„Wir können uns über Kunden nicht hinwegsetzen"
Jahrelang hielt Porsche im VW-Konzern die Fahne hoch, doch 2025 war der Premiumhersteller bilanziell eher ein Klotz am Bein. Wie sich das wieder ändern soll, erklärt Entwicklungsvorstand Michael Steiner im Interview.
Michael Steiner hat die Entwicklung des elektrischen Cayenne zu verantworten.
Porsche
Porsche hat schwere Monate hinter sich. Die Quartalszahlen
waren ein Schock, es hakt nicht allein beim Absatz, sondern insbesondere auch dem
Ertrag. Keine Überraschung, das CEO Oliver Blume mit seiner Doppelrolle zum
Jahresende ausgetauscht wird. Doch das ist nicht alles, denn auch bei der
Strategie wird deutlich korrigiert. Die Benziner kommen zurück.
Porsche, einst Aushängeschild des deutschen Automobilbaus
und überaus ertragreiche Cash Cow des Volkswagenkonzerns, ist mächtig unter
Druck. Der ab 2015 proklamierte Umstieg in die Elektromobilität ist
gescheitert. Deutliche Korrekturen in Modellplanung und Zeitplan sollen den
Autobauer aus Stuttgart jetzt wieder in die Spur bringen. Im Gespräch erläutert
Entwicklungsvorstand Michael Steiner wie die Rückkehr zu Emotionen und
satten Erträgen gelingen soll.
Wir wollen
eher nach vorne als zurück
blicken. Daher die Frage, wie Porsche nach den jüngsten Schreckenszahlen aus der aktuellen Misere herauskommen will?
Zugegeben - wir haben aktuell
herausfordernde Zeiten. Die E-Mobilität
setzt sich weltweit deutlich langsamer durch, als ursprünglich erwartet –
insbesondere im Exklusivsegment. Doch wir haben die Probleme erkannt
und inzwischen gezielt
nachjustiert. Dabei setzen wir große Hoffnungen in unser neues
Topmodell, den Porsche 911 Turbo S, mit seinem einzigartigen
Hybridantrieb und insbesondere auch in den neuen Porsche Cayenne Electric. Das ist ein Auto, das ankommt und viele
Verbrenner-Fans zum Elektroauto herüberholen wird. Porsche hat in Europa bei
den Neuwagen mittlerweile einen Anteil
von mehr als 30 Prozent
vollelektrischer Autos und mehr als die
Hälfte aller Modelle gehen elektrifiziert an die Kunden.
In den vergangenen Jahren blieben zuerst
Taycan und dann auch der elektrische
Macan hinter den Erwartungen zurück. Wie wird jetzt nachgesteuert? Sind Elektroantriebe nun weniger wichtig?
Die Absatzentwicklung von Taycan und Macan, die wir vor einigen Jahren
aufgestellt haben, ist hinter den Planungen zurückgeblieben. Das ist korrekt. Es ist aber nicht so, dass wir nun unsere gesamte Strategie umwerfen
müssen. Wir haben unsere
Verbrenner-Motorenentwicklung ja nie aufgegeben. Natürlich ist ein nennenswerter Teil der Investitionen in die neuen Elektroantriebe gegangen.
Hier haben wir mit dem Taycan
in 2019 echte Pionierarbeit geleistet. So eine Ladegeschwindigkeit oder ein
800-Volt-Bordnetz hatte damals keiner. Jetzt ist das auch im Wettbewerb
Standard. Doch wir sehen, dass nicht alle Märkte auf der Welt gleichermaßen bereit für
Elektroantriebe sind. Hier steuern wir nun nach, um die Kunden mitzunehmen. Wir
werden dem Kunden in jeder unserer Fahrzeugklassen die Wahl des von ihm bevorzugten Antriebs
überlassen. Wir können
und wollen uns über Kundenwünsche nicht hinwegsetzen. Jeder
soll in einem Porsche immer genau das Antriebspaket bekommen, das für ihn
passt.
Was heißt das für das Modellportfolio. Zuletzt
sind Modelle wie der große SUV-Bruder
des Cayenne mit der internen Bezeichnung K1 oder die elektrischen 718er Modelle deutlich
nach hinten gerutscht. Kommen diese alle
noch?
