BMW Werk San Luis Potosí Mexiko

In aktuell zwei Schichten produzieren 3.700 Mitarbeiter an 270 unterschiedlichen Arbeitsplätzen rund 450 Autos pro Tag. (Bild: BMW)

Inmitten der kargen Landschaft Zentralmexikos hat BMW ein Werk geschaffen, das in vielerlei Hinsicht Maßstäbe setzt: Es gilt als ein Vorzeigeprojekt für moderne, nachhaltige Automobilproduktion. Seit 2019 produziert der bayerische Automobilhersteller in San Luis Potosí (SLP) Fahrzeuge für den Weltmarkt: Von den 406.139 mit dem Qualitätsversprechen ‚hecho en México‘ gefertigten Autos wurde 403.691 exportiert. „Wir wollen die erste Wahl für Kunden, Talente und BMW sein", erklärt Werkleiter Harald Gottsche die Vision des Standorts. Ein ambitioniertes Ziel, dass das Team in San Luis Potosí mit beeindruckenden Leistungen untermauert. So gewann das Werk 2023 gleich zwei JD Power Awards für die Qualität und Attraktivität des hier produzierten 2er Coupés.

Doch die wahre Stärke des Werks liegt in seiner Flexibilität. „Wir können hier theoretisch vom 2er Coupé bis zum X7 alles bauen", wirbt Gottsche für den Standort SLP. Die Produktionsanlagen sind so konzipiert, dass sie ein breites Spektrum an Fahrzeuggrößen und -typen abdecken können. Diese Vielseitigkeit macht den Standort zu einem wertvollen Asset im globalen Produktionsnetzwerk von BMW.

Geschlossener Wasserkreislauf inmitten der Halbwüste

In Sachen Nachhaltigkeit setzt San Luis Potosí Maßstäbe. 2023 war es das BMW Werk mit dem geringsten Energieverbrauch pro Fahrzeug. Angesichts der klimatischen Herausforderungen - das Werk liegt in einer Halbwüste - eine beachtliche Leistung.  Besonders beeindruckend ist das Wassermanagement. In einer Region, in der Wasser ein knappes Gut ist, hat BMW ein geschlossenes Kreislaufsystem implementiert. „Wir recyceln nahezu 100 Prozent unseres Prozesswassers", erklärt Gottsche. „Das macht uns nicht nur unabhängiger von externen Wasserquellen, sondern reduziert auch unseren ökologischen Fußabdruck erheblich." Doch damit nicht genug. Das Werk strebt die CO2-neutrale Produktion an. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die geplante Umstellung von Erdgas auf Biomethan, insbesondere in der energieintensiven Lackiererei. „Wir sind in Gesprächen mit der Regierung, um Biomethan über die bestehende Pipeline beziehen zu können", freut sich Gottsche. „Wenn das gelingt, ist das der schnellste Weg zur CO2-Neutralität des Werkes."

BMW Werk Mexiko
Das BMW Werk San Luis Potosí in Mexiko ist das modernste im Produktionsverbund. Mit 3.700 Mitarbeitern aus 15 Nationen und einem Frauenanteil von 36 Prozent setzt es Maßstäbe bei der Diversität. (Bild: BMW)

Kennzahlen zur Nachhaltigkeit:

Aktuell:

Energieverbrauch: 1,12 Megawattstunden pro Fahrzeug

Wasserverbrauch: 1,52 Kubikmeter pro Fahrzeug

Ziele:

100 Prozent erneuerbare Energien aus 17.000 Solarmodulen

Null-Abfall-zur-Deponie-Strategie

40 Prozent Reduktion des CO₂-Fußabdrucks pro Fahrzeug bis 2030 (vs. 2019)

Der Fokus liegt auf einer elektrischen Fahrzeug-Ära

Die nächste große Herausforderung für den Standort steht bereits vor der Tür: Ab 2027 sollen hier Elektrofahrzeuge der Neuen Klasse vom Band rollen. BMW investiert dafür rund 800 Millionen Euro in den Standort. „Wir bereiten uns intensiv auf die Produktion von Elektrofahrzeugen vor", sagt Gottsche. „Das bedeutet nicht nur technische Anpassungen in der Produktion, sondern auch die Entwicklung neuer Lieferantenstrukturen. Wir werden etwa 27 neue Lieferanten befähigen, darunter 11 komplett neue Werke in der Region."

Mit der Produktion der Neuen Klasse ab 2027 steht dem Werk in San Luis Potosí eine spannende Zukunft bevor. „Unser großer Vorteil ist, dass wir die Batteriefertigung direkt im Werk darstellen“, erläutert Gottsche. Die extrem kurzen Wege von der Batterie hin zum Verbauort in der Montage sparen Zeit und Ressourcen.
Auf die hochkomplexe Fertigungstechnologie einer Gen 6 mit bis zu 1.800 Verschweißungen pro Batterie, die zu 100 Prozent funktionieren muss und Inline überwacht werden wird, bereitet sich das Werk bereits vor. Dazu der Werkleiter: „Vor allem unsere Spezialisten aus dem Karosseriebau tauchen im werkseigenen Trainingscenter und in unserem Netzwerk in München in die neue Technologie ein.“

Die Herausforderungen bleiben groß, aber das Team um Harald Gottsche ist zuversichtlich. „Wir haben hier eine einzigartige Kombination aus Flexibilität, Nachhaltigkeit und Qualität geschaffen", resümiert der Werkleiter. „Das macht uns fit für die Zukunft der Automobilproduktion." Und wer weiß - vielleicht wird der Kaktussalat aus der Werkskantine ja eines Tages zum Symbol für die innovative Kraft dieses außergewöhnlichen Standorts. In San Luis Potosí jedenfalls scheint BMW die Rezeptur für erfolgreiche und nachhaltige Automobilproduktion im 21. Jahrhundert gefunden zu haben.

