Mitten in der Krise der Autoindustrie trifft sich die internationale Nutzfahrzeug-Branche auf der diesjährigen IAA Transportation in Hannover. Das Geschäft mit Lastwagen und Transportern leidet in Deutschland derzeit ähnlich wie das gesamte Autogeschäft unter der Kaufzurückhaltung seiner Kunden. Hinzu kommen die hohen Investitionen, die die Hersteller in neue Technologien und alternative Antriebe stecken müssen.
Technologische Innovationen, Elektro- und Wasserstoffantriebe sind nach Angaben der Organisatoren vom Verband der Automobilindustrie (VDA) auch auf der Messe der klare Schwerpunkt. Die Branche wolle zeigen, "dass wir die Produkte für klimaneutrale und digitale Mobilität bereits entwickelt haben und auch produzieren", sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. "Jetzt geht es darum, die Fahrzeuge auch in entsprechender Anzahl auf die Straße zu bringen."
Mit über 1.650 Ausstellern aus 41 Ländern liegt die Zahl der Aussteller auf der diesjährigen IAA Transportation um 20 Prozent höher als als vor zwei Jahren mit damals 1400 Ausstellern. Auch die Zahl der internationalen Aussteller liegt mit 73 Prozent auf Rekordniveau, so der VDA.
Daimler Trucks legt Fokus auf CO2-neutralen Fernverkehr
Daimler Truck zeigt auf der diesjährigen IAA Transportation den batterieelektrischen Mercedes-Benz eActros 600 als sein Messe-Highlight. Im November dieses Jahres soll der E-Lkw mit einer Reichweite von 500 km im Werk Wörth in Serie gehen und so zur Dekarbonisierung des Fernverkehrs beitragen, der für zwei Drittel der CO2-Emissionen im Lkw-Verkehr verantwortlich ist. Zwei seriennahe Prototypen hätten im Sommer dieses Jahres bei einer fast siebenwöchigen, über 15.000 Kilometer langen Testfahrt durch 22 europäische Länder die Leistungsfähigkeit des eActros 600 unter Beweis gestellt, so Daimler Truck.
Einen weiteren Schwerpunkt setzt der Hersteller auf softwaredefinierte Nutzfahrzeuge, wo das Unternehmen nach eigenen Angaben eine Führungsrolle übernehmen will. Demnach nutzt der eActros 600 wie auch der konventionell angetriebene Actros L, den Daimler Trucks auf der Hannover Messe ebenfalls zeigt, eine verbesserte Mechatronik-Architektur, die Daten 20-mal schneller verarbeitet und neue Sicherheits- und Komfortfunktionen ermöglicht. Zukünftige Funktionen werden "over-the-air" aktualisiert. Daimler plant, auch die Fahrzeugarchitektur zusammen mit der Volvo Group neu zu gestalten, und so einen Industriestandard für hochintelligente Nutzfahrzeuge zu entwickeln. Weitere Messeneuheiten von Daimler Trucks sind der vollelektrische Next Generation eCanter von Fuso und der ebenfalls batterie-elektrische eCitare K. Als Ergänzung zu rein batterie-elektrischen Lkw zeigt das Unternehmen den GenH2 Truck mit wasserstoffbasiertem Antrieb. Zudem kündigt Daimler Truck die Einführung der Marke TruckCharge für E-Infrastruktur und Lkw-Laden an.
Bosch setzt auf Weitblick für die Antriebswende
In der Mobilitätssparte setzt der Zulieferer jeden vierten Euro mit Trucks und Transporter um. Ab Januar 2025 bündelt das Unternehmen unter der Leitung von Jan-Oliver Röhrl, Executive Vice President Commercial Vehicles and Off-Road, wichtige Kompetenzen in einer neuen Geschäftseinheit und führt Systementwicklung sowie Produkt- und Portfoliomanagement für Trucks und Off-Road-Anwendungen zusammen.
