VW ID-Buzz Achsen und Elektroantrieb Produktion

Der Standort Kassel entwickelt hochqualitative Gusskomponenten für künftige Fahrzeugmodelle des Volkswagen Konzerns. (Bild: Volkswagen)

Um im Angesicht der hohen Geschwindigkeit chinesischer Wettbewerber nicht völlig den Anschluss zu verlieren, setzen europäische Automobilhersteller derzeit auf entschlossene Modelloffensiven: Volkswagen beispielsweise kündigte im Rahmen der Auto China 2024 ganze 30 neue Modelle bis 2030 an. Darunter fünf E-Autos der neuen Submarke ID.UX für den chinesischen Markt, die bis 2027 ihr Marktdebüt feiern sollen und die ID-Familie auf eine Produktpalette von insgesamt 16 Modelle wachsen lassen.

Der Ausblick auf viele Aufträge für E-Antriebe dürfte besonders den zweitgrößten deutschen Volkswagen-Standort im nordhessischen Baunatal nahe Kassel freuen. Als reines und größtes Komponentenwerk des Automobilkonzerns mit einer Fläche von mehr als drei Millionen Quadratmetern und mehr als 16.000 Beschäftigten ist der Standort auf Getriebe und Karosserieteile spezialisiert. Im Rahmen des Performance Programms der Group Components soll das Werk zukünftig in seiner Rolle als wichtiges Konzernzentrum für den elektrischen Antriebsstrang gestärkt werden. Das 1958 fertiggestellte Fertigungswerk war in den 1970ern in die Getriebefertigung eingestiegen und ist als einer der ersten Volumenhersteller um 2003 herum in die Direktschaltung eingestiegen. Außerdem stammten Volkswagens erste Hybrid- und Elektro-Antriebe ebenfalls aus den Kasseler Hallen.

Kassel wird zum Elektro-Treiber im VW-Konzern

Kassel habe sich vom Getriebewerk zu einem Systemlieferanten für E-Antriebe entwickelt und avanciere schließlich zum Leitstandort für Leistungselektronik, heißt es von Seiten des Autobauers. Dabei soll sich der Standort unter anderem auf die Weiterentwicklung der Leistungselektronik fokussieren. Laut Volkswagen werden daher die Prototypen der Pulswechselrichter für die kommenden E-Antriebe vor Ort produziert. Man optimiere auf diesem Wege Entwicklungsprozesse, verkürze Fertigungszeiten und stärke die Expertise des gesamten Komponentenwerks. „Das Ziel ist, sich als zentraler Treiber der Elektromobilität im Konzern weiter zu etablieren“, kommentiert Jörg Fenstermann, Werkleiter des Volkswagen Group Components-Standorts in Kassel. Derzeit produziert das Komponentenwerk rund eine Millionen E-Antriebe jährlich, die bisher lediglich einen Anteil von zehn Prozent am gesamten Jahresabsatz ausmachen.

Um die Fähigkeiten und das Know-how der Mitarbeitenden für die Transformation hin zur Elektromobilität weiter zu nutzen, werden diese für die Produktion von Aktivkomponenten, etwa die Montage der Statoren für künftige E-Antriebe qualifiziert. Dazu entstehen die ersten Fertigungslinien auf der Fläche der Abgasanlagenfertigung. Damit setze man ein klares Signal für eine zukunftsfähige und nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens, heißt es von Seiten Volkswagens. Zudem strebe man an, die Produktion bis spätestens 2040 CO2-neutral zu gestalten. Kassel als größter Komponenten-Standort habe hierzu mit wissenschaftlicher Unterstützung der Universität Kassel individuelle Entwicklungspläne für die Fertigungsbereiche erarbeitet.

