Einblicke in die Produktion

So wird der neue Golf in Wolfsburg gebaut

Veröffentlicht Geändert
Volkswagen plant Wolfsburg - Production
Beim Golf 8 Variant werden die Räder, wie bei allen anderen Modellen, automatisch verschraubt.

Seit April läuft in Wolfsburg der neue Golf 8 vom Band. Die überarbeitete Modellgeneration setzt auf technische und optische Neuerungen. Doch wie genau läuft die Fertigung der Autoikone ab?

Wenn die neuen Modelle schon nicht ziehen, ist es gut, wenn immerhin das Altbewährte nach wie vor läuft. In Zeiten sinkender Nachfrage nach Elektroautos tut VW gut daran, an seinem erfolgreichsten Modell festzuhalten. Anfang Juni ist Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil der Ehrengast anlässlich des Festakts zum 50-jährigen Golf-Jubiläum. Zwei Monate zuvor lief erstmals die aktuellste Variante des Golf VIII vom Wolfsburger Band.

Doch was zeichnet die Produktion des Verkaufsschalgers aus? „Sowohl die Produktion einer neuen Fahrzeug-Generation als auch die Integration eines komplett neuen Modells bringen für die Produktion unterschiedliche Herausforderungen mit", sagt der Leiter des Wolfsburger Stammwerks, Rainer Fessel. Grundsätzlich lasse sich aber sagen, dass die Produktion einer Nachfolger-Generation in der Regel etwas einfacher sei, da es diverse Übernahmeteile gebe. "Zudem entsprechen die Maße und das Gewicht des Fahrzeugs meist der Vorgänger-Generation, wodurch unter anderem die bestehende Fördertechnik weiter genutzt werden kann.“

Einen weiteren Vorteil der jahrzehntelangen Tradition des Modells sieht Fessel in der Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Produktion. An vielen Schnittstellen gebe es seit Jahren feste Ansprechpartner und eingespielte Teams. „Der Golf wird seit 50 Jahren im Werk Wolfsburg gebaut. Dementsprechend hoch ist sowohl die Identifikation der Beschäftigten mit diesem Modell als auch die Erfahrung in der Produktion."

Das VW-Werk Wolfsburg in Bildern

Quality Check at Volkswagen press-shop Wolfsburg
Das Presswerk besteht aus 23 Pressenstraßen, die täglich mehr als 350.000 Teile verarbeiten.
Volkswagen Plant Wolfsburg - Body shop
Im Karosseriebau herrscht eine Automatisierungsquote von 95 Prozent.
Body-shop Wolfsburg plant: An employee assembles the hood of a T
Dreischichtbetrieb ist die Regel im Wolfsburger Stammwerk.
Paint-shop of Volkswagen Tiguan, Touran, SEAT Tarraco at the Wol
Die Haut eines VW besteht aus fünf Schichten: Zinkphosphat-Beschichtung, Kathodische Tauchlackierung, Füllerschicht, Deck- und Klarlack.
Volkswagen plant Wolfsburg - Production
Die Hochzeit des Tiguan steht bevor.
Volkswagen plant Wolfsburg - Production
Beim Golf 8 Variant werden die Räder, wie bei allen anderen Modellen, automatisch verschraubt.
Volkswagen plant Wolfsburg, Golf Production
Die Mitarbeiter werden an vielen Stellen entlastet.
Assembly Wolfsburg plant: An employee installs the rearview mirr
Der Rückspiegel wird noch von Hand montiert.
Volkswagen plant Wolfsburg, Golf Production
In der Montage sind menschliche Fachkräfte auch in Wolfsburg noch unersetzlich.
Volkswagen plant Wolfsburg - Inspection stands
Die Qualitätskontrolle übernehmen Mensch und Maschine zusammen.

