
Jürgen Guldner, General Program Manager Hydrogen bei BMW, erläutert am Rande der Hydrogen Mobility Tech Conference in München BMWs Schwerpunkte bei der Wasserstoff-Mobilität.
BMW treibt seine technologieoffene Strategie weiter voran: Neben der reinen batterieelektrischen Mobilität halten die Bayern ihren Fokus auf die Brennstoffzelle im Pkw-Bereich aufrecht. Unter anderem soll spätestens 2028 ein eigenständiges, gemeinsam mit Toyota entwickeltes Wasserstoff-Modell auf den Markt kommen.
Im Interview mit Automobil Produktion erklärt Jürgen Guldner, General Program Manager Hydrogen bei BMW, warum die Brennstoffzelle dem Wasserstoff-Verbrenner im Pkw überlegen ist, was das Unternehmen aus früheren Projekten wie dem Hydrogen 7 gelernt hat – und wann ein Serienmodell kommt. Schon heute testet BMW die Technologie mit der iX5-Hydrogen-Flotte weltweit im Alltagseinsatz. Auch in der Produktion und Logistik spielt Wasserstoff eine immer größere Rolle. Ein Gespräch über Antriebsstrategien, Infrastruktur und die nächste Stufe der Elektromobilität.
Herr Guldner, BMW verfolgt bekanntlich einen technologieoffenen Ansatz. Gilt das auch weiterhin für beide Wasserstoff-Technologien – Brennstoffzelle und Wasserstoff-Verbrennungsmotor?
Ja, wobei wir die Wasserstoff-Verbrennung derzeit ausschließlich im Nutzfahrzeugbereich, also bei Lkw in der Logistik, einsetzen. Aktuell testen wir beide Technologien parallel im täglichen Betrieb. Für den Pkw-Bereich ist aus unserer Sicht die Brennstoffzelle die klar sinnvollere Lösung, weil sie eine deutlich höhere Effizienz bietet. Der begrenzte Bauraum für die Wasserstofftanks im Pkw limitiert direkt die Reichweite. Und da schneidet der Wasserstoff-Verbrenner im Vergleich zur Brennstoffzelle einfach zu schlecht ab.
BMW hatte in der Vergangenheit auch Pkw mit Wasserstoff-Verbrenner, etwa den Hydrogen 7. Was hat man daraus gelernt?
Das war ein faszinierendes Technologieprojekt. Der Hydrogen 7 konnte sowohl mit Benzin als auch mit Wasserstoff betrieben werden – das war damals einzigartig. Was wir daraus gelernt haben, war, dass wenn man im Pkw emissionsfrei unterwegs sein will, der Weg über die Elektromobilität und die Brennstoffzelle führt.
Aktuell erprobt BMW mit der Pilotflotte des iX5 Hydrogen den Brennstoffzellenantrieb im Alltag. Was steckt hinter dem Projekt?
Mit der Pilotflotte wollten wir die komplette Entwicklung eines Brennstoffzellenfahrzeugs einmal durchspielen. Wir kooperieren dabei seit 2013 mit Toyota – die einzelnen Brennstoffzellen stammen von Toyota, aber das restliche Brennstoffzellen-System, die Tanks, Batterie, Antrieb und Integration ins Fahrzeug, wurde von BMW entwickelt. Viele Komponenten stammen aus deutscher Fertigung, etwa aus unserem Technologiezentrum in Landshut. Das Stacking und die Montage des Brennstoffzellensystems erfolgte in unserem Prototypenbau in Garching bei München.
Was war das Ziel dieser Pilotflotte?
Neben der technischen Validierung ging es auch darum, Akzeptanz zu schaffen. Wir waren mit der Flotte in über 20 Ländern unterwegs, haben nicht nur der Presse, sondern auch lokalen Stakeholdern, Firmen und Initiativen wie Wasserstoff-Valleys die Fahrzeuge vorgestellt. Das Feedback war enorm – viele sehen darin eine gesellschaftlich relevante Technologie.
Wie geht es jetzt weiter?
Wir haben die Kooperation mit Toyota ausgebaut und planen für 2028 den Marktstart eines Serienmodells mit Brennstoffzellentechnologie. Welches Modell es sein wird und wo wir es bauen, ist noch offen. Das werden wir zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.


Für den Pkw-Bereich ist die Brennstoffzelle die klar sinnvollere Lösung, weil sie eine deutlich höhere Effizienz bietet. Der begrenzte Bauraum für die Wasserstofftanks im Pkw limitiert direkt die Reichweite. Und da schneidet der Wasserstoff-Verbrenner im Vergleich zur Brennstoffzelle einfach zu schlecht ab.
Welche Kriterien fließen in die Modellentscheidung ein?
Technische Machbarkeit ist ein Punkt, vor allem die Integration des Brennstoffzellensystems. Aber genauso wichtig ist das Nutzungsprofil bzw. -verhalten: Für welche Kundengruppen bietet der Wasserstoffantrieb einen Vorteil? Daraus ergibt sich, welches Modell infrage kommt.
