Fords Transit im Werk

Der Ford Transit ist eines der am aufwändigsten herzustellenden Fahrzeuge im weltweitweiten Produktionsnetzwerk von Ford. (Bild: Ford)

Ford Otosan hat erheblich in die Modernisierung der Automatisierung und Digitalisierung seiner Werke in der Türkei investiert, in denen die Nutzfahrzeugreihe des Ford Transit hergestellt wird. Das Joint Venture zwischen Ford und der Koç-Gruppe besteht zwar bereits seit 1997, doch vor allem seit der Eröffnung des jüngsten Produktionszentrums in Kocaeli im Jahr 2014 sind die Stückzahlen weiter gestiegen – und zwar in einem Maße, das ursprünglich nicht geplant war. Gleichzeitig hat sich der Transit zu einem der am komplexesten zu fertigenden Fahrzeuge im globalen Produktionsnetzwerk von Ford entwickelt.

Sowohl das Yeniköy- als auch das Gölcük-Werk am Standort Kocaeli haben von den Modernisierungen profitiert, das Yeniköy-Werk soll im Jahr 2025 über 405.000 Einheiten produzieren. Zusammen stellen sie 75 Prozent der in Europa verkauften Ford-Nutzfahrzeuge her, darunter alle Modelle der Zwei-Tonnen-Baureihe Transit und der Ein-Tonnen-Baureihe Transit Custom. Die Komplexität der Derivate und Komponenten machte jedoch eine stärkere Automatisierung in den Werken erforderlich.

Mehr Automatisierung für mehr Komplexität

„Es gibt mehr als 1.000 Arten von Rohbauderivaten“, sagt Aysan Hosver, Werksleiter von Ford Otosan in Kocaeli. „Einzeltüren, Heckklappe, Frachttür, keine Tür, Van, Kombi, kurzer Radstand, langer Radstand, batterieelektrischer Antrieb, Plug-in-Hybrid- und Verbrennungsmotoren – dieser Grad an Komplexität erfordert definitiv eine Automatisierung. Selbst die Transit-Teile haben Derivate, daher müssen die Mitarbeiter wissen, welches Teil sie einbauen müssen. Von einem Teil kann es 50 oder 60 Versionen geben.“

Dabei geht es nicht nur um Fords markantes blaues Oval, denn in den Werken in Kocaeli werden auch der Transporter, der Bruder des Transit auf der Volkswagen-Plattform, sowie alle seine Derivate produziert. Die Gesamtproduktionszahl für beide Marken zusammen liegt bei über 405.000. Glücklicherweise kann Hosver dies alles auf einem großen digitalen Bildschirm überwachen, der das Gehirn des Manufacturing Execution Systems (MES) darstellt. Der Bildschirm zeigt in Echtzeit den Datenfluss im gesamten Werk an, einschließlich der Produktionsprozesse, der Montage und der Produktionslinien.

„Alle unsere Stationen, Werkzeuge und Geräte sind in eine digitale Plattform integriert, auf der wir die Leistung jeder Station verfolgen“, sagt der Werkleiter. „Das Feedback wird für Predictive Maintenance und für die Produktionsplanungsprogramme gesammelt, denn wir müssen unsere Fahrzeugbestellungen so planen, dass wir mit hoher Kapazität, minimalen Kosten und hoher Effizienz produzieren können. Diese Informationssysteme und die Software-Infrastruktur ermöglichen dies."

Es gibt auch eine Reihe von Closed-Loop-Systemen, die laut Hosver für die Rückverfolgbarkeit und die Überwachung von Daten verwendet werden, wenn es zu Ausfällen kommt oder wenn der Einbauort überprüft werden muss. Im Moment gehe es, so Hosver, noch um die Rückkopplung in die Kapazitäts- und Wartungsprozesse, aber das letztendliche Ziel sei das KI-Level.

Wie hoch ist der Automatisierungsgrad in Kocaeli?

Im gesamten Werk sind mehr als 1.200 Roboter im Einsatz, wobei 89 Prozent der Vorgänge in der Lackiererei automatisiert sind. Dazu gehören das automatische Inspektionssystem für die Oberflächenqualität des Außenlacks, die automatische Analyse und Dosierung sowie eine vollautomatische Versiegelungsanlage.

Im Karosseriebau steigt die Zahl der automatisierten Prozesse auf 98 Prozent, wobei die Mitarbeiter an den Linien nicht berücksichtigt sind. „Wir haben zwei Möglichkeiten, die Automatisierung zu berechnen“, erläutert Aysan Hosver. „Die Prozessautomatisierung beträgt 98 Prozent. Wir haben ein gewisses Maß an automatisierten Regalanlagen durch fahrerlose Transportsysteme und Roboter, aber wir haben auch einige Stationen, die von Bedienern beladen werden, sodass der Gesamtautomatisierungsgrad im Karosseriebau 82 Prozent beträgt."

