Die Passat-Gerüchteküche brodelt. VWs Mittelklasse-Ikone soll abgeschafft werden, mutmaßen die einen. Die nächste Generation wird von Ford in der Türkei gebaut prognostizieren die anderen und verweisen vielsagend lächelnd auf die Tatsache, dass die aktuelle Passat-Fertigung in Emden zur Fabrik für Elektromobile umgerüstet wird. Jedenfalls scheint klar, dass noch eine neunte Generation des Kassenschlages auf vier Rädern erscheinen wird. Alles andere würde auch keinen Sinn ergeben. Schließlich wurde der Passat seit 1973 rund 30 Millionen Mal verkauft.

VW-Chef Herbert Diess ist nicht bekannt dafür, bei seinen Entscheidungen sonderlich viel Emotionalität walten zu lassen. Also dürfte den kernigen Alpenländler die glorreiche Historie der Modellbaureihe recht wenig interessieren. Aber der Passat ist nach wie vor bei den Fuhrparkmanagern deutscher Firmen beliebt: Rund 80 Prozent der Kunden ordern das Mittelklasse-Modell als Dienstwagen. Auf diese Volumina wird Volkswagen zukünftig nicht verzichten, auch wenn das Verkaufsvolumen schmilzt. Zumal der VW bei der relevanten Gesamtbetriebskosten die Nummer zwei im Segment ist. Da Businesskunden eher konservativ unterwegs sind, hat sich äußerlich beim Passat vergleichsweise wenig getan. Der Radstand ist identisch geblieben und deswegen auch die Platzverhältnisse, bei denen es ohnehin wenig Grund zur Klage gab. Immerhin gibt es jetzt LED-Matrix Licht und wischende Blinker.

Anders schaut die Sache beim Cockpit aus, das vom Aussehen ebenfalls unverändert geblieben ist, aber mit einer neuen Technik versehen ist. Beim neuen Passat ist die dritte Generation des Modularen Infotainment Baukastens (MIB) verbaut, die gibt schon einen Ausblick auf den Golf VIII und sogar auf das Elektrofahrzeug I.D. Neo. Allerdings ist davon auszugehen, dass bei den beiden Modellen das Infotainment weiterentwickelt sein wird. Dennoch beweist der Passat, dass VW seine Lektionen gelernt hat. Der niedersächsische Autobauer gehörte bislang bei der Bedienung des Unterhaltungsprogramms nie zu den Klassenbesten. Das ändert sich jetzt. Wolfsburg holt in dieser Disziplin auf. Der 9,2 Zoll großen Touchscreen in der Mittelkonsole kann mit kachelartigen Apps nach eigenem Gusto konfiguriert werden und mit einem Druck auf die Icons eröffnen sich weitere Optionen.

Aufgefrischte Motoren

Die Bedienung ist deutlich erkennbar von der Handhabung eines Tablets beeinflusst. Dazu gibt es noch einen Splitscreen und weitere Bildschirminhalte, die mit einer Wischgeste aufgerufen werden können. Die Sprachbedienung ist deutlich verbessert und liefert auch bei umgangssprachlichen Kommandos zuverlässige Ergebnisse. Beim virtuellen Kombiinstrument stehen es jetzt drei Ansichten zur Auswahl. Darunter auch eine vollflächige Kartenansicht. "Die ganz große Bühne" nennt Entwickler Rocco Laurito das Spektakel. Auch die Konnektivität ist deutlich verbessert. Per Cloud ist jetzt auch eine Personalisierung des Fahrzeugs und des Nutzers möglich. Bei den Assistenzsystemen gibt es ebenfalls Neuigkeiten. Man kann den Passat jetzt ganz entspannt mit einer Hand bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h fahren. Die Elektronik hilft. Auch im Notfall. Fällt der Fahrer total aus, schafft es der VW unter Umständen sogar noch auf die Standspur zu wechseln und anzuhalten.

Bei den Motorisierungen -vier Diesel, drei Benziner - reicht die Bandbreite von 88 kW / 120 bis 200 kW / 272 PS. Ein R-Dampfhammer mit über 300 PS ist noch nicht dabei. Dafür ein Zweiliterdiesel mit 110 kW / 150 PS der Baureihe EA 288, der mit dem Zusatz "Evo" versehen. Technologien wie, eine zweigeteilte SCR-Einspritzung oder eine getrennte Kühlung des Zylinderkopfes und des Kurbelgehäuses, um die Emissionen im kalten Motorenzustand zu minimieren werden auch bei der nächstjährigen Abgasnorm Euro 6d zum Einsatz kommen. Diese Probleme hat der Passat GTE mit einer Systemleistung von 160 kW / 218 PS nicht. Die Plug-in-Variante kommt jetzt 55 Kilometer weit - nach dem WLTP-Zyklus gemessen. Legt man die NEFZ-Verbrauchsnorm zugrunde, sind es sogar 70 Kilometer, also 20 Kilometer weiter als bisher.

Ein ganz besonderes Schmankerl übernimmt VW beim Fahrwerk vom Arteon und verfeinert diese Idee. Der Fahrer kann die Charakteristik der Dämpfung in 15 Stufen bestimmen. "Damit konnten wir die Spreizung der Fahrmodi erhöhen. Sowohl auf der sportlichen Seite als auch beim Komfort", erklärt Fahrwerksspezialist Sven Albrecht, dem der Stolz auf diese Eigenentwicklung anzumerken ist. Ab September dieses Jahres kann sich der Autofahrer davon überzeugen, ob dieses Gefühl gerechtfertigt ist.

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