AUTOMOBIL PRODUKTION: Mit dem VW I.D. verspricht Volkswagen bis zum Jahr 2020 eine rein elektrische Reichweite von bis zu 600 Kilometern. Ist das ein echtes Versprechen oder eine bloße Absichtserklärung?
Ein Versprechen. Wir hören unseren Kunden genau zu und merken, dass Fahrzeuge mit einer Reichweite von 200 Kilometern eher als Zweitwagen und lediglich im urbanen Bereich genutzt werden. Mit einer Reichweite von 300 bis 400 Kilometern beginnt der Einstieg in die Alltagsmobilität und bei 600 Kilometern hinterfragen die Menschen sogar die Notwendigkeit eines Plug-in-Hybrids, weil das Fahrzeug voll langstreckentauglich ist.

 

AUTOMOBIL PRODUKTION: Das bedeutet?
Unser Ziel ist es, Weltmarktführer in der Elektromobilität zu werden und mehr als eine Million Elektro-Autos zu verkaufen. Das heißt aber auch, dass wir in das Segment der Erst-Fahrzeuge gehen müssen, die für Familien und Geschäftsleute voll nutzbar sind. Wer heute einen Golf kauft, muss morgen auch einen I.D. kaufen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Da ist aber VW nicht der einzige Hersteller …
Die Reichweite ist der wesentliche Faktor für den Erfolg. Deshalb entwickeln wir eine neue Plattform, einen komplett neuen Baukasten für Elektromobilität. Die Fahrzeuge müssen um die Batterie herum konzipiert sein -  nur so lassen sich Speicher integrieren, die groß genug sind, um die Anforderungen an Reichweite zu erfüllen. Wie das aussehen wird, sehen Sie am I.D. Wir schieben die Achsen weit auseinander, um möglichst viel Platz für eine geeignete Batterie zu haben. Die ist nicht nur groß, sondern auch eine Prinzip-einfache Batterie, denn unser Ziel ist es nicht, nur genügend Reichweite anzubieten, sondern diese auch bezahlbar zu machen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Von welcher Größenordnung reden wir da?
In den Komponenten des elektrischen Antriebs, werden wir 2020 rund 30 Prozent im Vergleich zu heutigen Fahrzeugen einsparen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie soll diese Batterie aussehen?
Der MEB wird eine flache Batterie haben, bei der man wie Schokoladenriegel die Module einlegen kann. Auch die Verschaltungsart wird vereinfacht - so können wir die Kosten reduzieren. Außerdem können wir die Batterien so ohne viel Aufwand in der Größe skalieren. Wir werden Reichweite als Sonderausstattung anbieten, genauso wie heute es bei den Motorvarianten der Fall ist.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche Anforderungen haben Sie an die Batterie?
Die Batterie muss zunächst einmal robust sein. Das bezieht sich im Wesentlichen auf die Zellen. Und sie soll am Ende kostengünstig sein. Dafür haben wir die gesamte Wertschöpfungskette der Batterieproduktion durchdacht und arbeiten aktuell an der Optimierung.

