So bringt die Autoindustrie den Batteriekreislauf in Schwung
Die Hochvolt-Batteriepacks moderner Fahrzeuge zählen zu den aufwändigsten und teuersten Komponenten aufgrund der entsprechenden Verarbeitungsprozesse und der erforderlichen Rohmaterialien. Sie auf clevere Weise im Kreislauf zu halten, gilt als wichtige Zukunftsstrategie.
Götz FuchslocherGötzFuchslocher
Herstellung der Lithium-Ionen-Batterien bei Mercedes-Benz in KamenzMercedes-Benz
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Batterien sind
nicht gleich Batterien. Insbesondere auf dem Gebiet der sogenannten
Geräte-Altbatterien tummeln sich viele verschiedene Systeme wie
Blei-Säure-Altbatterien, Nickel-Cadmium-Altbatterien und sogenannte sonstige
Altbatterien. Deren recycelte Masse erhöhte sich zuletzt beständig. Gerade für
die häufig verwendeten Blei-Säuresyteme lag die Recyclingeffizienz laut der
entsprechenden EU-Verordnung (EU) 493/2012 dem Umweltbundesamt zufolge im Jahr
2023 bei fast 79 Prozent. Gleichwohl ging die Sammelquote für
Geräte-Altbatterien im selben Jahr auf 50,4 Prozent zurück. Hierzu zählen
freilich all die Systeme, die in Geräten aller Art zum Einsatz kommen und nicht
wiederaufladbar sind.
End
of-Life-Batterien aus Pkw haben 2035 den größten Anteil
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Moderne
Lithium-Ionen-Batterien wie sie in Laptops, Mobiltelefonen und zunehmend
natürlich für Automobil-Akkus verwendet werden, enthalten zahlreiche wertvolle
und zum Teil kritische Materialien, die Recycling besonders attraktiv machen.
Dazu zählen Kobalt, Nickel, Lithium, Kupfer und Aluminium. Den mengenmäßig
größten Anteil stellen dabei Aluminium, Nickel und Kupfer. Noch 2020 entstammte
der Großteil der Altbatterien dem Fraunhofer-Institut für System- und
Innovationsforschung, kurz: ISI, zufolge aus dem Consumer-Bereich.
Längerfristig, ab etwa 2035, wenn eine größere Anzahl an Automobil-Batterien
ihr Lebensende erreicht haben wird, werden dann „End-of-Life“-Batterien aus dem
Pkw-Bereich den größten Anteil stellen. Den versprochenen ökologisch wertvollen
Footprint können E-Autos freilich nur dann einlösen, wenn neben ihrer
Herstellung auch am Ende der Nutzung intelligente Wiedereinbeziehung von
Rohmaterialien stattfindet, sind sich Experten einig.
Porsche schiebt den Recyclingprozess für Hochvoltbatterien an.(Bild: Porsche)
Batterierecycling
kann dem ISI zufolge die Abhängigkeit von Batteriematerial-Importen zumindest
mittelfristig ein Stück weit verringern und langfristig auch einen
signifikanten Beitrag zur Bereitstellung der benötigten Materialien leisten.
Berechnungen der Experten zufolge könnten im Jahr 2040 so beispielsweise 40
Prozent des Kobalts und mehr als 15 Prozent des Bedarfs an Lithium, Nickel und
Kupfer für die Zellproduktion gedeckt werden. Neben technischen Verbesserungen
bestehe zukünftig eine große Herausforderung darin, den Zugriff auf die diese
„End-of-Life“-Batterien zu sichern, inklusive exportierter Gebrauchtwagen, um
den Zugang zu Rezyklaten zu gewährleisten, heißt es beim Fraunhofer-Institut.
Dazu müssen Sammelnetzwerke und die entsprechende Logistik aufgebaut werden.
Einer Studie
der RWTH Aachen und der Unternehmensberatung PwC zufolge könnte der Aufbau
eines Batterie-Recyclings in der EU bis 2035 rund neun Milliarden Euro kosten.