Wird es ein komplett neues Modell sein oder basiert es auf bestehenden Baureihen?
Der Brennstoffzellenantrieb wird in eines unserer bestehenden Modelle integriert. Damit bieten wir zum einen unseren Kunden mehr Auswahl bei alternativen Antriebskonzepten und können zum anderen effizient und gleichzeitig flexibel produzieren.
Und planen Sie langfristig mit mehreren Modelle mit Brennstoffzelle?
Zunächst starten wir mit einem Modell in 2028. Je nach Marktentwicklung und Kundenakzeptanz könnten weitere Varianten folgen. Aber für den Anfang fokussieren wir uns klar auf diesen ersten Schritt.
BMW setzt Wasserstoff nicht nur im Fahrzeug ein, sondern auch in der Produktion, etwa in Leipzig. Welche Rolle spielt Wasserstoff hier?
In Leipzig testen wir den Wasserstoffeinsatz in verschiedenen Bereichen – in der Lackiererei, bei Flurförderfahrzeugen und in der Logistik mit Wasserstoff-Lkw. Ziel ist herauszufinden, wo Wasserstoff gegenüber batterieelektrischen Lösungen Vorteile bietet, beziehungsweise wie Wasserstoff Erdgas ersetzen kann.
Ein kritischer Punkt für die Wasserstoffmobilität ist die Tankstelleninfrastruktur. Wie engagiert sich BMW hier?
Das Thema ist in der Tat entscheidend. Wir sehen uns dabei nicht nur als Nutzer, sondern als aktiver Gestalter und arbeiten mit verschiedenen Partnern zusammen. Jetzt im März haben wir auf der Hydrogen Mobility Tech Conference eine Kooperation mit TEAL Mobility angekündigt – einem Joint Venture von Total Energies und Air Liquide. Fokus dieser Partnerschaft ist es, gemeinsame Untersuchungen zur Etablierung von Wasserstoff-Tankstellen, einschließlich 700-bar-Betankung für Pkw, in relevanten Ballungsräumen in Deutschland und Europa durchzuführen. Darüber hinaus werden Möglichkeiten für den Einsatz von Wasserstoff-Lkw in der Logistik von BMW geprüft. Perspektivisch brauchen unsere Kunden eine verlässliche Infrastruktur.
Es gibt derzeit Diskussionen über unterschiedliche Tankdrücke – 350, 700 bar oder Flüssigwasserstoff. Wie sieht BMW das?
Für Pkw setzen wir konsequent auf den weltweiten Standard 700 bar. Im Nutzfahrzeug-Bereich ist das Bild noch uneinheitlich: Es gibt Ansätze mit 350 bar, 700 bar oder auch Flüssigwasserstoff. Aus unserer Sicht wird es, ähnlich wie heute bei Benzin und Diesel, künftig auch bei Wasserstoff mehrere Varianten an Tankstellen geben. Wobei der Wasserstoff an sich immer der gleiche ist, nur der Aggregatzustand kann abhängig vom Nutzfahrzeug sein.
Was ist aus Ihrer Sicht das wichtigste Argument für den Wasserstoff-Pkw?
Unsere Pilotflotte hat gezeigt: Es gibt Kundinnen und Kunden, für die batterieelektrische Mobilität nicht praktikabel ist – etwa wegen langer Strecken, Ladeinfrastruktur oder dem Nutzungsverhalten. Diese Menschen wollen aber trotzdem emissionsfrei fahren. Für sie bietet Wasserstoff eine überzeugende Lösung – mit elektrischem Fahrgefühl und dem Komfort schneller Betankung mit vergleichbaren Tankzeiten wie bei Benzin und Diesel.
Zur Person:

Jürgen Guldner erhielt 1992 einen MS in Elektrotechnik von der Clemson University, SC, und 1995 einen Doktortitel in Steuerungstechnik und Robotik von der Technischen Universität München. Nach einem Postdoc-Aufenthalt im Rahmen des PATH-Programms an der University of California in Berkeley, Kalifornien, trat er in die BMW Technik GmbH ein, wo er Forschungsprojekte zu By-Wire-Systemen in Kraftfahrzeugen leitete. Im Jahr 2001 wechselte er in das Forschungs- und Entwicklungszentrum der BMW AG, wo er die Advanced Engineering Group für Fahrwerksregelsysteme leitete. Von 2006 bis 2010 war Guldner als Chefingenieur an der Entwicklung des ersten Hybridfahrzeugs von BMW, dem ActiveHybrid X6, beteiligt. Nach weiteren leitenden Funktionen in der Fahrwerksforschung übernahm er 2018 das Wasserstoff-Forschungsprogramm des Konzerns und ist seit 2022 gesamtverantwortlich für das Thema Wasserstoff bei der BMW Group.