„Gegenwärtig etablieren sich am Markt neue Akteure“
Benjamin MüllerBenjaminMüller
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Jula Lanzer studierte Materialographie / Neue Materialien an der Hochschule Aalen.(Bild: Fotofabrik Stuttgart)
Wie lassen sich Primär- und Sekundärmagnete im Fahrzeugbau effizient kombinieren? Welche Rolle spielt Design-for-Disassembly dabei? Mercedes-Benz-Expertin Jula Lanzer gibt Einblicke in Recyclingstrategien und CO2-Einsparpotenziale von E-Motoren.
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Jula Lanzer arbeitet seit 2022 als Entwicklungsingenieurin bei Mercedes-Benz im Bereich Materials & Components for Future Powertrain. Zuvor verantwortete sie das Werkstofflabor bei Stihl und betreute bei Daimler die werkstofftechnische Weiterentwicklung von Ventiltriebkomponenten, führte Schadensanalysen durch, charakterisierte Hartmagnete und erstellte technische Liefervorschriften sowie Zeichnungsprüfungen. Mit diesem tiefgreifenden Know-how blickt sie im Interview auf aktuelle und künftige Herausforderungen im Bereich Magnetwerkstoffe und Recyclingstrategien für elektrische Antriebe.
Frau Lanzer,wie beeinflussen die EU-CRMA-Quoten ab 2032 Ihre Sourcing-Strategie für Primär- versus Sekundär-Magnete?
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Aktuell bietet der Markt kaum Möglichkeiten für den Einsatz von Sekundärmaterialien aus End-Of-Life Stoffströmen, die in Permanentmagneten eingesetzt werden können. Mit der Einführung von Rezyklat-Zielen durch den CRMA soll der Markt befähigt werden, künftig Magnete mit einem erhöhten Sekundärmaterialanteil anzubieten, die in unseren Fahrzeugantrieben Anwendung finden werden. Ob es zum Inkrafttreten der Gesetze hinreichend Sekundärmaterial am Markt geben wird, lässt sich aus unserer Perspektive aktuell nicht final beantworten.
Welche Design-for-Disassembly-Änderungen an E-Maschinen sind nötig, um das Magnet-Recycling kosteneffizient zu machen?
Das Design der Traktionsmaschine für XEVs fällt je nach Hersteller sehr unterschiedlich aus. Wir beobachten, dass einzelne Fahrzeugverwerter aktuell untersuchen, wie elektrische Antriebseinheiten aus End-of-Life-Vehicles auseinander gebaut und Permanentmagneten wirtschaftlich effizient entnommen werden können. Offen ist, ob daraus einheitliche Vorschläge über ein Design-for-Disassembly ableitbar sind. Gegenwärtig etablieren sich am Markt neue Akteure, die anhand neuartiger Prozesse die Permanentmagneten ohne aufwendige Demontageschritte aus Elektromotoren oder Subkomponenten extrahieren und als Halbzeugmaterial der Wertschöpfungskette zurückführen.
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Mit welchem CO2-Benefit rechnen Sie pro E-Motor, wenn 50 Prozent Rezyklat-Magnete eingesetzt werden?
Ohne Berücksichtigung der entstehenden CO2-Emissionen während der Magnet-Demontage (Sammeln/Trennen/Ausbauen/Entmagnetisierung/Zerkleinern) rechnen wir mit einem CO2-Benefit von ca. 20 – 40 % je nach Zusammensetzung der Permanentmagnete und Art der Aufbereitung verglichen zur Primärmagnetfertigung. Diese Werte gilt es künftig zu verifizieren und optimieren. In der Primärmagnetfertigung entstehen die höchsten CO2-Emissionen bei der Rohmaterialherstellung insbesondere beim Abbau und der Solvent-Extraktion der Materialien. Durch das Aufbereiten der Materialien im Recyclingprozess könnte man die Emissionen im Abbau einsparen und bestenfalls im Short-Loop-Recycling auf die Solvent-Extraktion verzichten. Derzeit bietet das Short-Loop-Recycling allerdings verschiedene Herausforderungen, insbesondere was die Materialverfügbarkeit und die Eigenschaften der Sekundärmagnete betrifft.
Gibt es Pläne, Recyclingkapazitäten gemeinsam mit Zulieferern direkt in Europa aufzubauen?
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Wir arbeiten in kontinuierlicher, enger Zusammenarbeit mit unserer Lieferkette. Hierzu agieren wir sowohl global als auch lokal und sind bestrebt die bestmöglichen Partnerschaften zu bilden. Ein Beispiel für bestehende Recycling-Partnerschaften und Aktivitäten von Mercedes-Benz ist die erste Recyclingfabrik Europas in Kuppenheim für Batterien aber auch die strategische Partnerschaft mit der TSR Group GmbH & Co. KG zur Gewinnung von Recyclingrohstoffen.
EPTS – Production Technologies and Systems for E-Mobility
EPTS – Production Technologies and Systems for E-Mobility
(Bild: Ultima Media Germany)
Die drei renommierten Konferenzen E|DPC, EPT (RWTH Aachen) und E|PTS (FAPS) schließen sich zusammen und formen EPTS – das führende Branchenevent für Elektromobilität. Von der Produktion elektrischer Antriebe über Leistungselektronik, Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologie bis hin zu Lebenszyklusanalysen, Energieübertragung in Elektrofahrzeugen und Getriebetechnik – EPTS wird zum jährlichen Treffpunkt für über 300 Expertinnen und Experten, die die Zukunft nachhaltiger Mobilität gestalten. Seien Sie am 8. und 9. Oktober in Karlsruhe dabei und werden Sie Teil der nächsten Generation der Elektromobilität!