Automatisierung im „Werk der Zukunft“

Yeniköy wird von Hosver und seinem Team als „Werk der Zukunft“ bezeichnet und stützt sich in hohem Maße auf seine Flotte von FTS, die für den Materialfluss unerlässlich sind. Sie wurden vom Forschungs- und Entwicklungszentrum von Ford Otosan in Istanbul selbst entwickelt und sind auf die Anforderungen des jeweiligen Werks zugeschnitten. Die FTS sind in der Lage, Komponenten zu den einzelnen Stationen auf jeder der Linien zu liefern und können Motoren oder Batterien entladen. Einige FTS können auch Lasten direkt in Fahrzeuge einbauen.

Jedes Bauteil wird mithilfe von QR-Codes rückverfolgt, und die meisten werden mittels FTS und anderen automatisierten Fördersystemen durch das Werk transportiert. Dazu gehören Aufzüge und Hängeförderer, die Stoßstangen, Sitze, Räder oder Reifen bewegen können. Sie befördern auch die Instrumententafeln zu den richtigen Stationen. Wenn es um Letztere gehe, so Hosver, könne die Automatisierung sie zwar an die Linie liefern und sogar beladen, aber die Mitarbeiter an der Linie zögen alles fest, um sicherzustellen, dass sie fest an ihrem Platz sitzen.

Wo die Mitarbeiter wirklich nicht hinkommen, ist die beeindruckende zweite Etage der doppelstöckigen Karosseriebau-Produktionslinie. Sie ist die erste ihrer Art und arbeitet nach Hosvers Worten „ohne Licht“. Der menschenleere Charakter ist auch der Grund, warum die Anlage nur eine begrenzte Durchgangshöhe hat, denn die Roboter stoßen sich nicht versehentlich den Kopf. Menschen betreten den Bereich nur zu Wartungszwecken.

„Wo ein Bereich vollautomatisiert ist, erlauben wir dem Bedienpersonal nicht, in die geschützten Zellen einzudringen, weil dort die Roboter arbeiten", sagt er. „Jeder Mitarbeiter, der dort arbeitet, verriegelt das System, und wenn der Bediener diese Sperre nicht aufhebt, funktioniert das System nicht." Natürlich gibt es auch Bereiche, in denen Menschen und Maschinen zusammenarbeiten, aber auch hier sind es laut Hosver Schutzvorrichtungen und Verfahren, die eine sichere Arbeitsumgebung gewährleisten.

Auch die End-of-Line-Tests und Qualitätskontrollen sind weitgehend automatisiert. Die Fahrzeuge werden in ihre Prüfpositionen geladen, Tests werden durchgeführt. Die Software enthält alle Algorithmen, die zur Überprüfung der zu prüfenden Eigenschaften und Spezifikationen erforderlich sind.

Das plant Ford Otosan für Kocaeli

Laut Güven Özyurt, Chef von Ford Otosan, geht es bei der Automatisierung nicht nur darum, das Beste aus Hard- und Software herauszuholen, sondern auch um den bestmöglichen Einsatz von Menschen.

„Das Ziel des Werks ist es, die Betriebszeit zu maximieren, und dafür muss man die Infrastruktur für die Konnektivität schaffen“, sagt er. „Man sollte Maschinen in die Lage versetzen, miteinander zu kommunizieren und Daten zu erzeugen, die sofort gespeichert werden. Daraus resultierende Algorithmen können Ausfälle und Qualitätsprobleme vermeiden und den Betriebsteams mehr Informationen zur Verfügung stellen, sodass sie den Betrieb der Anlage weiter optimieren können.“

Die Werke in Kocaeli werden auf jeden Fall fortentwickelt. Unter anderem ist geplant, eine geräuschlose Fabrik mit kabellosen und wiederaufladbaren Bohrern anstelle von pneumatisch betriebenen Geräten zu errichten. Für das Jahr 2025 wird erwartet, dass im 255.000 Quadratmeter großen Werk Yeniköy 405.000 Fahrzeuge der Marken Ford und Volkswagen produziert werden. Dort werden 6.600 Mitarbeiter in mehreren Schichten arbeiten und sich die Verantwortung für die Produktion dieser Fahrzeuge mit einem automatisierten, ständig lernenden System teilen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei unserem englischen Schwestermagazin automotive manufacturing solutions. Das englische Original finden Sie hier.

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