Im Produktionsverbund von Audi nimmt Györ eine besondere Rolle ein. Ebenso wichtig wie die rund 176.000 produzierten Fahrzeuge pro Jahr sind die fast 1,7 Millionen produzierten Antriebe. Györ muss zudem den Wandel zur Elektromobilität schaffen.
Der Audi Q3 wird bei Audi Hungaria in Győr gefertigtAudi
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Bereits 1998 startete Audi die Fertigung in Györ mit der Serienproduktion des TT
Coupé, ein Jahr später kamen die TT Roadster-Modelle
hinzu. Gegründet wurde die Audi
Hungaria Motor Kft. wird als hundertprozentige Tochtergesellschaft der Audi AG
bereits im Jahr 1993. Zu Beginn wurden lackierte Karosserien aus Ingolstadt
geliefert und in Györ lediglich
montiert. Mit der Eröffnung des
neuen Fahrzeugwerks im Jahr 2013 begann für das Werk allerdings eine neue Ära: Presswerk, Karosseriebau, Lackiererei, Montage und die
dazugehörige Qualitätssicherung wurden allesamt am nun zum Vollwerk avancierten
Standort Györ angesiedelt. Mittlerweile erstreckt sich das Werk auf einer
Grundfläche von über 5,1 Millionen Quadratmeter. Aktuell produziert Györ den
Audi Q3 und Q3 Sportback - diese auch mit Mild-Hybrid-Antriebsstrang (MHEV).
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„2018 begann die Serienproduktion der Audi Q3
Modelle, was für uns einen großen Schritt bedeutete, schließlich war dies das
erste Györer SUV-Modell, das die bisherige TT-Produktion in der Stückzahl weit
übertraf“, sagt Zoltán Les, Vorstand Produktion Fahrzeuge der Audi Hungaria. Im
Jahr 2024 wurden am ungarischen Standort 179.710 Fahrzeuge produziert.
Ein Jahr nach dem SoP des Q3 wurde die Produktion um den Q3
Sportback, den RS Q3 und den Q3 Sportback erweitert. Im gleichen Jahr folgten
der Q3 und der Q3 Sportback als Mildhybrid, 2020 die Plugin-Hybridvarianten der
Fahrzeuge. Mit dem Produktionsstart des Cupra Terramar im Jahr 2024 wurde Györ
zum ersten Produktionsstandort Audis, der markenübergreifend fertigt.
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Für insgesamt 35 Produktionsstandorte des
Volkswagen-Konzerns hat das Werk im Nordwesten Ungarns im Jahr 2024 insgesamt
1,68 Millionen Antriebe produziert. Von den 2024 gefertigten Motoren waren
1.114.473 Drei- und Vierzylinder-Benzin- und -Dieselmotoren. Zusätzlich
fertigten die Mitarbeitenden 13.332 Fünfzylinder-Ottomotoren sowie 228.719
Sechszylinder-Ottomotoren und 67.724 Sechszylinder-Dieselmotoren sowie 3.728
Zehnzylinder-Motoren. Darüber hinaus sind 151.899 elektrische Achsantriebe in
Györ gebaut worden. Diese E-Motoren werden im Audi Q8 E-Tron, Audi Q5 E-Tron
und Porsche Macan verbaut.
Im Fokus der ungarischen Produktion stehen künftig vor allem
Antriebe der Premium Platform Electric (PPE). Zum Einsatz kommen die Maschinen
zunächst in der Baureihe des Q6 E-Tron aus Ingolstadt. Für die Produktion der
PPE-Antriebe hat Audi am Standort insgesamt 15.000 Quadratmeter Platz
geschaffen. Hier werden neben Antrieben auch die entsprechenden Statoren und
Getriebekomponenten gefertigt sowie Achsen montiert. Um die Systeme zu
fertigen, hat Audi drei neue Linien in Betrieb genommen. „Die Fertigungslinie
für Statoren hat 28, die Getriebefertigung 15 Arbeitsschritte. Allein für die
Achsmontage sind als 190 einzelne
Montageschritte erforderlich“, erläutert Csaba Imre Benke, Leiter
Produktsegment E-Antriebe in Györ und verantwortlich für die Produktion der
PPE-Antriebe.
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Mehrere hundert Mitarbeiter sind in die Fertigung der
Systeme involviert, im Dreischichtbetrieb können pro Tag 2.000 E-Motoren gebaut
werden. Neben den E-Motoren für die PPE fertigt Audi in Györ außerdem die
Antriebe für den Q8 E-Tron. Darüber hinaus wird derzeit für die E-Maschinen für
Fahrzeuge auf Basis des MEBeco (Modularer E-Antriebs-Baukasten) aus dem
Volkswagen-Konzern ein zusätzlicher Produktionsbereich aufgebaut.
(Bild: Audi)
Durch die neue Form der Antriebe für die PPE habe sich die
Komplexität der Produktion deutlich erhöht, erklärt Audi-Experte Benke. „Wegen
der technischen Unterschiede sehen die Linien ganz anders aus. Bei der PPE sind
allein 15 automatische Biegeautomaten für die dreidimensionale Hairpin-Wicklung
und das anschließende Laserschweißen der Enden in zwei weiteren Anlagen im
Einsatz. Pro Stator werden 140 Meter Kupferdraht verarbeitet. 235
Laserschweißvorgänge sind nötig.“ Da es im Vergleich zu Verbrennern weniger
Verschraubungen, aber mehr Pressumfänge gebe, könne man auf ein höheres Maß an
Automatisierung setzen.