Golf-Produktion hat höhere Fertigungstiefe

"Vom Golf gibt es so viele Varianten und Derivate wie von keinem anderen Volkswagen Modell. Das macht die Produktion unseres Bestsellers ungemein komplex“, ordnet Rainer Fessel ein. Im Unterschied zu den Modellen Tiguan und Touran, die ebenfalls in Wolfsburg gebaut werden, sei die Fertigungstiefe traditionell höher. Dementsprechend gebe es auf den Montagelinien 2 und 3 mehr Fertigungstakte und längere Förderstrecken. Auch in Sachen Automatisierung weist der Golf eine höhere Quote auf. „Die Golf-Fertigung ist höher automatisiert als die Tiguan- und Touran-Fertigung". Der Golf sei das einzige im Werk Wolfsburg gebaute Modell, bei dem Roboter sogar in der Fließfertigung zum Einsatz kämen. Ein Beispiel ist die Montage der Räder, die ohne jegliche Handgriffe eines Menschen vonstattengeht.

Die hohe Kompetenz in Sachen Fertigung kommt nicht von ungefähr: Der Golf ist seit seinem Start im Jahr 1974 nahezu untrennbar mit dem Stammwerk Volkswagens verbunden. Von den mehr als 37 Millionen Einheiten des Erfolgsmodells, die in über 70 Ländern verkauft wurden, stammen mehr als die Hälfte aus Wolfsburg – durchschnittlich werden etwa 400.000 Einheiten pro Jahr hier gefertigt. Dazu zählen neben dem klassischen Golf auch Derivate wie der Golf Variant oder Sportsvan.

Die interessantesten Zahlen, Daten und Fakten zur Produktion des VW Golf finden Sie in unserer Bildergalerie:

Die Fertigung des VW Golf in Zahlen

So produziert Volkswagen den Golf
Durchschnittlich rund 20 Stunden braucht ein Golf von Anfang bis Ende der Produktion.
So produziert Volkswagen den Golf
Je nach Ausstattungsvariante besteht ein Golf aus etwa 3.000 Bauteilen.
So produziert Volkswagen den Golf
750 bis 800 Tonnen Stahl verbraucht das Presswerk pro Tag für die Produktion des Golf.
So produziert Volkswagen den Golf
Durchschnittlich erhält ein Golf 3.800 Schweißpunkte. Dazu kommen knapp 600 Klebernähte mit einer Gesamtlänge von 101 Metern. Im Bild: Die Karosserie des Tiguan.
So produziert Volkswagen den Golf
2.076 Roboter bearbeiten den Golf im Karosseriebau sowie 1.712 Schweißzangen.
So produziert Volkswagen den Golf
Die Lackschicht des Golf ist zwischen 104 und 147 μm dick. Sie besteht aus fünf Schichten: Zinkphosphatierung, KTL (kathodischer Tauchlack), Füller, Basislack, Klarlack. Zusammen mit dem Unterbodenschutz und Wachs kommt man pro Auto so auf ein Gewicht von rund 24 Kilo.
So produziert Volkswagen den Golf
60 Sekunden beträgt der Takt an den Montagelinien 2 und 3, auf denen Golf und Golf Variant gebaut werden.
So produziert Volkswagen den Golf
Bis Ende 2023 wurden rund 20 Millionen Golf im Werk Wolfsburg gebaut, inklusive aller Derivate.

Connectivity-Features wurden umfassend modernisiert

„Mehr Effizienz, Komfort, Wertigkeit und ein neues Bedienkonzept. Mehr Golf geht nicht“, verspricht Markenchef Thomas Schäfer für das modernisierte Flaggschiff aus Wolfsburg. Beim neuen Golf haben die Ingenieure aus Fehlern der Vergangenheit sowie der Kundenkritik gelernt. Beispiel sind die Touchslider genannten Schieberegler für Temperatur- und Lautstärkeeinstellung. Sie sind jetzt besser bedienbar und vor allem endlich wieder beleuchtet. Herzstück ist der schwebend angebrachte 12,9-Zentralmonitor (10,4 Zoll im Basismodell). Die Software wurde komplett neugestaltet, die Prozessoren arbeiten schneller als bisher. Wichtige Funktionen sind jetzt in einer oberen Touchpad-Leiste gebündelt, auf denen oft benutzte Apps direkt angewählt werden können. Das bislang umständliche Suchen auf dem Display entfällt. Die untere Drucktasten-Reihe dient dem direkten Zugriff auf Klima und Sitzheizung. Verbessert wurde auch die Spracherkennung.

