
Die Ladeinfrastruktur in Deutschland ist einer aktuellen Studie zufolge vergleichsweise gut aufgestellt. (Bild: Adobe Stock / Ronald Rampsch)
Die Situation in der Automobilindustrie ist herausfordernd: Die Hersteller müssen den CO2-Fußabdruck ihrer Autos deutlich senken, um keine Strafgelder der EU zu riskieren, die zeitgleich über ein komplettes Verbot für Verbrennermotoren diskutiert. Doch rein batteriebetriebene Fahrzeuge scheinen noch kein akzeptabler Ersatz für die Konsumenten zu sein. Die Absatzzahlen gehen zurück und der Durchbruch der Elektromobilität steht nach wie vor aus. Und das, obwohl sich die Reichweiten der EV-Batterien stetig weiterentwickeln und auch ihre Produktion ressourcensparender wird.
Der Ladeinfrastruktur-Index von Here Technologies und SBD Automotive möchte nun zusätzlich mit dem Mythos aufräumen, die Ladeinfrastruktur blockiere den Siegeszug der E-Mobilität. Für die Studie wurden die Gegebenheiten in der EU plus Norwegen, Großbritannien und der Schweiz analysiert. Nach der Erstausgabe von 2023 sieht man in diesem Jahr erste Entwicklungen. Die gute Nachricht vorweg: Die Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum ist im Vergleich zum Vorjahr bereits um 115 Prozent gewachsen.
Der Index arbeitet mit einem Punktesystem, um den Reifegrad für Elektromobilität zu ermitteln. Dabei wurden vier verschiedene Dimensionen bewertet: Der Weg zur jeweils nächsten Ladesäule, die Dauer des Ladevorgangs, der Anteil von E-Autos am Gesamtbestand sowie das Verhältnis von E-Autos zu Ladesäulen.
Im Vergleich zum Vorjahr ist Dänemark der absolute Gewinner der Studie des Jahres 2024: Die Skandinavier steigen von Platz sechs auf Platz eins auf und liegen nun mit 75,67 Indexpunkten rund drei Punkte vor Norwegen (73,34). Es folgen Luxemburg und die Niederlande vor Deutschland auf Platz fünf (68,33 Punkte).
In den ersten beiden Kategorien (Weg zur Ladesäule und Dauer des Ladevorgangs) erreicht Deutschland den sechsten Platz im internationalen Vergleich. Beim Verhältnis der Zulassungen zu vorhandenen Ladesäulen landet die Bundesrepublik im internationalen Vergleich lediglich auf Platz 21 von 30.
Schwindender Absatz ist zentrales Problem der E-Mobilität
Die Studienergebnisse in den Kategorien 1 und 4 scheinen sich auf den ersten Blick zu widersprechen: Einerseits ist das Verhältnis von Autos zu Ladesäulen mangelhaft, andererseits scheinen die Säulen akzeptabel schnell erreichbar zu sein. Die Erklärung hierfür sehen die Herausgeber des Index' in den insgesamt rückläufigen Absatzzahlen für E-Autos. Zum Zeitpunkt der Studie waren rund 1,5 Millionen batteriebetriebener Autos auf deutschen Straßen unterwegs. Doch in den ersten acht Monaten dieses Jahres wurden lediglich rund 242.000 neue E-Autos zugelassen, fast ein Drittel weniger als im Vorjahreszeitraum. Ein entscheidender Grund hierfür sei das Ausbleiben der staatlichen Förderung - etwas, was die Bundesrepublik von vielen Ländern unterscheidet, die im Index besser abschneiden.
In der ersten Ausgabe der Studie kamen 9,3 Fahrzeuge auf eine Ladesäule, in diesem Jahr sind es acht. Für ein optimales Verhältnis zwischen Fahrzeugbestand und Ladeinfrastruktur empfehlen die Studienautoren ein Verhältnis von zehn bis 20 Autos pro Charging Point. Beim Ausbau der Infrastruktur hat sich Deutschland jedoch verbessert - insbesondere, wenn man nicht nur die Ladesäulen im öffentlichen Raum betrachtet, sondern auch die privaten Ladestationen und solche auf Werksgeländen.
Zum aktuellen Zeitpunkt kann daher fast von einem Überangebot an Ladesäulen gesprochen werden. Möchte man jedoch langfristig die hohen Zulassungszahlen für E-Autos erreichen, besteht dennoch weiterhin Handlungsbedarf beim Ausbau der Infrastruktur.