Ein hoher dreistelliger Millionenbetrag in Standort Sindelfingen: Mercedes-Benz legt Grundstein für nachhaltigen „Next Generation Paintshop“Mercedes-Benz invests high triple-digit million euro amount in  sustainable “Next Generation Paintshop” f

Werkleiterin Sara Gielen (2.v.l.) und Mercedes' Produktionsvorstand Jörg Burzer (3.v.l.) zusammen mit Kommunal- und Landespolitikern bei der Grundsteinlegung. (Bild: Mercedes-Benz AG)

Lächelnde Gesichter sieht man aktuell eher selten in der Autoindustrie. Anders heute in Sindelfingen bei Mercedes-Benz. Sowohl Werkleiterin Sara Gielen als auch Produktionsvorstand Jörg Burzer schienen angesichts der Feierstunde anlässlich der Grundsteinlegung der neuen Lackieranlage mitten auf dem Gelände des traditionsreichen Stammwerks von Mercedes hochzufrieden.

„Sindelfingen ist ohnehin ein Vorreiter bei Digitalisierung und Dekarbonisierung, jetzt kommt mit dem ‚Next Generation Paintshop‘ ein weiteres Leuchtturmprojekt im Rahmen unserer strategischen Modernisierung hinzu“, sagte Burzer bei der Begrüßung der anwesenden Gäste aus Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit.

Der Autobauer investiert in das Prestigeobjekt nahe der durchdigitalisierten Factory 56 einen „sehr hohen dreistelligen Millionenbetrag“, da die neue Anlage ein Brownfield-Projekt sei und aufgrund des Abrisses der alten Gebäudeteile einer ehemaligen Montagehalle ohnehin deutlich mehr Finanzressourcen benötige als vergleichbare Neubauten auf der grünen Wiese, erklärte der Produktionschef gegenüber Automobil Produktion. Im Frühjahr 2028 soll dann eine rund 170.000 Quadratmeter große Halle auf einer Grundfläche von rund 60.000 Quadratmetern mitten auf dem Werksgelände stehen.

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Über das Invest in den Next Generation Paintshop, der zusammen mit dem langjährigen Partner Dürr realisiert werden soll, zeigten sich auch die geladenen Repräsentanten aus Landes- und Kommunalpolitik fast überschwänglich. „Mercedes-Benz setzt hier in Sindelfingen Standards für die Welt“, sagte Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU).

Trotz aller geopolitischen Verwerfungen und dem sich aktuell verschärfenden Handelsstreit mit den USA seien Projekte wie die neue Lackieranlage ein Beweis dafür, wie innovativ Unternehmen aus Deutschland sein können, sagte die Ministerin. „Durch solche Initiativen ergibt sich ein Window of Opportunity für uns in Europa, bei Innovationen stärker zusammenzurücken und einen positiven Spirit zu entwickeln“, so Hoffmeister-Kraut. Auch Roland Bernhard, Landrat im Landkreis Böblingen, und der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer zeigten sich vor Ort erfreut über Mercedes' Bekenntnis zum Produktionsstandort in Baden-Württemberg.

Leuchtturm der Nachhaltigkeit

Für Produktionsvorstand Burzer ist die neue Lackieranlage vor allem im Blick auf das Thema Nachhaltigkeit ein Vorzeigeprojekt. Die neue Halle entsteht zwischen Factory 56 und der Halle 46, in der die E-Klasse sowie der GLC gebaut werden, und soll passend zum ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz von Mercedes-Benz konzipiert werden.

So besteht der Baugrund bereits aus 100.000 Kubikmetern Betonabbruch der alten Montagehalle, die sich zuvor auf dem Gelände befand. Mittels umweltfreundlichem Gebäudekonzept und unter Einsatz neuester Lackiertechnologien von Partner Dürr will Mercedes den Gesamtenergieverbrauch im Vergleich zu alten Anlage gar um die Hälfte verringern – ein ambitioniertes Ziel. Helfen soll auch eine Energiemanagement-Software von Dürr sowie dessen sparsame Lackierkabinen und Karosserietrockner.

Doch nicht nur der Lackierprozess selber soll nachhaltiger werden. Um Primärenergie einzusparen, soll künftig ein intelligentes Wärmeverbundnetz zum Einsatz kommen, dessen Ziel eine bis zu 50-prozentige Autarkie des Produktionsbetriebs sei.

Von der Dachfläche des Next Generation Paintshops werden 20.000 Quadratmeter mit Photovoltaikanlagen versehen sowie tausende weitere Quadratmeter begrünt. Zudem soll das Anlagekonzept eine umfassende Abluftreinigung enthalten und damit eine Emissionsreduktion von 60 Prozent erreichen. Auch der Wasserverbrauch soll um die Hälfte sinken, versichert Mercedes.

„China Speed“ dank digitalem Zwilling und KI

Nach dem Vorbild des Werks in Rastatt - für Mercedes so etwas wie ein Inkubator digitaler Produktion – soll die neue Lackieranlage auch von einigen digitalen Tools profitieren. Für die Planung kommt Nvidias Virtualisierungs-Plattform Omniverse zum Einsatz; Inbetriebnahme und Hochlauf soll mittels in Rastatt verprobtem digitalem Zwilling geschehen und die Anlage damit „fast in China Speed“, wie Jörg Burzer betont, entstehen.

Natürlich wird auch die neue Lackierstätte an Mercedes‘ Datendrehscheibe MO360 angebunden. Auf der Plattform sollen unter anderem die rund 250 Roboter der Lackierstraße virtuell programmiert werden – zusammen mit einer nicht näher genannten Partnerfirma.

Und natürlich soll die Anlage auch von den Vorzügen der KI profitieren. So soll unter anderem die Überwachung der Gebäudetechnik mithilfe generativer KI erfolgen, eine Technologie, die ebenfalls aus Rastatt kommt. Aber auch in Sachen Nachhaltigkeit finden smarte Algorithmen ihre Verwendung: Um täglich den Energieflow in der Anlage überwachen und optimieren zu können, will Mercedes ein selbstlernendes System zur Strukturierung der Daten heranziehen – ebenfalls eine Eigenentwicklung aus Rastatt.

Was allerdings bis zur Fertigstellung des Paintshops noch alles an KI-Innovationen realisiert wird, mag auch Produktionsvorstand Burzer nicht prognostizieren: „KI hat so ein unglaubliches Innovationspotenzial, nicht nur für uns in der Produktion, da will ich mir gar nicht anmaßen, heute schon zu sagen, was wir alles machen werden.“

Welche Technologien dann in der Lackieranlage, die alle Sonder- und Großlackierprozesse abdecken soll, tatsächlich zum Einsatz kommen, wird das Jahr 2028 zeigen. Dann soll die Anlage in den Betrieb gehen. Ursprüngliche Planungen sahen einen Anlauf im Jahr 2026 vor, den Serienbetrieb im Jahr 2027.

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