Beim Unternehmen geht man davon aus, dass 2030 weltweit etwa 20 Prozent aller neu zugelassen Nutzfahrzeuge schwerer als sechs Tonnen über einen batterieelektrischen Antrieb verfügen; zirka drei Prozent werden mit Brennstoffzellen fahren. Demnach werde 2035 schon gut jeder dritte Lkw mit einer Batterie an Bord bewegt, jeder zehnte mit einer Brennstoffzelle. Daher verkündet man bei Bosch zur IAA das klare Bekenntnis zur Vielfalt - die unterschiedlichen Antriebstechnologien stünden demnach nicht in Konkurrenz zueinander. Zu den Elektrifizierungslösungen zählt etwa die eAchse, die sich leicht in Nutzfahrzeuge bis 7,5 Tonnen integrieren lässt. Für längere Fahrstrecken und maximale Zuladung setzt man auf Brennstoffzellensysteme. Mit einem 200-Kilowatt-Brennstoffzellensystem ist Bosch bereits in Serie. Nun arbeitet das Unternehmen am Fuel Cell Power Module Compact 300, das noch kompakter und mit einer gesteigerten Leistung von 300 Kilowatt zugleich effizienter werden soll.
Eine weitere Option für den klimafreundlichen Warentransport auf der Straße liegt Bosch zufolge im Wasserstoffmotor, der zunächst in schweren Nutzfahrzeugen zum Einsatz kommen soll. Anfang 2024 hat die EU auch diese Antriebslösung als klimaneutral anerkannt. Bosch arbeitet an den entsprechenden Komponenten, für die man auf ein breites Wissen aus dem Dieselbereich zurückgreifen kann. So ist der Markteintritt der ersten mit Bosch-Saugrohreinblasung ausgestatteten Wasserstoffmotoren bereits für das Jahr 2025 geplant.
VW präsentiert neuen Bulli
Volkswagen hat in Hannover die neue Generation seines Transporters präsentiert. Am Vorabend der Ausstellung präsentierte Markenchef Carsten Intra den New Transporter, der die Nachfolge des bisherigen T6.1 antreten soll. Intra zeigte sich zuversichtlich, dass das neue Modell an den Erfolg der bisher sechs Bulli-Generationen anknüpfen wird. Anders als der Vorgänger T6.1, der Ende Juni ausgelaufen war, wird VW den neuen Transporter nicht mehr selbst produzieren. Entwickelt wurde er gemeinsam mit Ford. Und er wird auch zusammen mit dem Schwestermodell Ford Transit bei Ford in der Türkei gebaut. Ausgeliefert werden soll das Modell ab Ende 2024 zunächst in ausgewählten Märkten in Europa, ab Anfang 2025 dann auch in Deutschland.
Mit dem Start des neuen Transporters schließt VW nach eigenen Angaben den Umbau seiner Transporter-Familie ab. Statt eines Modells - dem seit 1950 in sechs Generationen gebauten Bulli - gibt es nun drei parallele Baureihen für das Segment: den 2022 vorgestellte Multivan auf der von Golf und Passat übernommen Pkw-Plattform als Familien- und Freizeitmobil, den vollelektrischen ID. Buzz und den nun vorgestellten Transporter aus der Zusammenarbeit mit Ford. Ford und VW hatten 2020 eine umfangreiche Kooperation bei leichten Nutzfahrzeugen vereinbart. Nach dem Pick-up-Truck Amarok ist der Transporter jetzt das zweite VW-Modell, das vom Partner kommt. VW liefert im Gegenzug den Lieferwagen Ford Tourneo Connect, gebaut wird er zusammen mit dem VW-Schwestermodell Caddy im polnischen VWN-Werk in Poznan (Posen).
Die Volkswagen-Konzernmarke Elli präsentiert auf der Nutzfahrzeugmesse in Hannover die Integration ihrer Ladeservices in das von Volkswagen Nutzfahrzeuge entwickelte Flottentool ConnectPro. Die integrierten Charging Services ermöglichen es laut Elli, Ladekarten zum öffentlichen Laden für die Fahrzeuge zu verwalten und so das Flottenmanagement zu ergänzen. Bereits vor einigen Monaten führte Elli das Charging Site Management ein, welches Unternehmen im Aufbau und der Verwaltung von Ladeinfrastrukturen unterstützt. Ab sofort bietet Elli hierfür ein softwarebasiertes, portfolioübergreifendes Lastmanagement an, welches sich ohne Vor-Ort Aufwände einrichten und verwalten lässt, so das Unternehmen.