AUTOMOBIL PRODUKTION:: Betrifft die Modularität auch die Zellform und -Art?
Das ist ja genau die Kunst eines modularen Konzepts. Wir haben bestimmte Rahmenbedingungen, in denen wir uns frei bewegen können. Das betrifft auch die Zellen und wir schließen explizit kein Zellformat aus.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was ist denn der besondere Kniff am MEB?
Zwei Sachen heben den MEB in die nächste Liga. Das sind zum einen die skalierbare Reichweite und zum anderen die neue Elektronik-Architektur. Es wird ein Tablet auf Rädern sein, damit wir den Bedürfnissen der Kunden gerecht werden.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche sind das?
Die Menschen sind heute von intelligenten Geräten, wie Mobiltelefonen, Tablets, Fernsehern oder auch Küchengeräten umgeben. Das Auto muss ein intelligentes Gerät werden und alle Apps, die wir gewohnt sind, müssen auch im Fahrzeug funktionieren. Das VW-Elektrofahrzeug automatisierte Fahrfunktionen mit auf den Weg bekommen. Ebenso wird es einen App-Store von Volkswagen geben. Das erleichtert Updates und lässt die Geräte in der Wahrnehmung der Menschen weniger schnell altern. Diese Umfänge entwickeln wir übrigens mit anderen Automobilherstellern zusammen und schaffen so mehr Standardisierung.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Da kommt mir sofort die Sicherheit in den Sinn …
Ja, das Thema Sicherheit ist natürlich sehr wichtig. Datensicherheit, Ausfallssicherheit, Diagnosefähigkeit und Funktionssicherheit werden bei diesem Auto hochrelevant werden. Wir lösen diese Probleme und schlagen damit eine Brücke in das digitale Zeitalter. Wir werden deutlich weniger Steuergeräte haben, als ein heutiger VW, bei dem etwa 40 verbaut sind. An deren Stelle werden starke Rechner mit größeren Speichern treten. Das ist vor allem für die Updates wichtig, mit denen der Kunde sich verschiedene Funktionen nachladen kann.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Das passt in die VW-Strategie …
Wir glauben, dass das Elektrofahrzeug nur dann erfolgreich sein kann, wenn nicht nur der Antrieb emissionsfrei ist, sondern auch Digitalisierung und die Service-Orientierung zu Ende gedacht und umgesetzt werden. Deswegen ist das Tablet-auf-Rädern-Konzept so wichtig. Das Auto muss also zum Element einer Service-Kette werden. Das bedeutet auch, dass das Internet nicht ins Auto kommt, sondern das Auto ins Internet.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wird das Auto dann auch Teil des Stromnetzes sein?
Ja. Damit wird die intelligente Ladesteuerung elementar. Da sich der e-Mobilitätsmarkt in jedem Land anders entwickeln wird, brauchen wir offene Software-Architekturen, um die Autos in das jeweilige Stromnetz integrieren zu können.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Lassen Sie uns über die Strategie sprechen. Herr Müller hat 30 Elektroautos bis 2025 angekündigt, sind das alles neue Modelle oder Derivate?
Wir werden einige Fahrzeuge auf bestehenden Architekturen herausbringen. Aber ein großer Anteil wird auf dem MEB basieren.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche Bandbreite hat denn der MEB?
Mit dem MEB decken wir eine Skalierung von unterhalb des Golfs bis hin zum Passat oder Tiguan ab.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie wollen Sie dann gegen Konkurrenten, wie Tesla, die jetzt schon in der E-Mobilität unterwegs sind und Erfahrungen sammeln, bestehen?
Wir respektieren die Arbeit, die Tesla leistet. Aber Volkswagen ist ebenfalls leistungsfähig. Für uns spricht die umfassende Erfahrung mit der Industrialisierung von Technik und deren Verarbeitung. Zum Beispiel werden wir die Elektromobilität in die bestehenden Produktionsanlagen integrieren. Dies wird notwendig, da wir 2020 sofort ins Großvolumen gehen und die Anzahl der Autos sehr schnell hochfahren werden.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Worauf kommt es da an?
Für uns ist die gesamthafte Integration der neuen Technik wichtig. Volkswagen muss vor allem bei der Batterie die gesamte Wertschöpfungskette verstehen. Aus meiner Sicht sind wir noch lange nicht am Ende der Batterietechnik angekommen. Wir sind aktuell im Zeitalter von Lithium-Ionen, es bahnen sich jetzt schon die nächsten Technologien an. Die müssen wir beherrschen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche Rolle spielt der Elektromotor?
Die Entwicklung des E-Motors ist noch nicht zu Ende. Aber wir müssen zunächst den Elektromotor im Zusammenspiel mit der Leistungselektronik deutlich günstiger machen. Auch hier hilft uns der MEB. In diesen lässt sich die Leistungselektronik preiswert integrieren.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Also bleibt es auch bei der E-Mobilität bei der altbekannten VW-Strategie: „Wir kommen spät, aber richtig“?
Dieser Satz gefällt mir.

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