Lang, lang ist's her. Als der erste Skoda Octavia Combi vor 24 Jahren auf den Markt kam, wurde der Tscheche gerne mit der Lademeister-Version des Dacia Logan verglichen. Wenn man heute das Erfolgsmodell der tschechischen VW Tochter entert, hat das Innenraum-Ambiente nichts, aber auch gar nichts mehr mit dem spröden Plastikambiente der Modellanfangsjahre zu tun. Besonders chic ist der chromglänzende Wählhebel des Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes. Das ist erstmals in der Shift by Wire-Konfiguration, also dem Schalten per Elektroimpuls, erhältlich.

Ähnliches gilt für das Infotainment. Glich die Unterhaltungselektronik im ersten Octavia eher einem guten alten Blaupunkt-Stereoradio aus den 80er, feuern die Tschechen jetzt eine volle Unterhaltungselektronik-Breitseite auf die Insassen. Speerspitze des Bits- und Bytes-Feuerwerks ist der zentrale zehn Zoll große Touchscreen, der als zentrales Kommunikationsmedium dient. Die Konzernräson merkt man bei der Bedienung: Die erfolgt auch bei den Tschechen per Apps, mit denen man sich - wie bei einem Smartphone - die erste Ebene der Benutzeroberfläche nach Belieben gestalten kann. Die Updates für das Infotainmentsystem erfolgen drahtlos, allerdings sind nicht alle Konnektivitätsdienste unbegrenzt im Preis des Ausstattungspakets "Skoda Connect" enthalten: Der Fahrzeugfernzugriff ist ein Jahr lang kostenlos, bei der Anzeige von Wetterdaten, Nachrichten, Schlagzeilen, Tankstellen- und Parkplatzsuche sind es drei Jahre.

Dass die Tschechen nicht jeden Weg mitgehen, den die niedersächsische Mutter vorgibt, sieht man an den Drehreglern sowie dem Touch-Schieberegler unterhalb des Monitors  mit dem man unter anderem die Temperatur der Klimaanlage und die Lautstärke einstellen kann. Diese Regenrinne ist länger als beim Golf VIII und damit auch einfacher zu bedienen, aber so ganz erschließt sich der Zweck dieses Gimmicks nicht, da man die Klimaautomatik auch mit dem Touchscreen bedienen kann und für die Lautstärke Regler im Lenkrad vorhanden sind. Insgesamt befinden sich 14 Knöpfe und Regler im Volant, was zunächst ein bisschen üppig erscheint, doch nach kurzer Eingewöhnungszeit lassen sich viele Einstellungen vornehmen, ohne die Hände vom Lenkrad zu entfernen. Apropos Lenkrad: Das ist jetzt ebenfalls berührungsempfindlich und es merkt, wenn man es nicht mehr umgreift - dann wird ein Nothalt eingeleitet. Bei der Bedienung gewöhnt man sich sehr schnell an die Besonderheit, dass man diverse Aktionen mit den Hebeln unterhalb des Touchscreens aktiviert und die Auswahl per Touchscreen tätigt.

Komfortabler Gleiter

Auch das 10,2 Zoll große virtuelle Cockpit kann mithilfe der Lenkrad-Fernbedienung konfiguriert werden. Skoda bietet erstmals ein Head-up-Display an - klar, der Octavia ist der meistverkaufte Skoda Deutschlands und die Kunden wollen bei der Stange gehalten werden. Dazu passt auch die Aufrüstung bei den Assistenzsystemen: Neben dem Voll-Matrix-LED-Licht feiern Helfer wie der Side Assist und der eben erwähnte Emergency Assist, der adaptive Abstandsassistent (bis zu 210 km/h) beim Octavia 4 ihre Premiere. Die autonomen Fahrhelfer werden im "Travel Assist" gebündelt, was vor allem beim Stau hilft, in dem der Octavia selbstständig bremst, anfährt und auch die Spur hält. Die Technik achtet auch beim Linksabbiegen auf Gegenverkehr und behält auch Fahrradfahrer, die am Fahrzeug vorbeihuschen wollen, im Blick. Dass die Seitenairbags hinten bei der Style-Ausstattung 440 Euro Aufpreis kosten, quittieren wir dagegen mit einem Stirnrunzeln.

Beim Fahren gibt sich der Skoda Octavia keine Blöße, bietet aber auch kein Aha-Erlebnis. Der Zweilliter-Diesel mit 110 kW / 150 PS stammt aus der aktuellen Evo-Serie, verfügt über das Twindosing-Verfahren, bei dem mithilfe von zwei hintereinander angeordneten Katalysatoren AdBlue eingespritzt wird, was die NOx-Emissionen deutlich senkt. Das Ganze läuft vom Fahrer unbemerkt ab. Der bekannte Dieselmotor ist kein Ausbund an Fröhlichkeit, kann eine leichte Anfahrschwäche nicht verhehlen, kommt aber mit dem 1.487 Kilogramm schweren Skoda gut zurecht. Nach 8,8 Sekunden ist Landstraßentempo erreicht und es geht weiter bis 222 km/h. Wenn man den Selbstzünder etwas fordert, quittiert dieser das mit einem vernehmbaren Verbrennungsgeräusch. Beim Fahrwerk gibt der Kombi grundsätzlich den komfortablen Gleiter, den man mit den Fahrmodi Eco, Comfort Normal sowie Sport oder nach eigenen Vorstellungen unter "Individual" konfigurieren kann. Wer es etwas straffer will, sollte das Fahrprogramm Sport wählen. Generell verhält sich der Octavia Combi in allen Lebenslagen gutmütig und bleibt beherrschbar. Eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorgänger stellten wir bei der Lenkung fest, mit der sich der Octavia Combi präzise um die Ecke zirkeln lässt und den Fahrer nicht im Unklaren darüber lässt, wenn die Untersteuerneigung das Profil der Reifen einem Stresstest unterzieht. Skoda gibt den Durchschnittsverbrauch mit 3,7 l/100 km an, bei unserer Testfahrt, die auch mal sportlicher durchgeführt wurde, waren es 5,8 Liter pro 100 Kilometer.

Kommen wir zuletzt zur Paradedisziplin des Octavia: Der Raum. Mit einer Länge von 4,69 Metern ist der neue Octavia Combi vier und die Limousine um gut zwei Zentimeter länger als der Vorgänger. Darum verwundert es nicht, dass man auch in diesem Octavia großzügige Platzverhältnisse vorfindet. Das gilt nicht nur für die Passagiere, die es sich im Fond gemütlich machen können, sondern auch für den Kofferraum, dessen Volumen in der Grundkonfiguration um 30 Liter auf 640 Liter anwächst, legt man die Lehnen der Rückbank um, sind es prächtige 1.700 Liter, allerdings steigt die Ladefläche im letzten Drittel etwas an. Das gilt auch für den Preis: Unter 28.060 Euro geht beim Octavia nichts, das gefahrene Modell kostet mindestens 34.770 Euro - weit weg von einem Dacia. Eben in einer anderen Liga - so ändern sich die Zeiten.

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