ZF fokussiert Elektrifizierung und Automatisierung
Der große Zulieferer aus Friedrichshafen will als Taktgeber der Nutzfahrzeugindustrie Lösungen für die Elektrifizierung, Automatisierung und Sicherheit von Nutzfahrzeugen anbieten. Dank der strategischen Akquisitionen von TRW und Wabco habe man die Grundlagen gelegt. In den nächsten zwölf Monaten erwarte man eine Verdopplung der Produktion von elektrischen Antriebssystemen für Nutzfahrzeuge, heißt es im Unternehmen, bei dem man bereits auf bestätigte Aufträge im Wert von fünf Milliarden Euro verweisen kann. Zu den Innovationen zählen unter anderem der E-Mobility-Antriebsbaukasten, das E-Trailer-Konzept TrailTrax, die Fahrwerksoftware cubiX sowie die neueste Version des Notbremsassistenzsystems OnGuardMAX.
Der neue E-Mobility-Antriebsbaukasten ist ein modulares Paket, das aus verschiedenen E-Motoren, dem passenden Inverter, einem 3-Gang-Getriebe sowie den dazugehörigen elektrischen Komponenten besteht. Bei TrailTrax handelt es sich um ein Konzept zur Elektrifizierung von Sattelaufliegern. Das System integriert die elektrische Antriebsachse AxTrax 2 von ZF sowie ein modulares Batteriesystem mit dem Trailer EBS. Gemeinsam sollen diese Komponenten dazu beitragen, die CO2-Emissionen um bis zu 16 Prozent zu reduzieren. Die Softwarelösung cubiX hingegen soll das Fahrverhalten hinsichtlich Stabilität, Sicherheit und Performance optimieren. Mit OnGuardMAX wendet sich ZF an den europäischen Markt: Das System erkennt beziehungsweise reagiert selbstständig auf Hindernisse im Straßenverkehr und wird erstmals in Serien-Lkw von Herstellern in Kombination mit der neuen Bremsenplattform mBSP XBS eingesetzt.
Mit Blick auf das Getriebesystem TraXon 2 Hybrid meldet der Zulieferer für den chinesischen Markt Vollzug. Man habe während der IAA Transportation 2024 mit Foton eine Absichtserklärung zur Stärkung der Zusammenarbeit bei Antriebssystemen unterzeichnet, teilt ZF mit. In der Erklärung heißt es, das Joint Venture werde das neue Hybridgetriebe von ZF für Nutzfahrzeuge auf dem chinesischen Markt einführen. Im Rahmen der Vereinbarung werde man das neue automatisierte Hybrid-Getriebesystem TraXon 2 Hybrid für schwere Nutzfahrzeuge weiterentwickeln, während das Gemeinschaftsunternehmen von ZF und Foton das Hybridgetriebe herstelle. TraXon 2 Hybrid eignet sich sowohl für schwere Nutzfahrzeuge mit Vollhybrid- als auch mit Plug-in-Hybridantrieb.
Gemeinsam entwickeltes E-Nutzfahrzeug von Hyundai und Iveco
Hyundai und Iveco stellen auf der IAA Transportation ein neuartiges Elektro-Nutzfahrzeug vor, das auf Hyundais globaler eLCV-Plattform basiert. Der eMoovy bietet eine Reichweite von bis zu 320 km und ein schnelles 800-Volt-Ladesystem. Laut Hyundai kann die Batterie in 10 Minuten für eine Reichweite von bis zu 100 km geladen werden. Das Modell ist mit dem elektrischen System von Hyundai ausgestattet, das vom größten Elektro-SUV von Hyundai übernommen wurde.
