Technik

03. Jul. 2025 | 09:56 Uhr | von Götz Fuchslocher

Genauere Temperaturregelung ohne Hardware

Wie ZF Elektromotoren mit KI zu mehr Effizienz verhilft

TempAI nennt ZF eine neue Methode, die das Temperaturmanagement in elektrischen Antrieben auf ein neues Niveau heben soll. Das lernfähige Temperaturmodell soll die Temperaturregelung um 15 Prozent verbessern.

Temperaturmanagement TempAI von ZF

Bei TempAI wird mittels Künstlicher Intelligenz präzise die Temperatur im Inneren der E-Motoren bestimmt. (Bild: ZF)

Das Temperaturmanagement von Elektromotoren ist eine enorm wichtige Größe bei der Elektromobilität. Um bereits während der Entwicklung von E-Motoren Betriebsstrategien optimieren zu können und die elektrischen Maschinen im Betrieb noch effizienter und mit höherer Dauerleistung laufen lassen zu können, ist die präzise Ermittlung der Temperaturen unerlässlich. Zulieferer ZF stellt mit TempAI eine Ermittlungsmethode vor, die mit klugen Algorithemen quasi dorthin vorstößt, wo es mit herkömmlichen Methoden schlicht unmöglich, zu heiß oder zu eng ist.

Bei TempAI handelt es sich um ein Temperaturmodell, das physikalisch fundierte Modelle automatisiert aus Messdaten generiert und in kürzester Zeit lauffähig macht. Bestehende Steuergeräte reichen dafür aus, zusätzlicher Hardware bedarf es ZF zufolge nicht. Die verwendeten KI-Modelle sollen zudem geringe Rechenressourcen beanspruchen.

Intelligentes Thermomanagement ist ein wichtiges Thema beim Zulieferer. Mit TherMaS präsentierte ZF erst kürzlich ein neues System, das Batterie, E-Maschine, Leistungselektronik und Innenraum effizient und kompakt temperieren soll. Die Friedrichshafener setzen im Bereich des E-Antriebs auf eine modulare, technologieoffene und systemische Strategie, wobei die neue sogenannte Select-Plattform dazu beitragen soll Kosten, Variantenvielfalt und Geschwindigkeit zu vereinen.

Vorteile beim Betrieb und der Entwicklung

Bei ZF spricht man von einer 15 Prozent genaueren Temperaturregelung durch Künstliche Intelligenz. „TempAI ist ein echter technologischer Durchbruch für das Temperaturmanagement elektrischer Antriebe“, betont Otmar Scharrer, bei ZF Entwicklungsleiter für elektrifizierte Antriebstechnologien. Die präzisere Temperaturvorhersage ermöglicht ZF zufolge eine gezieltere Regelung bis zur thermischen Betriebsgrenze. Das Ergebnis hier: bis zu sechs Prozent mehr Spitzenleistung und eine nachweisebare Effizienzsteigerung im WLTP-Zyklus. Bei dynamischer Fahrt – etwa auf der Nürburgring-Nordschleife – sinke der Energieverbrauch je nach Lastpunkt um sechs bis 18 Prozent, heißt es beim Zulieferer.

Vorteile sieht man bei ZF besonders für die Entwicklung von E-Antrieben. Dort helfe die KI, Vorgänge im Inneren des E-Motors zu verstehen und zu erfassen, für die es – aus Kosten- oder Zeitgründen – kein physikalisch zuverlässiges Modell gibt. „Diese Technologie ermöglicht es uns, die Effizienz und Zuverlässigkeit unserer Antriebe weiter zu steigern. Gleichzeitig zeigen wir mit TempAI, wie datengetriebene Entwicklung nicht nur schneller, sondern auch nachhaltiger und leistungsfähiger sein kann“, sagt Stefan Sicklinger, Leiter KI, Digitales Engineering und Validierung im Bereich F&E.

Zu den expliziten Herausforderungen zählt das Messen der Temperatur im Inneren eines Rotors. Diese lässt sich während des Betriebs nur mit hohen Kosten direkt messen. Hier kommen Messdaten zum Tragen, die sich im Rahmen von aufwändigen Funktionstests am Prüfstand ergeben und später in den Erprobungsfahrzeugen systematisch erfasst werden, wie Temperaturwerte aus dem Umfeld, etwa aus der Ölwanne, sowie die Drehzahlen des Rotors. Aus den verschiedenen möglichen Betriebspunkten und deren zeitlichem Verlauf ergeben sich Millionen von Datenpunkten. Entsprechend „antrainiert“ würden KI-Algorithmen exakt jene Abhängigkeiten herausfiltern, die für die Temperaturveränderungen am Rotor und Stator besonders aussagekräftig seien, heißt es bei ZF.

Weit kürzere Entwicklung und weniger Seltene Erden

Durch die optimierte thermische Auslegung lassen sich auch signifikante Mengen an schweren Seltenen Erden einsparen. Gleichzeitig verkürzt sich die Entwicklungszeit pro Projekt erheblich: ZF zufolge von mehreren Monaten auf wenige Tage. Die auf KI basierende Technologie ist serienreif und für die neue Generation von ZF-Elektromotoren verfügbar.

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