Dennoch werde sich das Geschäft langfristig lohnen. Recyceltes Material könnte
dann bis zu 30 Prozent des Bedarfs an Lithium, Nickel und Kobalt in der
Batteriezellenproduktion ausmachen, so PwC-Branchenexperte Jörn Neuhausen. Die
generell steigende Elektrifizierung und die zunehmende Batterieproduktion für
E-Autos werde den Recycling-Markt in Europa vorantreiben, ergänzt Achim
Kampker, Professor an der RWTH Aachen. Denn in den nächsten Jahren würden vor
allem Abfälle aus den wachsenden Gigafactories wiederverwertet, in den
Recycling-Anlagen werde es noch Überkapazitäten geben. Ab 2030 schließlich
dürfte sich dem Experten zufolge der Markt jedoch drehen, weil dann die erste
größere Menge von E-Autos ausgemustert werde.
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Porsche
blickt auf die Rezyklatvorgaben für Batterien ab 2031
Die beim Thema
Batterien besonders unter Beobachtung stehende Automobilindustrie ist freilich
stark daran interessiert, neben der Rückführung bestimmter Rohmaterialien
gerade auch die Nachhaltigkeitsziele generell und im Besonderen mit Blick auf
Batterien einzuhalten. Längst zählen dazu neben der Rückgewinnung kritischer
Rohstoffe für die Endprodukte auch der Einsatz von Energie bei deren
Herstellung – der gesamthafte Blick also. Dies verdeutlicht stellvertretend
etwa Alison Jones, Senior Vice President in der Business Unit Circular Economy
beim Autohersteller Stellantis: Nachhaltigkeit umfasse etwa „die Frage, wie wir
Energie, Materialien und Wasser beziehen ebenso wie die Menge an
Recycling-Ressourcen, die in unseren Fahrzeugen zum Einsatz kommen“.
Zu den
Unternehmen, die gerade bei den Produkten die Elektro-Quote zwischenzeitlich
stark hochgefahren hat, zählt der Sportwagenhersteller Porsche. Das Stuttgarter
Unternehmen pilotiert Recyclingprozesse für Hochvoltsysteme mit dem Ziel der
Etablierung eines Recyclingnetzwerks mit externen Partnern. Das Engagement soll
aufzeigen, wie sich Porsche auf anstehende regulatorische Veränderungen
einstellt – beispielsweise auf die voraussichtlich ab 2031 geltenden
Rezyklatvorgaben für Batterien in der Europäischen Union. Das Projekt umfasst
grob gesagt drei Phasen: Zunächst werden Hochvoltbatterien aus
Entwicklungsfahrzeugen nach Ende ihrer Nutzungsdauer mechanisch zerkleinert und
zu sogenannter Schwarzmasse verarbeitet. Das so entstehende Granulatgemisch
enthält wertvolle Rohstoffe wie Nickel, Kobalt, Mangan und Lithium. Diese Masse
wird in einer zweiten Stufe weiter veredelt und in die essenziellen Rohstoffe
für die Hochvoltbatterieproduktion separiert. In Phase drei sollen
Hochvoltbatteriezellen mit einem definierten Anteil an recycelten Materialien
hergestellt und ihre potenzielle Verwendung in Porsche-Fahrzeugen getestet
werden.
Mercedes-Benz
skaliert Recycling am Standort Kuppenheim
Mercedes-Benz Batterie-Recyclingfabrik Kuppenheim: Entnahme einer Probe beim hydrometallurgischen VerfahrenMercedes-Benz AG – Communicati
Der „große
schwäbische Nachbar“, Mercedes-Benz hat kürzlich in Kuppenheim eine eigene
Recyclingfabrik mit integriertem mechanisch-hydrometallurgischen Verfahren
eröffnet. Am Standort will man den Wertstoffkreis von Batterien komplett
schließen. Anders als bei aktuell etablierten Verfahren soll die erwartete
Rückgewinnungsquote durch das eigene Vorgehen bei mehr als 96 Prozent liegen,
heißt es beim Autobauer. Die Fabrik hat eine Jahreskapazität von 2.500 Tonnen
und soll so Wertstoffe für die Produktion von mehr als 50.000 neuen
Batteriemodulen liefern. Bei Mercedes rechnet man mit der Möglichkeit einer
mittel- bis langfristigen Skalierung. In der neuen Recycling-Fabrik kooperiert
der OEM mit Primobius, einem Joint Venture des deutschen Anlagen- und Maschinenbauers
SMS Group und des australischen Prozesstechnologieentwicklers Neometals.
