Übernimmt jetzt Foxconn?

Nissan beendet 2028 die Produktion im Oppama-Werk

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Das Nissan-Werk Oppama stellt seit 1961 Fahrzeuge her. Berühmtester Spross ist vielleicht der Stromer-Pionier Leaf.
Das Nissan-Werk Oppama stellt seit 1961 Fahrzeuge her. Berühmtester Spross ist vielleicht der Stromer-Pionier Leaf.

Nissan wird die Fertigung in seiner Heimat-Fabrik Oppama im März 2028 beenden. Die Produktion der bislang und künftig dort hergestellten Modelle soll dann ins Werk Kyushu verlagert werden. Kommt jetzt Auftragsfertiger Foxconn ins Spiel?

Nissan wird im Rahmen seines Umstrukturierungsprogramms Re:Nissan die Produktion im Oppama-Werk in der Präfektur Yokosuka bis zum Ende des Geschäftsjahres 2027 (März 2028) beenden. Aktuell und zukünftig dort gefertigte Modelle sollen dann im Werk Kyushu, in der Präfektur Fukuoka, hergestellt werden. Andere Nissan-Einrichtungen im Raum Oppama, wie zum Beispiel das dortige Entwicklungszentrum oder eine Crashtest-Anlage, bleiben laut Nissan von der Maßnahme unberührt.

„Nissan hat heute eine schwierige, aber notwendige Entscheidung getroffen“, sagte Nissans neuer CEO Ivan Espinosa. „Sie war nicht einfach – weder für mich noch für das Unternehmen – , aber ich glaube, dass sie ein wichtiger Schritt ist, um unsere aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und eine nachhaltige Zukunft aufzubauen.“

Wie es nach dem Aus für die Produktion für das Oppama-Werk weitergeht, ist offen. Nissan teilte mit, dass man aktuell „zahlreiche Optionen“ prüfe, „um den bestmöglichen Weg“ zu finden. Mitarbeiter, die momentan im Werk beschäftigt seien, blieben dies auch bis zum Ende der Produktion im März 2028, so Nissan.

Nissan-CEO Espinosa, der im März 2025 den gescheiterten Makoto Uchida beerbte, hat ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm angestoßen, das unter anderem vorsieht, die Zahl der weltweiten Montagewerke von 17 auf 10 zu reduzieren. Das seit 1961 laufende Werk in Oppama mit 3.900 Beschäftigten galt lang als eines der Gefährdeten. Trotz einer Jahreskapazität von 240.000 Fahrzeugen sank die Auslastung dort im vergangenen Jahr auf lediglich 40 Prozent und lag damit weit unter den für die Rentabilität erforderlichen 80 Prozent. In Yokosuka wird unter anderem der vollelektrische Nissan Leaf hergestellt.

Foxconn strebt Produktion in Japan an

Zuletzt gab es Medienberichte, wonach Nissan in Gesprächen mit dem taiwanesischen Auftragsfertiger Foxconn über eine mögliche Umnutzung des Oppama-Werks sei. Demnach könnte Foxconn Teile der Fertigung übernehmen und selbst E-Autos dort produzieren. Das Unternehmen, das offiziell Hon Hai Precision Industry heißt und vor allem als Auftragsfertiger für Apple zweifelhaften Ruhm erlangte, expandiert seit ungefähr sechs Jahren auch im Markt für Elektrofahrzeuge. Ähnlich wie in der Unterhaltungselektronik hat Foxconn ein Auftragsfertigungsmodell etabliert und Partnerschaften mit Automobilherstellern geschlossen.

Im Jahr 2024 erwarb Foxconn eine 50-prozentige Beteiligung an einer Fahrwerk-Tochter von ZF. In Japan unterzeichnete Foxconn eine Vereinbarung zur Belieferung von Mitsubishi Motors mit elektrischen Pkw und bereitet sich auch auf die Lieferung von Elektrobussen an Mitsubishi Fuso vor.

Der Zugang zu einer Anlage wie Oppama würde dem Unternehmen eine fertige Produktionsbasis bieten und die Beziehungen zu den japanischen Automobilherstellern stärken. Der diskutierte Plan sah bislang vor, dass Foxconn den Standort Oppama für die Herstellung seiner eigenen Elektrofahrzeuge nutzt, während Nissan überschüssige Kapazitäten durch die Zuweisung ungenutzter Produktionslinien beisteuern würde.

Politische Vorsicht und strategisches Kalkül

Obwohl der Vorschlag eine klare wirtschaftliche Logik hat, ist er auch politisch heikel. Die japanische Politik ist seit jeher vorsichtig gegenüber ausländischem Einfluss in den Kernindustrien des verarbeitenden Gewerbes, insbesondere wenn es sich um strategische Akteure wie Nissan handelt.

Nichtsdestotrotz könnte die Vereinbarung letztendlich als ein pragmatischer Kompromiss angesehen werden. Beschäftigte im Oppama-Werk könnten auch nach Ende der Nissan-Produktion am Standort weiterarbeiten, dann eventuell im Rahmen eines Joint Ventures mit Foxconn oder gleich für das Unternehmen aus Taiwan. Damit könnte auch die regionale Lieferkette in Teilen aufrechterhalten werden. Für Foxconn böte sich ein Einstieg in einen kritischen Automobilmarkt, in dem einheimische OEMs traditionell eher ablehnend gegenüber externen Produktionspartnerschaften sind.

Was will Foxconn in der Autoindustrie?

Foxconn
.

Wer?
Foxconn – Weltgrößter Elektronikfertiger, bekannt durch die Produktion von iPhones

Was?
Ein Einstieg in die Elektromobilität mit eigener Fahrzeugmarke Foxtron und der offenen Plattform MIH

Ziele:

  • Eigene E-Autos: Limousinen, SUVs, Kleinbusse
  • MIH-Plattform als „Android der Autoindustrie“
  • Bis 2027: Komponenten & Services für jedes 10. E-Auto weltweit

Strategie:
✔ Joint Ventures mit Autoherstellern
✔ Fokus auf Software-defined Vehicles
✔ Ausbau als Technologie- und Dienstleistungsanbieter

Warum relevant?
Foxconn will nicht nur fertigen, sondern die Zukunft der Mobilität aktiv mitgestalten

Eine Antwort auf den globalen Gegenwind

Die potenzielle Partnerschaft spiegelt auch den zunehmenden internationalen Druck wider, mit dem japanische Automobilhersteller konfrontiert sind. Nissan hat bereits davor gewarnt, dass die US-Zölle von US-Präsident Donald Trump seinen Betriebsgewinn in diesem Geschäftsjahr um bis zu 450 Milliarden Yen (2,7 Milliarden Euro) verringern könnten.

Als Reaktion darauf passt das Unternehmen seine Produktionskapazitäten an, senkt die Fixkosten und überdenkt seine Kapitalverteilung. Die Umnutzung bestehender Infrastrukturen anstelle von Schließung könnte sich als effizienterer Weg erweisen. Ein Zusammenschluss mit Foxconn könnte sowohl die finanzielle als auch die strategische Entlastung bieten, die in dieser Übergangsphase erforderlich ist. Gleichzeitig liefert er einen Ausblick auf die sich entwickelnde Dynamik zwischen etablierten Herstellern und neuen Marktteilnehmern.

Die Ursprungsversion des Artikels erschien bei ams.