Mercedes-Modelle visualisiert in einem Werk

Virtuelle Inbetriebnahmen neuer Hallen und Anlagen sollen dank des Einsatzes eines digitalen Zwillings der Produktion ermöglicht werden. (Bild: Mercedes-Benz)

Künstliche Intelligenz kann den Arbeitsalltag von Beschäftigten – auch in der Automobilproduktion verbessern und erleichtern. Inzwischen gibt es auch bei Mercedes-Benz Generative KI-Anwendungen an vielen Stellen im Unternehmen. Im Sommer 2023 verkündete das Unternehmen die Implementierung von ChatGPT in der Produktion, wodurch das Unternehmen den Einsatz intelligenter Tools im digitalen Ökosystem der Produktion MO360, das erstmals 2020 eingeführt wurde, beschleunigen will. Ein Ziel: die Analyse von Produktionsdaten, beispielsweise aus dem Qualitätsmanagement, zu optimieren. Hierbei unterstützte ChatGPT als  sprachbasierte Schnittstelle die Mitarbeiter in der Produktion.

In Zukunft sollen Maschinen durch neue UI- und UX-Technologien einfacher zu bedienen sein. Die neuen Human Machine Interfaces sollen intuitiver sein und somit die Programmierung und Inbetriebnahme von Anlagen vereinfachen. Das Unternehmen setzt dabei auf weltweit einheitliche, anwenderfreundliche Nutzeroberflächen. Der Einsatz einer KI-gesteuerten Verfahrenstechnik in den Decklackkabinen des Mercedes-Benz Werkes Rastatt ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Stuttgarter versuchen Energiesparpotentiale auszuschöpfen. Hier übernahm im vergangenen Jahr Künstliche Intelligenz die Überwachung relevanter Teilprozesse, was laut OEM zu einer Energieeinsparung von 20 Prozent führte. Diese KI-geregelte Verfahrenstechnik wird nun auf weitere Standorte ausgerollt.

Architektur der Energieverteilung wird digitalisiert

Neben dem Ziel, den CO2-Fußabdruck jedes Fahrzeugs bis 2030 zu halbieren, will der OEM auch in der Produktion nachhaltiger werden. Bereits in der Planungsphase der Produktionsstätten kommen Tools zur vorausschauenden Optimierung der Energienutzung zum Einsatz. Die Smart Factory unterstütze Nachhaltigkeit auf beispielsweise durch Transparenz innerhalb der IoT-Architektur, gezielte Abschaltung von Anlagen und Komponenten in produktionsfreien Zeitfenstern und die Digitalisierung der Energieverteilungsarchitektur. Neue Technologien sollen helfen, Gleichstrom effizienter und ressourcenschonender zu nutzen und auch die temporäre Energiespeicherung regenerativer Energie zu ermöglichen.

Digital Twins für Mercedes-Werke in Rastatt und Kecskemét

Im September 2023 hat Mercedes-Benz im Werk Kecskemét erstmals eine komplett digitale Abbildung einer ganzen Halle erstellt. Dabei setzt das Unternehmen auf NVIDIA Omniverse. "Es versetzt uns in die Lage, mit bislang ungekannter Datenqualität Fabriken virtuell zu planen", sagt Produktionsvorstand Jörg Burzer gegenüber Automobil Produktion. Mit den im digitalen Zwilling gesammelten Daten ließen sich Montageprozesse noch schneller optimieren und Fehler und Defekte frühzeitig erkennen. Auch das Mercedes-Benz Werk Rastatt hat in Vorbereitung auf die Produktion des neuen MMA-Modells den Umbau einer bestehenden Montagehalle erstmals im Vorfeld virtuell dargestellt und in Betrieb genommen. Hierfür wurden sämtliche Daten einzelner Produktionsanlagen digital erfasst und im virtuellen Raum geplant, erprobt und entsprechend angepasst. Innerhalb von zwölf Wochen wurde die Halle im Sommer 2023 vollständig umgerüstet.

Zwei Milliarden für Umschulung der Mercedes-Belegschaft

Mit der Digitalisierung und dem zunehmenden Einsatz leistungsfähiger KI-Systeme verändern sich bei Mercedes-Benz alle Jobprofile. Im Rahmen der Qualifizierungsinitiative Turn2Learn investiert Mercedes-Benz bis 2030 weltweit mehr als zwei Milliarden Euro in die Qualifizierung der Beschäftigten. Turn2Learn legt einen gezielten Schwerpunkt auf Digitalisierung und KI. Beispielsweise bilden sich in den zwei Pilotprogrammen D.SHIFT und Data Worker jährlich mehr als 600 Beschäftigte aus Produktion, produktionsnahen Bereichen und Verwaltung zu Daten- und KI-Fachkräften weiter.

Speziell für Beschäftigte aus der Produktion an deutschen Standorten setzte D.SHIFT den Fokus auf den Erwerb digitaler Kompetenzen und trage mit dieser gezielten Umschulung zur digitalen Transformation der Belegschaft bei. Mit passend zugeschnittenen digitalen Lerninhalten können sich Produktionsmitarbeitende für Beschäftigungsmöglichkeiten in Bereichen wie Datenanalyse, künstliche Intelligenz oder Softwareprogrammierung für Elektromobilität qualifizieren. Damit sollen sie sich auf zukunftssichere Beschäftigungsprofile ausrichten.

Denn, so die Stuttgarter, für die erfolgreiche Gestaltung der Transformation brauche man nicht nur die richtigen digitalen Tools und generativen KI-Anwendungen im Unternehmen. Noch wichtiger sei ein Team, das sich auf den Wandel einlässt und seine digitalen Kompetenzen ständig erweitere. In der massiven Transformation der Arbeitswelt sei und bleibe lebenslanges Lernen der Schlüssel zum Erfolg.

Mercedes-Benz sieht Deutschland als Vorreiter bei Smart Factory

Deutschland habe sich als Vorreiter in der digitalen Transformation der Industrie etabliert und spiele eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Implementierung innovativer Technologien. Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierung, Industrie und Forschungseinrichtungen habe Deutschland einen umfassenden Rahmen geschaffen, der es Unternehmen ermögliche, die Chancen der Industrie 4.0 zu nutzen und sich erfolgreich auf dem internationalen Markt zu positionieren. Politik und Wirtschaft müssen weiterhin im Einklang dafür sorgen, die herausgehobene Stellung der deutschen Industrie auch in der Phase der digitalen Transformation zu bewahren und weiter auszubauen, fordert Mercedes-Benz.

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