Ein Mazda mit E-Fuel-Aufschrift färt über eine Straße.

Mit E-Fuels könnten Bestandsfahrzeuge unabhängiger von fossilen Rohstoffen werden. (Bild: eFuel Alliance)

Die Pläne der EU-Kommission sind eindeutig: Ab 2035 soll der Verkauf von Diesel- und Benzinerfahrzeugen beendet sein. Gemäß dem Pariser Klimaabkommen ist ab 2050 Schluss mit den Verbrennern. Die Bundesregierung unterstützt diese Pläne, allerdings setzt sich auch in Berlin die Erkenntnis durch, dass nur mit batterieelektrischen Antrieben eine CO2-neutrale Mobilität nicht erreicht werden kann – zumindest nicht mittelfristig und vor allem nicht bis 2035. Auch darüber hinaus wird es schwierig. „Wir wollen Verbrennungsmotoren zulassen, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden können“, erklärt Bundesverkehrsminister Volker Wissing.

Sein Ministerium hat bereits im Januar 2021 ein Förderprogramm angekündigt, das bis 2024 rund 1,54 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Davon sollen 640 Millionen Euro Entwicklungs- und Demonstrationsprojekte zur Erzeugung erneuerbarer Kraftstoffe fließen. Weitere 900 Millionen Euro sind für die Umrüstung oder den Neubau von Erzeugungsanlagen sowie für die Markteinführung von Biokraftstoffen und strombasierten Kraftstoffen vorgesehen.

Transportbranche warnt vor überstürztem Wandel

Die rund 170 in der E-Fuel Alliance zusammengeschlossenen Unternehmen stimmen aus vollem Herzen zu und vertreten die Ansicht, dass die Brüsseler Klimaschutz-Gesetzesvorschläge im Grunde kontraproduktiv sind, da sie Möglichkeiten zu stark einschränken, Verkehr durch synthetische und Biokraftstoffe nachhaltiger zu machen. Vor allem die Transport- und Logistikbranche pocht auf eine Möglichkeit, die mit Verbrennungsmotoren bestückten Fahrzeuge weiterbetreiben zu können.

Schließlich kann man nicht Tausende von Diesel-Lkw von jetzt auf gleich in den Ruhestand schicken. Die finanziellen und logistischen Auswirkungen wären fatal. Vor allem stellt sich die Frage, wie man lange Strecken mit reiner Batterie-Power zurücklegen will. „Würden alle Lkw elektrisch fahren, müssten alle 40 Kilometer Ladestationen mit mindestens 20 Megawatt Leistung stehen“, rechnete Daimler-Truck-Chef Martin Daum unlängst vor. Auch die Brennstoffzellen-Technologie ist nicht von heute auf morgen großflächig einsetzbar.

"Die Energiewende ist nur mit E-Fuels möglich"

Solche Argumente überzeugen. Die eherne Front der kompromisslosen Verbrennungsmotor-Gegner beginnt langsam zu bröckeln. Doch wie soll man die ehrgeizigen Klimaziele der EU erreichen? Eine Lösung aus diesem Zielkonflikt könnten synthetische Kraftstoffe sein. Die Prognos-Studie, die unter anderem vom Institut für Wärme und Öltechnik (IWO) und dem Mineralölwirtschaftsverband in Auftrag gegeben wurde, kommt zum Schluss, dass "die Energiewende nur mir E-Fuels möglich" ist. Die Mineralölindustrie nimmt den Ball freudig an. "Wir gehen davon aus, dass synthetische Kraftstoffe in Zukunft eine größere Rolle spielen könnten, denn für ihren Vertrieb kann die bestehende Kraftstoff-Versorgungsstruktur sofort genutzt werden", heißt es bei BP.

Porsche und Siemens Energy errichten in Punta Arenas in Chile gemeinsam mit einer Reihe von internationalen Unternehmen eine Industrieanlage zur Herstellung nahezu CO2-neutralen Kraftstoffs. Zunächst entsteht eine Pilotanlage, die 2022 rund 130.000 Liter E-Fuels erzeugen soll. In zwei Stufen soll die Kapazität dann bis 2024 auf rund 55 Millionen und bis 2026 auf rund 550 Millionen Liter erweitert werden. Das Fraunhofer Umsicht-Institut entwickelt BTL-Verfahren (Biomass-to-Liquid) für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe der neuesten Generation aus heute verfügbaren Roh- und Reststoffquellen, die nicht im Konflikt mit der Nahrungsmittelerzeugung stehen. Die Frage ist nur, ob die Herstellung auch in der Großserie umsetzbar ist und bezahlbaren Treibstoff in genügend großen Mengen produziert.

Ist das der Fall, hätten die Selbstzünder wieder eine sonnigere Zukunft. Doch die Kosten müssen sinken. Das E-Fuels-Herstellungsverfahren ist aufwendig, teuer und bedingt Strom aus erneuerbaren Energien, um rentabel zu sein. Nur wenn regenerativer Strom im Überschuss produziert wird, kommt der deutliche Effizienznachteil der synthetischen Kraftstoffe gegenüber BEVs und Wasserstofffahrzeugen nicht so zum Tragen.

E-Fuels könnten an erneuerbaren Energien scheitern

Die Herstellung der E-Fuels ist aufwendig: Der Strom wird genutzt, um in einer Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zu spalten. Danach reagiert der Wasserstoff mit Kohlendioxid, das aus der Luft oder biogenen Abgasen gewonnen werden kann. Das Ergebnis sind langkettige Kohlenwasserstoffverbindungen beziehungsweise Blue Crude, also ein Rohöläquivalent. Für diese Elektrolyse ist sehr viel Strom nötig. Das treibt die Kosten nach oben. Aktuell geht man von rund 4,50 Euro pro Liter aus. Optimistische Prognosen sagen, dass dieser Preis bis 2030 unter 2,30 Euro pro Liter sinkt. Dann wäre man nicht mehr so weit entfernt von dem Preis, der während der Ukraine-Krise an der Zapfsäule aufgerufen wird.

Das ist aber nicht die einzige Hürde: Um den Bedarf für die Automobile und die anderen Verkehrsmittel abzudecken, wären aber Schätzungen zufolge deutlich mehr Sonnen-, Wasser- und Windkraftwerke nötig, als heute in Deutschland existieren. Da man als Folge der Energiewende ohnehin auf sauberen Strom setzen wird, so das Kalkül, kann man überschüssigen Strom so sinnvoll nutzen. Außerdem können diese Anlagen auch in sonnigen Gegenden Europas entstehen. Verfahren, das CO2 aus der Luft zu gewinnen, sind bereits vorhanden. Nur muss dies alles auch mit großen Mengen durchgeführt werden, um wirtschaftlich zu sein.

"Es ist bei weiten Strecken billiger, den fertigen Kraftstoff zu transportieren als die elektrische Energie. Deutschland wird ohne Atomkraft in eine Sättigung bei der eigenen CO2-neutralen Energiebereitstellung laufen. Daher wird Energie importiert werden müssen", erklärt Jakob Burger von der TU München, der sich auf chemische und thermische Verfahrenstechnik spezialisiert hat. Und Abhängigkeiten auf dem Energiesektor will man hierzulande keine eingehen.

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