Die
Recyclingfabrik deckt dem Autobauer zufolge – erstmalig in Europa – alle
Schritte von der Zerkleinerung der Batteriemodule bis hin zur Trocknung und
Aufbereitung der batterie-aktiven Wertstoffe ab. Man arbeite in
kontinuierlicher, enger Zusammenarbeit mit der Lieferkette, betont Jula Lanzer, Entwicklungsingenieurin bei Mercedes-Benz im Bereich Materials & Components
for Future Powertrain, im Gespräch mit Automobil Produktion. Neben
den Partnerschaften in Kuppenheim fokussieren die Expertin und ihr Team
generell die Themen Magnetwerkstoffe und Recyclingstrategien für elektrische
Antriebe. Neben den Batterierohstoffen hat Lanzer dabei auch die
Möglichkeiten für den Einsatz von Sekundärmaterialien aus End-Of-Life
Stoffströmen, die in Permanentmagneten der E-Maschinen eingesetzt werden können, im Blick.
CRMA-Quoten
sollen den Recycling-Markt voranbringen
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Damit verbunden
sind die EU-CRMA-Quoten ab 2032. Mit der Einführung von Rezyklat-Zielen durch
den CRMA soll der Markt befähigt werden, künftig Magnete mit einem erhöhten
Sekundärmaterialanteil anzubieten, die in Fahrzeugantrieben Anwendung finden
werden. Ob es zum Inkrafttreten der Gesetze hinreichend Sekundärmaterial am
Markt geben werde, lasse sich aktuell noch nicht final beantworten, so die
Mercedes-Expertin. Ihr zufolge etablieren sich gegenwärtig neue Akteure am
Markt, die anhand neuartiger Prozesse die Permanentmagneten ohne aufwändige
Demontageschritte aus Elektromotoren oder Subkomponenten extrahieren und als
Halbzeugmaterial der Wertschöpfungskette zurückführen.
Bei vielen
Elektroautos lassen sich die Batterien nicht oder nur schwer reparieren. Auch
hier will man bei Mercedes-Benz einen gangbaren Weg finden. Erstmals sollen beim
elektrischen CLA reparaturfähige Batterien zum Einsatz kommen. Der Batteriepack
des neuen Modells besteht dazu aus vier großen Modulen, die sich bei einem
Defekt tauschen lassen. Die nachhaltige Batterie ist Teil der sogenannten
MMA-Architektur, die die Stuttgarter 2025 mit der neuen E-Baureihe in Serie
bringen.
BMW ist inklusive Direktrecycling-Verfahren an drei Standorten aktiv
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Im
niederbayerischen Kirchroth investiert BMW in ein Kompetenzzentrum für
Batteriezellrecycling, das Cell Recycling Competence Center, kurz: CRCC. Als
Joint-Venture der BMW Group und der Interzero Group entwickelt und
implementiert Encory Logistik- und Beratungslösungen unter anderem in den
Bereichen Rückholung, Recycling und Wiederaufbereitung von Fahrzeugkomponenten.
Umgesetzt wird dort das sogenannte Direktrecycling, ein Verfahren, bei dem
Reststoffe aus der Batteriezellfertigung sowie ganze Batteriezellen mechanisch
in ihre Bestandteile zerlegt werden. Direktrecycling bedeutet, dass die
Rohstoffe aus den Batteriezellen nicht in ihren Ursprungszustand zurück
verwandelt werden, sondern direkt in den Kreislauf der Zellfertigung
zurückgegeben werden. Das Direktrecycling verzichtet auf die bisher übliche,
energieintensive chemische oder thermische Aufbereitung.
BMW Kompetenzzenter BatteriezellrecyclingBMW
Zusammen mit
dem CRCC setzt BMW damit quasi auf ein Dreigestirn mit Blick auf
Fahrzeugbatterien, das die bestehenden Entwicklungs- und Fertigungsstationen
ergänzt. Sein Batterie- und Batteriezellen-Knowhow setzt der OEM in seinen
Kompetenzzentren in München und Parsdorf um. Im Battery Cell Competence Center
(BCCC) im Münchner Norden wiederum werden Batteriezellen für zukünftige
Generationen von Hochvoltbatterien entwickelt und in einer kleinen Zahl
hergestellt. Die beste Batteriezelle aus dem BCCC wird dann im Parsdorfer Cell
Manufacturing Competence Center (CMCC) auf einer Pilotlinie in Richtung
Serienprozess skaliert. Das Recycling der Überschüsse aus der Parsdorfer
Pilotfertigung erfolgt nach der Fertigstellung im neuen Kompetenzzentrum in
Kirchroth.
