Die Unternehmensstrategie, die auf der Etablierung einer Nio-Familie basiert, bleibt bestehen. Doch werde das Europakonzept aufgrund der aktuellen Entwicklungen des Marktes und der hierzulande gewonnenen Erfahrungen laufend angepasst, so der Tenor bei der Eröffnung des neuen Nio-House Hamburg.
„Nio verfolgt eine langfristige Geschäftsstrategie und baut daher seine Aktivitäten in Deutschland weiter aus. Nach der Eröffnung des Nio-House am 20. Juni in Hamburg wird eine Woche später ein Nio-Hub in Köln eröffnet, der Servicedienste anbietet. Mit dem El8 kommt ein Oberklassefahrzeug neu auf den Markt, und in einigen Monaten wird auch eine günstige Marke auf den deutschen Markt kommen. Die Diskussion um Zölle und der schwache Markt für Elektrofahrzeuge bringen uns nicht aus der Ruhe. Um die Ziele der Verkehrswende der EU zu erreichen muss der Markt bald kräftig anziehen“, so Christian Wiegand, Head of Marketing & Communications Nio, der im Zuge der laufenden Personalveränderung zusätzlich die Funktion des Deputy General Manager übernahm.
Auch wenn höhere Zölle drohen, wird die neue günstige Marke Firefly für den europäischen Markt sehr attraktiv sein, so Nio-Gründer und Firmenchef William Li laut chinesischen Medien. Nio werde auch mit einem Zollsatz von 31 Prozent (derzeit sind es 10 Prozent) in Europa wettbewerbsfähig sein und wird sich auch nicht aus Europa zurückziehen, erklärte Li in einem Onlineinterview.
Reine Absatzzahlen stehen noch nicht im Vordergrund. Der Fokus liegt darauf, eine hochwertige Marke zu etablieren. Ein Nio-House soll dabei mehr als ein Autohaus sein. „Neben dem Verkaufsraum ist im Obergeschoss eine Mischung aus Kunstgalerie, Bibliothek, Eventcenter, Café und Co-Working-Space zu finden“, erklärt Philipp Tu, Niederlassungsleiter des Nio-House Hamburg.
Nio-House als Begegnungsstätte
„Wir wollen eine tolle Begegnungsstätte in bester Lage schaffen. Nicht nur für Besitzer oder Interessenten unserer Fahrzeuge, sondern für alle Hamburgerinnen und Hamburger“, sagt Jörg Däweritz, Regionalmanager für den norddeutschen Raum bei der Eröffnung. Dies sei eine der Anpassungen, die für die Niederlassungen in Deutschland vorgenommen wurden. In China sind die Nio-Spaces nur exklusiv für die Kunden von Niozugänglich.
Noch sind die Absatzzahlen schwach. Im vergangenen Jahr brachte Nio in Deutschland lediglich 1263 Fahrzeuge auf die Straße. Zwischen Januar und Mai hat das Kraftfahrt-Bundesamt nur 190 neue Nios registriert. Doch der Konzern kann eine solche Durststrecke meistern. „Nio hat im Unterschied zu kleineren Marken einen enormen Rückhalt durch seine Geschäfte in China, dem größten Automarkt der Welt. Dort fährt der Konzern zurzeit ein Rekordergebnis ein“, so Wiegand.
In den bestehenden Niederlassungen werten Fachteams die bereits gewonnenen Erfahrungen des Geschäftsbetriebs aus und leiten daraus Strategieanpassungen ab. Aufgrund der schwachen Absatzzahlen bei Elektrofahrzeugen möchte sich Nio zunächst um die europäischen Märkte, in denen Nio bereits aktiv ist, kümmern, um dann weitere Länder zu erschließen. Wenn Europa die Verkehrswende ernst meint, müsste der Absatz von Elektroautos bald enorm zulegen. Und eine endgültige Entscheidung über Zollerhöhungen ist noch nicht getroffen.
USP Batterietausch steht weiter im Fokus
Bei der Eröffnung des Hamburger Nio -House hielt sich der neue Deutschlandchef noch etwas zurück. David Sultzer, baut unter anderem auf seine Erfahrungen als Regional Manager East von Nio auf. „Mit neuen Impulsen werde ich den erfolgreichen Weg meiner Vorgänger fortsetzen. Wir haben uns klare Ziele gesetzt, um unsere Infrastruktur auszubauen und Nio noch stärker im Markt zu verankern“, sagt David Sultzer.
Die Strategie, Batterien und Fahrzeug getrennt anzubieten und Batterie-Wechselstationen zu bauen geht weiter. „Das macht Sinn. Die Batterie ist die teuerste Komponente des Fahrzeugs, und die Entwicklung der Batterietechnik verläuft rasend schnell. In wenigen Jahren könnten die jetzigen Batterien total veraltet sein. Das Risiko nehmen wir den Kunden ab, da sie dann andere Batterien ordern könnten“, erklärt Vizechef Wiegand. Nicht nur aus China drängen neue Elektroautomarken nach Deutschland. Auch die Türkei oder Vietnam möchten hierzulande mit neuen Marken in den Markt einsteigen. Mit seiner Unternehmensstrategie möchte sich Nio deutlich von der Vielzahl der neuen Wettbewerber absetzen.
Chinesische E-Autos: sinkende Absatzzahlen, steigender Marktanteil
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, beliefen sich die chinesischen Exporte von Elektrofahrzeugen nach Deutschland von Januar bis April auf 31.500 Einheiten, was einem Rückgang von 15,7 Prozent entspricht. Allerdings stieg Chinas Anteil am deutschen Importmarkt für Elektrofahrzeuge im gleichen Zeitraum auf 40,9 Prozent, und China ist weiterhin Deutschlands größter Importeur von Elektrofahrzeugen. 2023 lag der Anteil bei 29 Prozent, 2022 noch bei zwölf Prozent und im Jahr 2020 erst bei 7,7 Prozent.
Insgesamt sanken die Importe reiner Elektroautos nach Deutschland wegen der schwachen Nachfrage hierzulande von Januar bis April im Jahresvergleich um 45,3 Prozent auf 77.000 Fahrzeuge. Die chinesischen Importe gingen also deutlich schwächer zurück. Doch kamen die meisten China-Importe von europäischen Marken oder von Tesla. Aber auch hier holen chinesische Marken auf.