Bei der Umstellung startete man nicht bei null,
betont Benke. Seit 2018 habe der Standort in Györ mehr als 500.000 E-Motoren
gebaut – ein Erfahrungsschatz, der dem Hersteller nun zugutekommt. Dennoch
müssen die Mitarbeiter auch für die neuen Systeme ausgebildet werden. Rund 20
Tage seien pro Mitarbeiter für Schulungen nötig, so Benke. Dabei baue man die
Qualifizierung in unterschiedlichen Ebenen auf. „Auf der ersten Stufe sind es
relativ einfache Grundschulungen über zwei Stunden für Mitarbeitende, die neben
der Linie arbeiten“, so Benke. „Hier unterscheidet sich die Tätigkeit nicht
wesentlich von der, die beim Bau eines Verbrenners nötig ist.“ Die höchste
Ausbildungsstufe bildet diejenige der verantwortlichen Elektrofachkraft, die
bis zu drei Monate beanspruchen kann. „Dafür greifen wir überwiegend auf
vorhandenes Personal aus der Verbrenner-Welt zurück.
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Im Rahmen der Strategie 360factory setzt Audi am Standort
nicht nur auf Automatisierung und Digitalisierung – auch Nachhaltigkeit steht
im Fokus der Bemühungen. Bereits seit 2020 produziert das Werk bilanziell
CO2-neutral. Möglich macht dies die Nutzung industrieller Geothermie und die
größte Photovoltaik-Dachlange Europas. Doch man ruht sich nicht aus: Im Juni
2024 unterzeichnete Audi Hungaria mit dem Energieunternehmen Smart Solar eine
Vereinbarung über den weiteren Ausbau. Zu den 160.000 Quadratmetern Solarpanels
auf dem Logistikzentrum kommen knapp 85.000 Quadratmeter auf der Montagehalle
sowie 75.000 Quadratmeter auf Grünflächen des Werks hinzu. Durch den Einsatz
„innovativer Sonnennachführtechnik mit beidseitigen Aktiveinsätzen“ sei die auf
derselben Fläche erzeugte Energiemenge fast 30 Prozent höher als bei
herkömmlichen Systemen, heißt es beim Autobauer.
Für Fahrzeuge auf Basis der PPE liefert DB Cargo die
in Györ gebauten Motoren außerdem CO2-neutral nach Ingolstadt. „Wichtig ist
auch die Flexibilität zwischen der Schiene und der Straße. Dazu setzen wir seit
April bei Logistikverkehren zwischen den Standorten Neckarsulm, Ingolstadt und
Györ auf einen‘grünen‘ Zug mit einem innovativen Verladekonzept“, führt Audis
Produktionsvorstand Gerd Walker im Interview mit Automobil Produktion aus.
„Lkw-Trailer werden dabei smart auf die Schiene gesetzt, ohne dass wir dafür
aufwendige Infrastruktur benötigen. Der kombinierte Verkehr aus Lkw und Bahn
spart im Jahr bis zu 11.500 Tonnen CO2.“
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Die Rolle von Audis ungarischem Standort jedoch lediglich
auf die Fertigung zu reduzieren, wird Györ nicht gerecht. Bereits seit 2001 ist
die Technische Entwicklung von Audi ebenfalls im Nordwesten Ungarns zuhause.
673 Fachleute bilden die Fachbereiche Fahrsystem und Entwicklung Gesamtfahrzeug
und drittgrößte TE-Einheit Audis, die den gesamten Volkswagen-Konzern mit
Entwicklungsdienstleistungen versorgt. Zum Umfang gehören etwa komplette
Entwicklungsprojekte von Antriebsmodulen sowie deren Fahrzeugintegration sowie
die Fahrwerkssystementwicklung.
Von der Konstruktion über die Thermodynamik und die
numerische Simulation bis hin zur Erprobung auf dem Prüfstand und im Fahrzeug
decke Audi Hungaria das gesamte Entwicklungsspektrum ab, heißt es beim
Unternehmen. Zu diesem Zweck kann Audi in Györ unter anderem auf 18 Verbrennungsmotoren-
und vier elektrische Achsantriebsprüfstände – darunter zwei Akustikprüfstände
und vier klimatisierte Prüfstände – zurückgreifen. Einen Schwerpunkt setzt der
Standort in der Gesamtfahrzeugentwicklung im Bereich der virtuellen Entwicklung
mit Hilfe numerischer Simulationen sowie der E/E-Integration mit
Hardware-in-the-Loop (HiL)-Anwendungen. In den kommenden Jahren plant Audi,
einen zweistelligen Millionenbetrag in die Technische Entwicklung Györ zu
investieren.
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Der seit 2005 am Standort aktive Werkzeugbau beschäftigt
derweil mehrere hundert Mitarbeiter, die auf einer Fläche von rund 60.000
Quadratmetern tätig sind. Das Leistungsportfolio der drei Geschäftsfelder
Presswerkzeugbau, Anlagen- und Vorrichtungsbau sowie Exklusivserienfertigung
umfasst ein Spektrum von der Design- und Machbarkeitsbeurteilung sowie der
Fertigungssimulation über die Methodenplanung und Konstruktion bis hin zur
Betriebsmittelherstellung, Inbetriebnahme und Serienübergabe sowie der Fertigung
von Karosseriebauteilen.
Besonders in der Exklusivserienfertigung konnte man in Györ
zuletzt ein merkliches Wachstum verzeichnen und mehrere Zehntausnde
Anbauteilsätze ausliefern. Auch Teile des Bentley Bentayga stammen aus Györ. Im
Jahr 2023 gründete Audi Hungaria zudem die 100-prozentige Tochtergesellschaft
Ahead aus, für die rund 400 Mitarbeiter aktiv sind. Zum Angebot zählen unter
anderem Services aus den Bereichen Beschaffung, IT und Finance.