Außerdem verfügt das Fahrzeug über ein intelligentes Batteriemanagementsystem mit größerer Kapazität als elektrische leichte Nutzfahrzeuge der gleichen Klasse (76,1 kWh). Sensoren überwachen die Batterieinformationen, um Fehlfunktionen zu vermeiden. Dieses BMS wird auch in der batterieelektrischen Hyundai-Ioniq-Baureihe und bei der Premiummarke Genesis verwendet. Der eMoovy bietet auch Vehicle-to-Load-Funktionen (V2L), die auf Mehrzweckfahrzeuge (MPV) ausgerichtet sind und sowohl innerhalb als auch außerhalb des Fahrzeugs Strom für mehr Komfort liefern sollen.
Renault will mit Van-Konzept und H2-Technik begeistern
Im Mittelpunkt der realen Messe-Welt steht bei Renault der neue Master mit Wasserstoffantrieb H2-Tech. Der Prototyp wurde von Hyvia entwickelt, einem Joint Venture der Renault Group und dem Brennstoffzellen-Spezialisten Plug Power. Die Multi-Energy-Plattform des neuen Transporters ermöglicht die Fertigung aller Antriebsvarianten – Verbrenner, batterieelektrisch und Brennstoffzelle – auf demselben Montageband im Werk Batilly bei Metz. Motoren, Getriebe und Batterien werden in Frankreich hergestellt, ebenso sind dem OEM zufolge 84 Prozent der Zulieferer in Frankreich ansässig. Die wasserstoffbetriebene Variante soll 2025 auf die Straßen rollen.
Einen Ausblick in die (nahe) Zukunft geben die Franzosen in Form des Renault Estafette Concept. Mit dem leichten Elektro-Nutzfahrzeug will das von der Renault Group, der Volvo Group und der CMA CGM Group gegründete Unternehmen Flexis zeigen, wie man sich die Zukunft der eher leichteren Transporter für Handwerker und Lieferanten gerade im urbanen Umfeld vorstellt. Das Estafette Concept ist vollständig vernetzt und nutzt die SDV-Architektur (Software-Defined Vehicle) in der von Ampere entwickelten FlexEVan-Plattform. Mit der Bezeichnung greift man auf das bereits vor 65 Jahren eingeführte gleichnamige Modell Estafette zurück.
DAF verhilft seinen aktuellen Modellen zu mehr Effizienz
Im Mittelpunkt der PACCAR-Tochter DAF stehen die neuen Generationen der Modelle XD, XF, XG und XG+, für die man sowohl bei der Aerodynamik, den Antriebssträngen wie auch den Fahrerassistenzsystemen top Standards verspricht. Im Antrieb sollen eine neue Motorventilsteuerung, eine Kühlflüssigkeitspumpe mit Doppelantrieb und ein gekuppelter 2-Zylinder-Druckluftkompressor die Effizienz verbessern. Auch die Turbolader- und EGR-Systeme wurden überarbeitet und es kommen neue Einspritzdüsen zum Einsatz. Bei DAF spricht man - im Verbund mit den Auffrischungen bei Aerodynamik und ADAS - von bis zu zehn Prozent verbesserter Kraftstoffeffizienz. Bei den 4x2- und 6x2-Versionen sollen das Kamerasystem DAF Digital Vision (anstelle konventioneller Spiegel), Predictive Cruise Control und Reifen mit geringem Rollwiderstand zur weiteren Senkung des Kraftstoffverbrauchs beitragen. Alle DAF -Lkw der neuen Generation erhalten ein 10-Jahres-Abonnement für PACCAR Connect: Die neue Online-Flottenmanagement-Plattform liefert Echtzeitinformationen über die Leistung der gesamten Flotte, einzelner Fahrzeuge und Fahrer und soll den Betreibern dabei helfen, Effizienz und Rendite zu optimieren. Mehrere Modelle der neuen Generation erfüllen dem Hersteller zufolge zudem die Maut-Klasse-3-Standards , was auf deutschen Straßen zu Steuereinsparungen in Höhe von Tausenden Euro pro Jahr führen kann.
