BYD auf der IAA 2024

Chinesische Hersteller wie BYD machen auf der IAA 2024 einen Großteil der Aussteller aus.

In Hannover war China mit 420 Ausstellern die größte ausländische Ausstellernation der IAA-Transportation. Doch standen die chinesischen Konzerne nicht unbedingt im Mittelpunkt des Publikumsinteresses. Mittelfristig könnten sie aber zu einer Gefahr für die etablierten europäischen Hersteller werden, vor allem auf Drittmärkten.

Die deutschen Lkw-Hersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht und leistungsfähige neue Modelle mit alternativen Antrieben auf den Markt gebracht, lobte VDA-Präsidentin Hildegard Müller bei der Eröffnung der IAA Mobility. Hier bestehe im Unterschied zur Pkw-Branche weniger ein Entwicklungsvorsprung chinesischer Konzerne. Doch chinesische Produzenten haben sich in kurzer Zeit gut aufgestellt, vor allem dank ihres Zugangs zu sehr guter Batterietechnologie, so Christian Levin, Chef der Volkswagen-Truckholding Traton. "Wenn man das hochrechnet und sich Lastkraftwagen ansieht, kann man sich eine ähnliche Entwicklung vorstellen." Besonders bei smarten, über die gesamte Nutzungsdauer vernetzten Fahrzeugen holen chinesische Konzerne schnell auf.

China zündet neue Entwicklungsstufe

Mats Harborn, Chinachef von Traton, sagte auf dem IAA China Tag, dass sein Konzern jedoch von einem gegenseitigen Technologieaustausch mit China profitiere: „Besonders bei der Digitalisierung der Produktion und der Vernetzung der Fahrzeuge können wir von China lernen.“ Die VW-/Traton-Marke Scania baut derzeit in China ein eigenes Lkw-Werk, womit die Schweden die erste eigenständige Fertigung von Lkw eines ausländischen Herstellers in der Volksrepublik hätten.

SuperPanther produziert in Österreich

Die chinesischen Konzerne setzen ebenfalls auf Kooperationen. Der Elektro-Spezialist SuperPanther vereinbarte eine Partnerschaft mit Steyr Automotive und möchte in Oberösterreich produzieren. Das erste Fahrzeug dieser Zusammenarbeit, der eTopas 600, ist eine elektrische Sattelzugmaschine, die speziell für den europäischen Markt entwickelt wurde und 2025 auf den Markt kommen soll. Mit der DHL Group vereinbarte SuperPanther auf der IAA eine Kooperation und möchte damit in das Großkundengeschäft einsteigen.

Maxus setzt auf Europa

Die Nutzfahrzeugmarke von SAIC, Maxus, bringt Ende des Jahres einen elektrischen Pick-up nach Europa. Der eTerron9 feierte in Hannover seine Weltpremiere. Er verfügt über einen Doppelmotor-Allradantrieb mit 325 kW/442 PS, der von einer 102 kWh großen LFP-Batterie mit Strom versorgt wird. Die Reichweite ist mit 430 Kilometern angegeben. Der eTerron9 ist das erste Modell seiner Art im mittleren Segment auf dem europäischen Markt. „Europa spielt eine zentrale Rolle für Maxus und den SAIC-Konzern. Nach dem erfolgreichen Start in einer der anspruchsvollsten Regionen der Welt gehen wir nun in die Offensive. Mit weiteren neuen Modellen wollen wir unsere Vorreiterrolle bei nachhaltiger und emissionsfreier Mobilität ausbauen“, erklärt Utz Rachner, Country Manager Deutschland bei SAIC Maxus Europe.

JAC-Motors zeigt Preisbrecher JAC M3EV

JAC-Motors, wie SAIC ebenfalls ein VW-Partner, stellte auf der IAA Transportation drei speziell für den europäischen Markt entworfene vollelektrische Fahrzeuge vor. Der Konzern aus Hefei möchte insbesondere mit dem Preisbrecher JAC M3EV und den elektrisch angetriebenen Lkw N75EV punkten.

JAC IAA Transportation
JAC zeigt auf der IAA E-Nutzfahrzeuge für den europäischen Markt.