Der zweite Bildschirm (10,2 Zoll) hinter dem Lenkrad kann frei gestaltet werden. So werden entweder klassische Rundinstrumente optisch nachempfunden oder wichtige Infos in Kacheln dargestellt. In den Raum dazwischen kann zum Beispiel die Navi-Karte des Zentraldisplays gespiegelt werden. Auch ein Head-Up-Display ist bestellbar. All die Elektronik ist verknüpft mit einer Fülle von Assistenzsystemen. Neu ist das ferngesteuerte Ein- und Ausparken per Handy-App, bei dem der Fahrer sein Auto von außen in eine enge Parklücke oder in die schmale Garage bugsiert. Im neuen Area-View erscheint auf dem Monitor ein Live-Bild des Autos auf der Vogelperspektive, virtuell erzeugt durch das Zusammenschalten von drei Kameras.

Antriebsvarianten des Golf werden ausgeweitet

Aufhorchen lässt auch die Vielfalt des Angebots im Motorraum. Gestartet wird mit vier 1,5-Liter-Benzinern, die für Limousine und den Variant genannten Kombi zur Verfügung stehen. Die Basismodelle mit Handschaltung leisten 85 kW/115 PS oder 110 kW/150 PS. Gleichgroße Triebwerke können auch mit einem Mild-Hybrid-System kombiniert werden. An Bord sind dann ein 48-Volt Bordnetz und Zylinderabschaltung. Eine kleine Zusatzbatterie übernimmt die Versorgung des Startergenerators. Das Ergebnis soll ein deutlich geringerer Verbrauch sein, über dessen Daten VW noch nichts preisgibt. Bekannt ist aber, dass die milden Hybride serienmäßig über eine Sieben-Gang-DSG-Automatik geschaltet werden. Erst ab 2025 ist dann der 2,0 TSI mit Allradantrieb zu haben. Er ist stärker als das heutige Modell mit diesem Kürzel, leistet dann 150 kW/204 PS. Zwei Varianten warten auf die Dieselfans. Zwei-Liter-Motoren mit 85 kW/115 PS oder 110 kW/150 PS.

Wer zumindest zeitweise rein elektrisch fahren will, kommt an den beiden Hybridmodellen nicht vorbei. Sie kombinieren den schon erwähnten 1,5-Liter-Benziner mit einer fast 20 kWh-Batterie für die Stromversorgung des E-Motors, die für eine Reichweite von bis zu 100 Kilometern sorgt. Zusammen kommen die beiden Herzen auf 150 kW/204 PS. Geladen werden kann an der Wallbox, öffentlichen Wechselstrom Zapfstellen mit bis zu 11 kW (bisher waren es nur 3,6 kW), aber auch an einer DC-Schnellladesäule mit bis zu 50 kW. Die gleiche Technik nutzt der neue „Super-Hybrid“ mit dem Kürzel GTE. Mit 200 kW/272 PS ist er der Champion auf dem Golfplatz. Damit stellt er sogar den klassischen GTI mit seinem Zwei-Liter-Benziner in den Schatten, der zwar um 10 kW/14 PS auf 195 kW/265 PS zulegt, aber gegen den Teilzeitstromer das Nachsehen hat.

VW Golf bietet neue Lighting-Systeme

Wer nach äußeren Merkmalen der neuen Golf-Generation sucht, wird vor allem nachts fündig. Neue Rückleuchten mit LED-Technik sowie LED-Scheinwerfer, die in Richtung des VW-Logos deutlich schmaler werden. Wer sich gegen Aufpreis für die prägnanteren Performance-Leuchten oder gar für die futuristischen IQ.LIGHT–LED-Matrixscheinwerfer (bis zu 500 Meter weites Fernlicht) entscheidet, bekommt ein besonderes Bonbon. Eine LED-Querspange sorgt für einen weiteren Aha-Effekt. Erstmals wird dann auch das Markenzeichen als neues Erkennungszeichen beleuchtet.

Genaue technische Daten behält VW derzeit noch für sich. Die Auslieferung soll aber noch im ersten Quartal des Jahres beginnen. Die Preise beginnen künftig bei 27.180 Euro. Das ist zwar für die Modellpflege nur ein moderater Anstieg, doch zum Vergleich: Als der Golf eingeführt wurde, lag der Einstiegspreis bei 8.795 D-Mark.

Mit Material von SP-X und dpa