Kia wagt elektrischen Vorstoß ins Kleintransporter-Segment
Kia gibt auf der IAA Transportation einen Ausblick auf seine kommende Elektro-Van-Familie PBV (Platform Beyond Vehicle), die für den koreanischen Autohersteller unter anderem den Einstieg ins Nutzfahrzeuggeschäft in Deutschland und weiteren Ländern Europas markiert. Ein erstes Serienmodell auf der skalierbaren Elektroplattform wird Kia im Sommer 2025 mit dem mittelgroßen PV5 vorstellen, der noch im gleichen Jahr auf den Markt kommen soll. Zunächst wird der kleinere PV5 als mehrsitziger Personentransporter, als Family-Van sowie zeitnah auch als reines Lieferfahrzeug in verschiedenen Cargo-Versionen - unter anderem mit Hochdach-Karosserie - verfügbar sein.
Technische Daten und Details werden noch keine verraten. Auf der IAA werden die Anfang 2024 auf der Tech-Messe CES enthüllten Konzeptfahrzeuge gezeigt. Ein paar Eckdaten der Serienfahrzeuge werden bereits genannt. So stellt Kia Reichweiten von mindestens 350 Kilometer, beim PV5 Cargo mit Hochdach gut 4,2 Kubikmeter Laderaum sowie eine Ladeleistung von bis zu 150 kW DC und 22 kW AC in Aussicht. Das Auffüllen von 10 bis 80 Prozent soll in unter 30 Minuten möglich sein. An einer Lösung für eine Anhängekupplung wird noch gearbeitet, da sich Fahrzeuge der PBV-Familie durch eine extrem niedrige Ladekante auszeichnen, die eine spezielle Lösung erfordert. Kia stellt mindestens 700 Kilogramm Anhängelast in Aussicht. In einer zweiten Phase will Kia 2026/27 den größeren PV7 an den Start bringen.
Stellantis kündigt Umbauprogramm "CustomFit" an
Stellantis Pro One, die auf Nutzfahrzeuge spezialisierte Geschäftseinheit des Konzerns, kündigt in Hannover die Einführung von Stellantis CustomFit an, einem neuen Umbau- und Individualisierungsprogramm, das in einigen Werken bereits begonnen habe und schrittweise an anderen Produktionsstandorten umgesetzt werde, so der Hersteller. In dem Programm für spezifische Modifikationen der Stellantis-Modelle sollen hausinterne Umbauten durch Lösungen ergänzt werden, die in Zusammenarbeit mit einem globalen Netzwerk von zertifizierten Partnern des Unternehmens entwickelt wurden. So will Stellantis nach eigenem Bekunden die Produktpalette erweitern - von Kippern bis hin zu Transportern mit optimiertem Laderaum und Freizeitfahrzeugen, die alle speziell auf die Bedürfnisse von Privatkundinnen und -kunden, kleinen und mittleren Unternehmen und großen Flotten zugeschnitten sind.
Einen weiteren Schwerpunkt setzt Stellantis Pro One auf Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie, die bereits in mittelgroßen Transportern verfügbar ist und bald auch in den großen Transportern des Multimarkenkonzerns eingesetzt werden soll. Für Modelle wie den Citroën ë-Jumper, den Fiat Professional E-Ducato, den Opel Movano Electric, den Vauxhall Movano Electric und den Peugeot E-Boxer hat Stellantis eine Mittelklassearchitektur entwickelt, die mehr als 500 Kilometer Reichweite und Tankzeiten von fünf Minuten bieten soll.
EKPO zeigt neues Brennstoffzellen-Stackmodul
Im Fokus des Messeauftritts von Zulieferer EKPO, dem Brennstoffzellen-Joint-Venture von ElringKlinger und OPmobility, steht das neue Stackmodul NM20, das speziell für den Schwerlastverkehr entwickelt wurde. Mit einer Leistung von bis zu 400 kW zeichnet es sich dem Unternehmen zufolge durch hohe Effizienz, geringeren Wasserstoffverbrauch, höhere Betriebstemperaturen, Recyclingfähigkeit und eine lange Lebensdauer aus. Bei einer Leistungsdichte, die im Vergleich zu früheren Modellen um über 50 Prozent gesteigert wurde, biete der Stack zudem ein integriertes Medienmodul, das die Einbindung in Kundensysteme vereinfachen soll. Die Entwicklung des NM20 wird durch das IPCEI-Wasserstoff-Programm gefördert und soll ab Ende 2024 an erste Kunden ausgeliefert werden.