Wuzheng präsentiert Feidi Motors

FEIDI Motors ist eine Nutzfahrzeugmarke unter dem Dach der Wuzheng Group. Neu nach Europa kommt ein rein elektrisches leichtes Nutzfahrzeug (e-LCV). In Hannover war auch der FEIDI EW5, ein vollelektrischer Lkw in der Fahrzeugkategorie N2, sowie den 3MX, ein rein elektrischer Kleintransporter  zu sehen.

Weltpremiere des BYD-Elektrotransporters

BYD stellt auf der IAA Transportation als Weltpremiere einen neuen großen Elektrotransporter in der Klasse von 3,5 bis 4,25 Tonnen vor. Der speziell auf den europäischen Markt und Lieferdienste zugeschnittene Kastenwagen setzt auf reichlich Stauraum. Zentrales Bedienelement und Infozentrale ist ein großer Touchscreen mit Split-Screen-Technik mittig auf der Armaturentafel. Dieser bietet Internetzugang, Sprachsteuerung, bindet Smartphones per Apple CarPlay und Android Auto ein und lässt sich online aktualisieren.

Dongfeng, Sinotruk, Shacmoto & Weichai zeigen neue Technik

Dongfeng, zeitweise größter Lkw-Hersteller der Welt aus dem zentralchinesischen Wuhan, möchte in Deutschland zunächst mit Pkw starten. Shandong Heavy Industry, zu der außer Dongfeng unter anderem der MAN-Partner Sinotruk, Linde Hydraulics und der Dieselmotor-Konzern Weichai-Power gehören, stellte eine breite Produktpalette seiner Marken aus. Weichai präsentierte vor Kurzem den effektivsten Dieselmotor der Welt. Auch in dieser Entwicklung steckt deutsche Technologie – von Bosch.

Dongfeng IAA Transportation
Dongfeng war auf der IAA Transportation mit einem eigenen Stand vertreten.

Sinotruk setzt auf Energieeffizienz

Die China National Heavy Duty Truck Group Corporation (Sinotruk) stellte unter dem Motto „Zero to Hero“ sieben energieeffiziente Modelle vor. Der neue Yellow River mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor und einem Luftwiderstandskoeffizienten von 0,286 soll die niedrige Windwiderstandsgrenze kommerzieller Schwerlastkraftwagen einhalten.

Die Serie „Zero to Hero" von Sinotruk zeigt auch die Brennstoffzellen-Zugmaschine Shandeka und den rein elektrischen Leicht-Lkw HOWO Commander. Für die Markteinführung in Europa vereinbarte Sinotruk auf der IAA eine Kooperation mit dem TÜV Rheinland.

Hunderte Zulieferer unter dem Radar

Hunderte chinesische Zulieferer konzentrierten sich mit kleinen Ständen in Hallen 14/15, die jedoch wenig Fachbesucher anzogen. Noch mehr als für die großen chinesischen Konzerne bestehen für sie große Hürden beim Aufbau eines europäischen Vertriebsnetz und der Markenbildung.

Doch insbesondere mit Vernetzung, selbstfahrenden Nutzfahrzeugen und praktischen Erfahrungen dürfte Chinas Industrie einen Vorsprung haben. Audrey Ma, bei REFIRE zuständig für internationale Märkte, berichtete auf dem China Tag, das der Konzern einen Marktanteil von über 42 Prozent bei Brennstoffzellen-Lkw erarbeitet habe, die bereits 230 Millionen Kilometer zurückgelegt haben.

China treibt die Vernetzung von Nutzfahrzeugen voran

Die Produktion in China legt weiter zu, besonders auch bei Nutzfahrzeugen mit neuen Antrieben. Laut Daten von Interact Analysis erreichten die Zulassungen von Nutzfahrzeugen mit neuen Antrieben im Jahr 2023 einen neuen Rekordwert von 308.531 Einheiten, was einem Anstieg von 29,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Noch mehr steigen die Exporte. Im Jahr 2000 wurden aus China 235.000 Nutzfahrzeuge exportiert; 2024 bereits 770.000. In einigen Wachstumsmärkten der Schwellenländer sind chinesische Produzenten Marktführer. Der drohende Verlust von Weltmarktanteilen ist die eigentliche Herausforderung für die europäische Nutzfahrzeugindustrie.

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