
Der Roboter von KUKA arbeitet im Mini-Environment rund um die Uhr und trägt dazu bei, dass die Luft trocken bleibt. (Bild: Kuka)
Beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und dem Anbieter von Automatisierungslösungen Kuka ist man sich sicher, dass die Industrie immer mehr Batteriezellen benötigt. Deren Produktion in Gigafactories fresse jedoch enorme Energiemengen, zudem seien die großen Fertigungslinien sehr unflexibel, heißt es bei Kuka. Eine mögliche Alternative hat man nun am wbk Institut für Produktionstechnik des KIT erprobt. Die Lösung lautet: Prozesseinhausung in Mini-Environments.
Dazu hat man im Rahmen des Projekts AgiloBat eine agile Zellfertigung aufgebaut: Mithilfe roboterbasierter Automatisierung in Mini-Enivronments wurde den Experten zufolge eine Flexibilität erreicht, die bisher nur in der Manufaktur möglich war. Durch anpassbare Prozesse und Programmänderungen können verschiedenste Zellgeometrien hergestellt werden, ohne die Anlage aufwendig umrüsten zu müssen. Die Forscher haben dazu spezielle Roboterzellen entwickelt, die hinsichtlich ihrer Beschaffenheit und Ausführung eine Weltneuheit darstellen. Konzipiert und gebaut wurden sie von der Exentec Germany GmbH, einem Unternehmen der Exyte Gruppe aus Stuttgart, die Gebäudetechnik und Anlagenbau entwirft.
Wichtiger Parameter ist die Luftfeuchtigkeit
Damit es bei der Verarbeitung der empfindlichen Batteriematerialien nicht zu Oxidationen oder Feuchtigkeitseinschlüssen kommt, beträgt die relative Luftfeuchtigkeit meist weniger als ein Prozent. Exentec zeichnet dabei für die trockene Luft verantwortlich. Hergestellt wird die benötigte Trockenheit in sogenannten Mini-Environments. „Dabei werden einzelne Prozessschritte der Produktion und die zugehörigen Maschinen eingehaust und die gefilterte Luft direkt an den Prozess gebracht“, erklärt Nicole Neub, Direktorin der Abteilung Batterietechnologie bei Exentec.
In der industriellen Massenfertigung von Batteriezellen werden meist gesamte Produktionsflächen als Trockenraum betrieben, dies fresse Energie und sei für einzelne Prozesse gar nicht notwendig, so die Experten. Im Projekt AgiloBat erfolgt dies durch containerartige Kästen, in denen ein Taupunkt von bis zu -50 °C herrscht. Je tiefer der Taupunkt, desto trockener die Luft. Dies hat nichts mit der Temperatur der Produktionsumgebung zu tun, vielmehr gibt der Taupunkt diejenige Temperatur an, auf die Luft heruntergekühlt werden muss, damit Feuchtigkeit kondensiert. „Bei einem Taupunkt von -50° Celsius kommen nach Volumen auf eine Million Luftmoleküle weniger als 100 Wassermoleküle“, macht Sebastian Henschel, technischer Leiter des AgilotBat-Projekts beim wbk, deutlich. Dies entspreche einer relativen Luftfeuchtigkeit von weit unter einem Prozent.
Vollautomatisierter Prozess sichert Qualität
Da der Mensch aus 80 Prozent Wasser besteht und jede Stunde mindestens 120 Gramm pure Feuchtigkeit ausatme, sei sein Beisein im Prozess eher kontraproduktiv. „In unserem Mini-Environment trennen wir durch die Einhausung den Menschen konsequent vom Prozess“, erklärt Nicole Neub. „Das geht natürlich nur, wenn der Prozess vollautomatisiert läuft.“ Hier kommen dann die Roboter von Kuka ins Spiel. Im Einsatz sind vier KR CYBERTECH nano, ein KR 4 AGILUS sowie, für das Zellstacking, zwei KR SCARA. Der Anlagen- und Roboterexperte hat seine Systeme bereits Jahre in Trockenräumen im Einsatz und man sei im Austausch mit Batterieproduzenten bezüglich deren technologischer Anforderungen, so Thomas Schmidberger, Business Development Manager bei Kuka. Wie man aus dem Unternehmen hört, arbeitet es an einer Zertifizierung der Roboter für den Einsatz im Trockenraum.
Die Systeme und Technik seien über die Batteriefertigung hinaus auch für andere Branchen interessant, sagen die Experten. „Im Halbleiterbereich ist das Thema essenziell, ebenso in der Pharmaindustrie“, betont Nicole Neub von Exentec. Die Trennung von Mensch und Produkt mit Hilfe der Einhausung des Prozesses könne den Energiebedarf erheblich senken, der den Experten zufolge in Gigafactories allein um Trockenraumbedingungen herzustellen bei 25 bis 40 Prozent des gesamten Bedarfs liege. Zudem werde Ausschuss reduziert. Die Erkenntnisse aus AgiloBat sollen es ermöglichen, Batteriezellen flexibel zu fertigen sowie neue Materialsysteme durch industrienahe Fertigung mit kleinen Materialmengen zu erproben.