Zusätzlich wird auf dem Stand der brennstoffzellenbetriebene Truck Europa von Zepp.solutions B.V. präsentiert, der mit einer EKPO-Stackplattform NM12-twin ausgestattet ist. Das 350-bar-Modell kommt noch 2024 auf den Markt, hat eine Reichweite von 700 km und kann laut EKPO einen Standardtrailer ohne Längeneinschränkung ziehen. Verbaut ist dabei die EKPO-Stackplattform NM12-twin mit 598 Zellen, die für Anwendungen mit einem Leistungsbedarf von mehr als 150 kW entwickelt wurde - primär für den Schwerlastverkehr, Einsatzmöglichkeiten ergeben sich aber dem Unternehmen zufolge auch bei Offroad-Fahrzeugen, im Bahnsektor, Marinebereich oder auch bei stationären Lösungen.
Mit Material von dpa und SP-X
Das waren die Highlights 2022
Längst geht es auf der Nutzfahrzeug-Messe nicht mehr nur um die Vorstellung neuer Fahrzeuge. Der Klimawandel zwingt nahezu alle Hersteller dazu, holistisch zu denken. Ob bei Renault, Ford, Volkswagen, Mercedes, Bosch oder Volvo – überall will man die Kunden ganzheitlich unterstützen. Wie massiv die Herausforderungen sind, machen fast alle Aussteller schon vor Beginn der diversen Pressekonferenzen mit epischer, musikalischer Einleitung der Rednerinnen und Redner deutlich. So ähnlich hier vieles auf den ersten Blick wirkt, gibt es doch Unterschiede, wie schnell und mit welchen Mitteln die Unternehmen ihre Ziele erreichen wollen.
Bosch sieht vier große Herausforderungen
„Unser Ziel sind Lastwagen, die dem Klima nicht mehr zur Last fallen. Dieses Ziel ist ambitioniert, da sich der weltweite Gütertransport bis 2050 verdreifachen wird“, sagt Markus Heyn, Vorsitzender des Bosch-Unternehmensbereichs Mobility Solutions auf der IAA Transportation in Hannover. Bei Bosch hat man vier große Herausforderungen erkannt, die es zu bewältigen gilt. Den Fahrermangel, die angespannte Situation der Lieferketten, die mangelnde Effizienz und Sicherheit von Warentransporten sowie die „unübersichtliche“ Vielfalt an IT-Lösungen für das Management von Lkw-Flotten. Wie wichtig der Nutzfahrzeug-Bereich auch wirtschaftlich für das Unternehmen ist, zeigen die Zahlen: Ein Viertel des Gesamtumsatzes nimmt dieser Bereich bei Bosch ein. „Besonders im Nutzfahrzeug ist Technologie-Offenheit sinnvoll“, sagt Heyn. Auch 2035 werde noch die Hälfte aller Lkws mit Diesel fahren, daher lohne es sich, in seiner Entwicklung nicht nachzulassen.
Durchsetzen werde sich die klimaneutrale Antriebstechnik ohnehin nur, wenn die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung stehe, so Heyn. Um diese zu unterstützen erarbeitet beispielsweise Tochtergesellschaft Bosch Rexroth gemeinsam mit Maximator Hydrogen eine Lösung zur Kompression von Wasserstoff für Tankstellen. Im nächsten Jahr soll diese Technik auf den Markt kommen und bis 2030 ein Netzwerk aus 4.000 Wasserstoff-Tankstellen erschaffen. Im Bereich Software hingegen erwähnt Heyn eine Kooperation mit US-Cloudanbieter Amazon Web Services. Auf einer gemeinsamen Plattform bündeln die Partner Logistikservices von Bosch wie die Logistiküberwachung oder das Secure Truck Parking, aber auch Dienstleistungen von Drittanbietern. Heyn verkündet: „Schon in diesen Wochen starten wir mit unser Logistik-Plattform in Indien, Anfang nächsten Jahres auch in Europa und den USA“.