Elektrifizierungshistorie in Mexiko:

2010: Die ‚Made in Germany‘-Expo in Mexiko präsentiert den ActiveHybrid X6.
2012: Zwölf Mini werden in Mexiko für Pressefahrten & zur Forschung an Universitäten zur Verfügung gestellt.
2013: Die Modelle ActiveHybrid 3 und 5 gehen in den Verkauf; die Untermarke BMWi wird für 2014 angekündigt.
2014: Die Modelle BMW i3 und BMW i8 gehen in den Verkauf.
2017: Der Mini Countryman PHEV geht in den Verkauf.
2018: EV- und Hybrid-Modell erreichen einen Anteil von acht Prozent am Gesamtumsatz in Mexiko.
2019 Mexikos längster elektrischer Korridor eröffnet und verbindet mit fünf Ladestationen die 412 km zwischen Mexiko-Stadt und San Luis Potosí.
2020: Ausgestattet mit dem Supercharger Capillita, wird der elektrische Highway bis Puebla erweitert.
2021: Der erste vollelektrische Mini wird in Mexiko gelauncht.
2021: Mit der Produktion des iX und iX3 kommen die Batteriezellen der sogenannten Gen5 für die E-Technologie nach Mexiko.
2024: In San Luis Potosí startet der Bau einer Montage für Hochvoltbatterien, die 2026 in Betrieb gehen soll. Gleichzeitig kündigt die BMW Group die Produktion der Neuen Klasse ab 2027 in Mexiko an.

Verankerung lokaler Lieferanten als Erfolgsfaktor

Der Erfolg des Werks basiert nicht zuletzt auf seiner starken lokalen Verankerung. Bereits 95 Prozent der verbauten Teile werden in Mexiko beschafft, 85 Prozent des Transportvolumens ist lokalisiert. Diese hohe Lokalisierungsquote reduziert nicht nur Transportwege und CO2-Emissionen, sondern macht das Werk auch weniger anfällig für globale Lieferkettenprobleme. Auch in Sachen Personalgewinnung und -bindung setzt BMW auf lokale Stärke. „Wir wurden von Studenten unter die Top 5 der attraktivsten Arbeitgeber in Mexiko gewählt", berichtet Gottsche stolz. „Neben Giganten wie Google, Microsoft, Amazon und dem mexikanischen Mineralölkonzern Pemex." Die Fluktuationsrate von nur vier Prozent pro Jahr - in einer Branche, in der monatliche Fluktuationsraten von 10-20 Prozent keine Seltenheit sind - unterstreicht die Attraktivität des jungen Arbeitgebers.

Geometrie-Dashboard: Datenintegration für präzise Bauteilanalyse
Ein Meilenstein auf dem Weg zum perfekten Produkt ist das Geometrie-Dashboard, das Mariano Ortiz mitentwickelte. (Bild: mi connect)

Datenintegration für präzise Bauteilanalyse

Das Geometrie-Dashboard ist ein großer Fortschritt in der Produktionsoptimierung: Es integriert Daten aus diversen Quellen zu einem kohärenten Datensatz. Das ermöglicht eine umfassende geometrische Analyse jedes einzelnen Bauteils in Echtzeit und standortübergreifend. Das moderne Inline-System bildet die Grundlage für eine agile und präzise Fertigungssteuerung bei BMW. Es bietet eine Vier-Wochen-Prognose bezüglich Verfügbarkeit und Qualität.

Kernfunktionen und Vorteile des Geometrie-Dashboards:

  • Verarbeitung von 1,1 Millionen Datensätzen pro Woche
  • Reduzierung der Fehleranalysezeit von vier Tagen auf wenige Klicks
  • Proaktive Trendanalysen zur frühzeitigen Problemidentifikation
  • KI-gestütztes Nachrichtensystem für zeitnahe Mitarbeiterinformation
  • Zweigeteilte Struktur: Inline-System und Lieferanten-Bereich

Von den 50 geplanten Software-Lösungen, die das am BMW Standort in Mexiko bearbeitet und implementiert, wurden zehn lokal in Mexiko entwickelt. Auch das unterstreicht die globale Innovationskraft des Unternehmens. Die Integration lokaler Zulieferer in das System optimiert die Lieferkette und minimiert potenzielle Produktionsverzögerungen. Das Geometrie-Dashboard repräsentiert einen Paradigmenwechsel in der Produktionssteuerung, indem es Datenintegration, prädiktive Analysen und Lieferanteneinbindung nahtlos kombiniert.

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