Wir haben keine
Modelle gestrichen, sondern
nur das Tempo angepasst und uns die Antriebe
nach der Rückmeldung der Märkte noch einmal genau angeschaut. Das Oberklasse-SUV K1 ist vorrangig für die Märkte
in den USA und China gedacht. Hier wird der
Elektroantrieb in unseren Segmenten erst einmal nicht die führende Rolle spielen. Der K1 kommt daher erst einmal als Verbrenner und als
Hybridversion. Aber auch eine spätere
Elektroversion diskutieren wir. Als
nächstes kommt ein zweitüriger Sportwagen im 718-Segment als Cabrio und Coupé als Elektroversion. Gleichzeitig denken
wir über hochemotionale Verbrenner-Derivate am oberen Ende der Modellpalette
nach. Auch im Macan-Segment werden wir in den
kommenden Jahren eine eigenständige
Baureihe mit Verbrenner auflegen, deren
Name und genauer Marktstart aktuell
noch nicht feststeht.
Porsche
wurde zuletzt vorgeworfen, dass gerade den Elektromodellen die Emotionalität, die Porsche-Gene
fehlen. Wir kann man diese zurückbringen?
Wer
unsere elektrischen Modelle fährt, bewegt einen echten Porsche. Das spürt
jeder und die Kunden lieben
dieses Gefühl. Zugegeben ist es schwerer, einem Elektromotor diese
einzigartige Porsche-DNA mitzugeben, sie jederzeit erlebbar zu machen. Doch
auch hier haben wir uns einiges einfallen lassen. Wir werden insbesondere
den Klang neu inszenieren und haben
auch darüber hinaus einige
sehr interessante Ideen, die einen elektrischen Porsche emotional aufladen.
Wie aktuell zu
sehen, bleiben die Hybridmodelle, die ehemals nur als Übergangstechnologie
gedacht waren, deutlich länger
im Markt, als ehemals gedacht. Wie wird Porsche mit dieser
Antriebstechnik umgehen?
Die Hybridantriebe sind elementarer Teil unserer Strategie und das seit Jahren. Das wird sich nicht ändern –
im Gegenteil. Bei den großen Modellen haben wir unsere sehr erfolgreichen Plug-in-Hybride und beim 911 GTS und nun auch dem Turbo S bieten wie ein
Performance-Hybridsystem, das konkurrenzlose Dynamik in die Modelle bringt.
Natürlich haben wir auch hier mit Plug-in-Hybriden experimentiert; doch der
Porsche 911 wurde damit einfach zu schwer - mit erheblichem Einfluss auf die Fahrdynamik.
Überhaupt muss man bei Plug-in-Hybriden generell genau hinschauen, was Sinn
ergibt. Die Reichweitenanforderungen werden immer größer, was das ganze Paket
von der CO2-Bilanz und den Kosten her immer uninteressanter macht. Ideal ist ein Elektromotor, der in der Stadt arbeitet und einen Verbrenner, der auf
Landstraße und Autobahn seinen Dienst tut; mit einer elektrischen Reichweite von 50 bis maximal
100 Kilometern. Mehr ist in Sachen Kosten, Packaging und
Kundennutzen nicht sinnvoll. Auch unsere T-Hybridtechnik ließe sich in einer
anderen Ausprägung, mit weniger starkem Performance-Fokus auch in anderen
Modellen einsetzen.
Fahrerassistenzsysteme sind derzeit in aller Munde. Porsche hat sich hier in den vergangenen Jahren im Vergleich zu
anderen Marken zurückgehalten. Was können die Kunden hier von Ihnen
erwarten?
Wir sind eine Sportwagenmarke durch und durch. Einen Porsche
911 will man fahren und nicht in ihm gefahren werden. Das sieht bei
unseren SUV und Sportlimousinen natürlich etwas anders aus. Hier sind die
Kunden mit unserem Innodrive-System sehr zufrieden. Dieses werden wir in den kommenden Jahren weiterentwickeln. Gleichzeitig müssen wir ebenso wie die
gesamte Industrie Kosten, Aufwand und nicht zuletzt die Kundennachfrage im Auge
behalten. Sensoren, redundante Systeme und auch die rechtlichen
Rahmenbedingungen sind in den USA, Europa und Asien höchst unterschiedlich.
Daher setzen wir erst einmal auf sogenannte Level-2+- und 2++-Systeme, die den
Fahrer entlasten. Dieser kann die Hände zwar vom Lenkrad nehmen, muss die Straße jedoch im Blick behalten. Level 3 wird in der
nächsten Dekade ein Thema werden – auch für uns.