Volvo sieht sich als Vorreiter
In Schweden fürchtet man die mangelnde Ladeinfrastruktur eher weniger. Denn Senior Vice President Management and Sustainability Jessica Sandström erklärt: "Aus unseren Analysen geht hervor: Ein Großteil der von Nutzfahrzeug gefahrenen Strecken überschreitet die 300-km-Marke nicht. Diese Fahrzeuge können problemlos über Nacht auf dem Speditionsgelände aufgeladen werden."
Robert Alm, Präsident von Volvo Trucks, berichtet breit grinsend, dass es für ihn keinen schöneren Arbeitstag gäbe, als einen, der nur aus Kundenterminen besteht. Denn er liebe es so sehr, die Kunden selbst zu überzeugen, dass es keine Zeit mehr gibt, um mit dem Umstieg auf E-Antriebe zu warten. Deshalb starte Volvo jetzt auch als weltweit erster Lkw-Hersteller mit der Serienproduktion von schweren Modellen, die mit bis zu 44 Tonnen beladen werden können. "Dies ist ein Meilenstein und beweist, dass wir bei der Transformation der Branche führend sind. Es ist noch keine zwei Jahre her, dass wir unsere schweren Elektro-Lkw zum ersten Mal vorgestellt haben. Jetzt fahren wir die Stückzahlen hoch", sagt Alm.
Renault und VWN präsentieren neue Fahrzeuge
Auch bei Renault und Volkswagen Nutzfahrzeuge steht die ganzheitliche Lösung im Mittelpunkt, behaupten beide OEMs. Im Fokus der Pressekonferenzen stehen jedoch klassisch die Vorstellungen neuer Fahrzeuge. Die Franzosen präsentieren – hochdramatisch, unter Begleitung von Tänzerinnen – ihren neuen Transporter Traffic E-Tech. Das Szenario wirkt angesichts des Charakters des Fahrzeugs, welcher nicht gerade als elegant beschrieben werden kann, etwas seltsam. Federleicht, fast schwebend, bewegen sich die beiden Künstlerinnen auf der Bühne, ehe sie den Transporter final von seiner Verhüllung befreien. Vermutlich soll die Gemeinsamkeit zwischen der Kür und dem Fahrzeug eher auf der Leichtigkeit liegen, denn der Traffic E-Tech wird als Leichtgewicht beschrieben. Rein elektrisch soll er sich bis zu 240 Kilometer weit bewegen können. Der Trafic E-Tech Electric ist in zwei Längen mit 5,08 oder 5,48 Metern sowie in den beiden Höhen 1,97 oder 2,5 Meter erhältlich. Das Stauvolumen beträgt je nach Ausführung 5,8 bis 8,9 Kubikmeter.
Ganz anders VWs Amarok. Die neue Version feiert auf der IAA Transportation seine Messe-Premiere und soll noch in diesem Jahr an die ersten Kunden ausgeliefert werden. Wobei der Begriff Kunde in den Augen von VWN-CEO Carsten Intra schnell der Vergangenheit angehören soll. Sowohl bei ID.Buzz, der auch noch mal auf der Messe im Rampenlicht steht, als auch beim neuen Amarok „werden Kunden zu Fans“, behauptet der Manager auf der Pressekonferenz. Grund dafür seien unter anderem mehr als 20 neue Assistenzsysteme, mobile Online-Dienste, effiziente wie drehmomentstarke Motoren, zwei Allradtechnologien und maßgeschneidertes Zubehör. Neben dem Amarok feiert auch der ID.Buzz Cargo seine Premiere auf der Messe. Der E-Bulli soll eine Reichweite von bis zu 425 Kilometern mitbringen.