Toyota will
neuen Standard für seine Kreislaufprozesse
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Wie Toyota im
Frühjahr des Jahres meldete, plant das Unternehmen auf dem Gelände von Toyota
Motor Manufacturing UK in Burnaston ein neues Werk zur Verwertung von
Altfahrzeugen. Am britischen Standort, wo die Fertigung des Corolla beheimatet
ist, entsteht ein Kompetenzzentrum für den gesamten europäischen und weltweiten
Recyclingbetrieb mit dem Ziel, Altfahrzeuge systematisch zu recyceln, die
Rückgewinnung von wiederverwertbaren Materialien und wiederverwendbaren
Komponenten zu maximieren und einen neuen Standard für Kreislaufprozesse zu
setzen. Wiederaufzubereitende Baugruppen wie eben auch Batterien will man im
Hinblick auf ihr Potenzial zur Wiederaufbereitung, Wiederverwendung oder zum
Recycling prüfen und die entsprechenden Rohstoffe wie Kupfer, Aluminium, Stahl
und Kunststoff recyceln.
Volvo geht mit dem Batteriepass einen Schritt vorweg
Welche Art
Batterie in einem E-Auto genau montiert ist, lässt sich für Verbraucher oft nur
schwer ermitteln. Nicht so bei Volvo. Der schwedische OEM gibt seinem
Elektro-Flaggschiff EX90 daher einen digitalen Batterie-Pass mit. Die
fahrzeugspezifischen Daten lassen sich vom Fahrzeugnutzer über das Scannen
eines QR-Codes an der Innenseite der B-Säule abrufen. Hinterlegt sind
detaillierte Angaben zu Art und Kapazität der Batterie sowie zur Umwelt-Bilanz.
Die Schweden nennen unter anderem den Ursprungsort der Batterie-Materialien,
den Recyclat-Anteil sowie den CO2-Fußabdruck in Kilogramm pro Kilowattstunde.
Außerdem lassen sich darin auch die Informationen zur Entsorgung und
Wiederverwertung finden.
BASF setzt
auf Schwarzmasse
BASF betreibt am Standort Schwarzheide, Deutschland, eine der größten kommerziellen Recyclinganlagen zur Herstellung von Schwarzmasse aus Altbatterien und Produktionsabfall in Europa.BASF
Durch die
Anlage erweitert das Unternehmen sein kommerzielles Batterierecycling-Geschäft.
Es handelt sich um eine der größten kommerziellen Anlagen für Schwarzmasse in
Europa mit einer jährlichen Verarbeitungskapazität von bis zu 15.000 Tonnen
ausgedienter Lithium-Ionen-Batterien und Produktionsausschüssen. Dies
entspricht etwa 40.000 Elektroautobatterien pro Jahr. In Schwarzheide betreibt
BASF außerdem die erste vollautomatische Großproduktionsanlage für
Kathodenmaterialien in Europa, eine Prototyp-Metallraffinerie für das
Batterierecycling und eines der größten Lager für Schwarzmasse in Europa.
Computertomografie soll die konkrete Batteriealterung ermitteln
„Die
Lebensdauer der verbauten Batteriezellen ist begrenzt, da die
Nutzungsanforderungen irgendwann nicht mehr erfüllt werden können. Für eine
Anwendung mit geringeren Anforderungen können gealterte Batterien in einem
zweiten Leben jedoch weiterhin nutzbar sein“, sagt Prof. Stefan Bracke vom
Lehrstuhl für Zuverlässigkeitstechnik und Risikoanalytik der Universität
Wuppertal. Dort entwickelt man neue Methoden, „um das neue Herz der
elektrischen Fortbewegung besser zu verstehen und sie zu optimieren“.
An der
Universität forscht man unter anderem an der Batteriealterung und stellt sich
die Frage, welchen Einfluss dies auf die Weiterverwendung der Akkus hat. Im
Rahmen des Projekts Relibre soll erforscht werden, wie die Computertomographie
genutzt werden kann, um Zusammenhänge zwischen der Nutzung und der Alterung von
Batteriezellen zu analysieren. Die Computertomographie soll die Möglichkeit
bieten, das Innere von Batteriezellen bildgebend zu untersuchen. Ein besonderer
Fokus des Projekts liegt auf den Wechselwirkungen zwischen der Nutzung der
Batterien im ersten Lebenszyklus und den beobachtbaren Veränderungen durch
Herstellung und Gebrauch. Mit statistischen Methoden sollen Zusammenhänge
analysiert werden.