Volkswagen Standort Symposium Kassel, 2022
Die Antriebe auf Basis der MEB-Elektroarchitektur kommen bereits für den ID.3, Audi Q4 oder Skoda Enyaq zum Einsatz und soll im Anschluss einer Modernisierung bis zum Jahr 2028 knapp 70 Modelle tragen. (Bild: Volkswagen / Ricardo Wiesinger)

Kompetenz-Center für Großgussteile eröffnet

Auch Kassels Vorreiterrolle als größte, europäische Gießerei für Druckgussverfahren, die jährlich rund 62.000 Tonnen Leichtmetall verarbeitet, will der OEM weiter ausbauen und eröffnete hierfür zu Beginn des Jahres das Kompetenz-Center Großguss. In der Leichtmetall-Gießerei werden Getriebegehäuseteile aus Aluminium sowie große Strukturteile für Fahrzeugkarosserien hergestellt. Große Gussteile, die zahlreiche Einzelteile (etwa aus Stahl) ersetzen, sind derzeit gefragt. Im sogenannten Giga- oder Megacasting-Verfahren stellen bereits Tesla und Volvo mit Hilfe großer Anlagen Karosseriebauteile her, die Komponenten quasi “in einem Schuss“ herstellen können. Mit zunehmender Elektrifizierung des Antriebsstrangs bietet es sich auch an, in diesem Verfahren Komponenten der E-Mobilität herzustellen.

Bei dem Bauteil, das Volkswagen in Zukunft per Großguss am Standort Kassel fertigen will, handelt es sich um ein Hochvolt-Batteriegehäuse. Dieses bestand bisher aus 122 Einzelteilen, die zuvor hauptsächlich aus Strangpressprofilen gefertigt wurden. Mit dem neuen Verfahren lässt es sich nun in einem Guss erzeugen. Das aufwendige Gussverfahren erfolgt auf einem Drei-Plattenwerkzeug mit Anguss aus der Mitte, was laut Volkswagen eine Weiterentwicklung zu den vorherigen Großgussteilen darstellt.

VW-Kassel als Herzstück der Original-Teile-Logistik

Für die weltweite Versorgung der Konzernfahrzeuge mit Original-Teilen ist der Konzern After Sales verantwortlich, der bereits im Jahr 1958 mit der Aufbereitung gebrauchter Motoren und Getriebe begann. Der After Sales betreibt die Original-Teile-Center (OTC) in Kassel, die östlich der A 49 im Jahr 1992 mit dem OTC 1 in Betrieb genommen und seitdem kontinuierlich erweitert wurden (Original-Teile-Center 1 bis 5), FIB (Center für Fahrzeugintelligente Bauteile) sowie verschiedene Lagerhallen und ist als erstes Weltdepot des Konzerns das Herzstück der weltweiten Original-Teile Logistik. Auf einer Lagerfläche von mehr als einer Millionen Quadratmeter ist das Sortiment an Original-Teilen der Konzernmarken Volkswagen, Audi, Volkswagen Nutzfahrzeuge, Seat, Skoda, Porsche, Bentley, Bugatti und Lamborghini mit rund 475.000 Sortimentspositionen untergebracht. Es erfolgen Lieferungen in mehr als 228 Länder. Jährlich werden weltweit mehr als 23 Millionen Auftragspositionen, davon allein rund fünf Millionen in Deutschland, abgewickelt.

14. Fachtagung: Technische Sauberkeit

Mittlerweile zum 14. Mal fand die Fachtagung Technische Sauberkeit in Montage- und Produktionsprozessen unter großem Anklang statt. Zu Gast waren 120 Teilnehmer & 12 Aussteller in Baunatal. Nachdem die Fachtagung per Keynote zu Grenzwerten und einem Diskussionspanel zur Risikoabschätzung der TECSA eröffnet wurde, haben sich die Teilnehmenden in kleinere Workshop-Gruppen aufgeteilt. Als Highlight des ersten Tages folgte eine Werksführung inklusive spannender Fachvorträge im Volkswagen Group Components Werk Kassel.

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