Ebenfalls neu dabei: Das VW-Start-Up Cito. CEO Gregor Stock erklärt: "Wir sind wie Uber, nur eben nicht für den Transport von Menschen, sondern für die Sendungen von Geschäftskunden." Der Diplom Ingenieur war zuletzt im Bereich Innovation MaaS und Taas des Volkswagen Konzern tätig und will nun als Geschäftsführer von Cito eine transparente Lösung für zuverlässige, zeitkritische und auch spontane Lieferungen bereitstellen. Ohne eine Kette aus zahlreichen Telefonanrufen und Organisationsversuchen auszulösen, erfährt der Kunde innerhalb weniger Minuten, wer seine Ware wann transportieren wird und wie hoch der Preis für den Transport sein wird. "In einer Kette aus zahlreichen Vermittlern und Kurierdiensten bleibt für denjenigen ganz am Ende der Kette oft nur ein kleiner Obulus über. Dadurch, dass wir den eigentlichen Kurierfahrer mit dem Kunden auf eine direkte, vernetzte Ebene stellen, schaffen wir einen deutlich transparenteren und auch faireren Prozess", betont Stock.
Continental setzt auf Wohnlichkeit im Nutzfahrzeug
Die Stimmung bei Continental unterscheidet sich massiv von der bei den großen OEMs. Keine Pressekonferenz mit epischer Musik und dramatischem Countdown, eine schmalere Auswahl an Exponaten – insgesamt eine angenehme Auszeit vom „höher, schneller, weiter“-Mindset. Mit einer Auswahl an neuen Oberflächenlösungen, die mehr Nachhaltigkeit durch höhere Langlebigkeit und vergrößertem Recyclinganteil versprechen, fokussiert sich der Zulieferer auf funktionale Designtrends in der Fahrerkabine. Head of Communications Surface Solutions Axel Schmidt erklärt: „Das Führerhaus ist für Berufskraftfahrer auf langen Fahrten nicht nur Transportmittel, sondern auch Zuhause. Deshalb fokussieren wir uns neben den technologischen Anforderungen auch darauf, diesen Raum so wohnlich wie möglich zu gestalten.“
Zusätzlich präsentiert der Zulieferer das Mehrfachsensor-System Continental Sensor Array und drei Reifenlösungen für Nah- und Fernstrecken. Cybersecurity und Privacy-Spezialistin Sarah Syed-Winkler erklärt: „Wir arbeiten gemeinsam mit unseren Kunden an den Produktlösungen und legen dabei einen großen Wert auf Flexibilität sowie Anpassbarkeit. So entwickeln wir uns Komponente für Komponente weiter.“
Forvia will mit Massagematte punkten
Mit vereintem Knowhow ihrer Dachmarken Hella und Faurecia präsentierte sich auch Tochterfirma Forvia auf der diesjährigen IAA. Einen klaren Fokuspunkt, der die enge Verbundenheit mit Mutterkonzern und Sitzhersteller Faurecia widerspiegelt, bildet die patentierte Lkw-Sitzplattform des Gemeinschaftsunternehmens. Die modulare Struktur der Plattform ermögliche große Vielfalt mit möglichst niedrigen Entwicklungs- und Implementierungskosten, so Forvia. Gleichzeitig unterstützte die Plattform nicht nur die Kreislaufwirtschaft durch den einfachen Austausch von Teilen, sondern reduziere mithilfe der Integration von nachhaltigen Materialien das Gewicht eines Komplettsitzes um bis zu 16 Prozent.
Für leichte Nutzfahrzeuge präsentiert das Joint-Venture zudem die zweite Generation des Smart Massage Covers – einer nachrüstbaren Massagematte, die Rückenschmerzen lindern und vorbeugen soll. Erhältlich soll die per App und Sprachsteuerung bedienbare Matte bereits ab Mitte Oktober sein. Außerdem demonstriert Forvia seine Kompetenzen im Bezug auf Schwerlast-Anwendungen für Brennstoffzellenfahrzeuge. Das Unternehmen beliefert seine Kunden bei Bedarf mit einem gesamten Wasserstoff-System, einschließlich eines vollständigen Wasserstoffspeichersystems und des 150-kW-Brennstoffzellenstacks von Symbio. Zusätzlich präsentiert das Joint-Venture eine von Faurecia entwickelte Lösung zur kryogenen Wasserstoffspeicherung und eine Container-Speicherlösung, die für verschiedene industrielle Anwendungen sowie Flotten geeignet ist, beispielsweise für den Transport und die Verteilung von Wasserstoff.