. Dass dieser Power-Transfer nicht ganz ohne Modifikationen am Fahrwerk funktionieren kann, ist auch klar. Also haben die AMG-Techniker viele Register gezogen: Höherer Sturz vorne, veränderten Achskinematiken mit stärkeren Lenkern und Trägern sowie steiferen Uniball-Lagern hinten, garniert mit einem elektrisch geregelten Hinterachs-Sperrdiferrenzial, das laut Entwickler Björn Steigüber, auf "verschiedene Kurvenradien reagieren kann".

Sportlich-eleganter Innenraum

Die Melange auch Mechanik und Technik funktioniert. Im Fahrmodus "Sport" und "Sport plus" arbeitet das schmucke Hinterteil ambitioniert mit, ohne den Fahrer vor unlösbare Probleme zu stellen. Der 4,69 Meter lange offene Power-Riegel mit Stern schlägt sich in jeder Umgebung gut, sei es auf der Landstraße oder der Autobahn. Dazu kommt noch der akustische Trommelwirbel der Klappen-Auspuffanlage, der vor allem bei den scharfen Fahreinstellungen die Dynamik akustisch deutlich untermalt, dass so mancher Passant vor Schreck zusammenzuckt, wenn der brüllende Zwischengas-Stoß die Präsenz des Affalterbacher Cabrios lautstark kundtut. Die Insassen des C 63 S können die Verbrennungs-Arie vor allem in Tunneln genießen.

Das Datenblatt gibt dieses Fahrererlebnis nur unzureichend wieder: Bereits nach 4,1 Sekunden fliegt die Tachonadel an der 100-km/h-Marke vorbei und wird erst bei 250 km/h durch die Elektronik gebremst. Wer sich ein "AMG Driver\'s Package" gönnt, erweitert den Vorwärtsdrang auf 280 km/h. Doch ein Mercedes wäre kein Mercedes, egal ob AMG oder nicht, wenn er nicht auch der Komfort und Luxus bieten würde. Dank der variablen Dämpfer werden auch Langstrecken entspannt absolviert. Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe passt sich der gewünschten Art des Vorankommens an.

Der Innenraum betont mit roten Ziernähten, schickem Leder und einer üppigen Anzahl Carbon-Applikationen die Sportlichkeit. Vor allem die breite Mittelkonsole profitiert vom großzügigen Einsatz des Verbundwerkstoffes. Die Sportsitze sind sehr bequem, liefern zudem noch viel Seitenhalt und helfen so, die Ermüdung des Fahrers in Grenzen zu halten. Wer Lust auf die Sternen-Oper hat, muss die nicht ganz zu vernachlässigende Kleinigkeit von 91.689,50 Euro auf den Tisch des Hauses legen.

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