
Rückgängige Volumina und enorme Aufwände für die Transformation belasten die Automobilzulieferer weltweit. (Bild: ZF)
Die aktuellen Zahlen klingen ernüchternd: Die Umsatzrendite der Automobilzulieferer sinkt im Branchendurchschnitt auf nur noch 4,7 Prozent. Chinesische Zulieferer liegen mit 5,7 Prozent vorne, Schlusslicht sind Europa mit 3,6 und Südkorea mit 3,4 Prozent. Dies geht aus einer neuen Studie hervor, für die das Beratungshaus Roland Berger und die Investmentbank Lazard 600 Automobilzulieferer weltweit in den Fokus genommen haben
„Die Zulieferer erleben einerseits eine Stagnation beim Volumenwachstum und sind andererseits gleichzeitig mit einer Transformation konfrontiert, für die sie ihre Geschäftsmodelle dringend umgestalten müssen“, beschreibt Felix Mogge, Automotive-Experte und Partner bei Roland Berger, das Szenario. „Was wir derzeit vor allem in der europäischen und nordamerikanischen Automobilzulieferindustrie beobachten, lässt sich gut als eine Phase der ‚Stagformation‘ beschreiben“, ordnet der Experte die Situation ein.
Warum Zulieferer unterdurchschnittlich abschneiden
Rückgängige Volumina und enorme Aufwände für die Transformation lassen der Studie zufolge die Supplier im Vergleich zu anderen Sektoren unterdurchschnittlich abschneiden. Die Zulieferer hätten zwar bei den Umsätzen seit der Coronapandemie langsam wieder zulegen können, doch ihre Rentabilität sei strukturell gesunken – zumal ein guter Teil der Umsatzsteigerung durch die Inflation verursacht wurde, die auch bei den Kosten zugeschlagen habe, erklärt Mogge.
Roland Berger hat fünf Trends als Haupttreiber der derzeitigen Entwicklungen identifiziert. Als erstes nennen die Branchenexperten das weltweit stagnierende Produktionsvolumen mit der Folge von Überkapazitäten. Europa sei hier am meisten unter Druck. China und Südasien seien dagegen Haupttreiber eines bescheidenen globalen Automobilwachstums.
Ein weiterer Punkt liegt der Studie zufolge in der Umstellung auf E-Fahrzeuge, die in Europa und Nordamerika langsamer vorankomme als geplant, wodurch Skaleneffekte nicht wie erwartet zum Tragen kommen. Ein dritter Aspekt liegt in steigenden Softwarekosten: Der Trend zum softwaredefinierten Fahrzeug mit immer mehr Assistenz- und Konnektivitätsfunktionen sei eine große Chance, aber nicht für alle Zulieferer gleichermaßen.
Punkt vier: Der Wettbewerb der OEMs verschärfe sich weltweit, vor allem bei Elektroautos drängen neue Spieler in den Markt. Damit steige der Kostendruck auf die Zulieferer weiter. Und fünftens: Geopolitische Entwicklungen würden hohe Unsicherheit schaffen und mit neuen Zöllen und Subventionen den globalen Handel sowie die Lieferketten verändern.

Ära des stetigen Wachstums geht zu Ende
„Mehr als 40 Prozent der 25 größten Automobilzulieferer sind inzwischen als ‚Non-Investment-Grade‘ eingestuft“, sagt Christian Kames, Co-Head Investment Banking für die DACH-Region bei Lazard. Das sei ein deutlich höherer Anteil als in anderen Branchen. Für die Zukunft rechnen die Studienautoren auf Marktseite mit wenig Besserung. Die Ära des stetigen Wachstums sei zu Ende gegangen und ein volatiles Umfeld lasse den Druck auf Erträge und Gewinne künftig weiter steigen, heißt es.
Dennoch zeichnen die Studienautoren kein düsteres Bild. Zulieferer könnten durch konsequente Effizienzsteigerungsprogramme, Partnerschaften zur Optimierung und Skalierung des Portfolios, einer Straffung des Produktangebots sowie der Konzentration auf strategische Technologien dennoch erfolgreich bleiben, so Florian Daniel, Partner bei Roland Berger. Christof Söndermann, Managing Director von Lazard sagt: „In stagnierenden Märkten sind Skalenvorteile oft nur noch zu erzielen, in dem man Konsolidierung durch M&A-Aktivitäten beziehungsweise Partnerschaften verfolgt, was aktiveres Portfoliomanagement als in der Vergangenheit erfordert.“
Zulieferer müssten sich auf Produktsegmente und Technologien fokussieren, in denen sie nachhaltig wettbewerbsfähig sein können, und gleichzeitig Aktivitäten einstellen, bei denen sie realistisch kein „Right to Win“ haben. Sein Fazit: „Manche Marktteilnehmer werden sich möglicherweise auch komplett neu positionieren müssen, um zu überleben.“