
In einem Land, in dem es beim Autofahren vor allem auf Geländegängigkeit ankommt, ist der Toyota Prius das meistverkaufte Modell. (Bild: Thomas Geiger / Collage)
Da drei G-Klassen, dort eine S-Klasse und daneben sogar ein EQS – auf den ersten Blick sieht es bei der MSM Group auf der Chinggis Khan Avenue in Ulan Bator aus wie bei einem Mercedes-Händler in Ulm oder Udine – nur dass der Betrieb der einzige ist in der Mongolei. Und auch die Konkurrenz ist rar. Denn in dem Binnenstaat zwischen Russland im Nord-Westen und China im Süd-Osten gibt es insgesamt gerade mal zwei Dutzend Autohäuser auf einer Fläche viermal so groß wie Deutschland.
Und auch wenn die rund 3,3 Millionen Mongolen seit Jahren im Wirtschaftsboom leben und die Zulassungszahlen zuletzt um ein Drittel gestiegen sind, gibt es wohl kaum ein Flächenland, in dem so wenig neue Autos verkauft werden wie hier. Schließlich meldet die Mongolian Automobile Distributers Association für 2024 gerade mal 11.254 Verkäufe – und zählt dabei alles als neu, was nicht älter als zwei Jahre ist. In dieser Statistik ist Toyota ganz vorn, gefolgt von einer Handvoll Chinesen.
Geländewagen sind gefragt
Doch zumindest unter den wenigen Marken aus dem Westen, die hier offiziell vertreten sind, strahlt der Stern am hellsten und MSM kommt auf solide dreistellige Stückzahlen, sagt Matthew Metz, der das sechs Marken starke Autogeschäft bei MSM leitet – selbst wenn auch er mittlerweile mehr BYD verkauft als Benz. Kein Wunder: VW und Audi zum Beispiel sind gar nicht im Land vertreten, und BMW oder Porsche finden kaum Anklang, weil man hier keine SUV kauft, sondern echte Geländewagen.
Schließlich fahren selbst die rund 1,6 Millionen Einwohner der Hauptstadt tagein tagaus oft genug über Schotterpisten statt über gut ausbebaute Durchgangsstraßen und bis auf je eine Magistrale pro Himmelsrichtung sind auch die meisten Strecken über Land nicht asphaltiert und oft genug nicht einmal ordentlich angelegt. Das erklärt auch, weshalb der Toyota Land Cruiser seit Jahren ganz oben steht in der Zulassungstabelle.
Bislang hat das Land, das lange unter dem Einfluss der Sowjetunion stand und jetzt wirtschaftlich von gleich beiden Nachbarn abhängig ist, noch keine großen Spuren auf der automobilen Weltkarte hinterlassen. Denn es gibt keine Produktion im Land, weder für Komponenten noch für Fahrzeuge, sagt Metz. Doch das ändert sich bald. Der usbekische Fahrzeugbauer UZmotors plant für 2028 angeblich ein Zweigwerk in der Mongolei und im Süden des Landes läuft gerade die Kupfermine Oyu Tolgoi hoch, aus der Bergbaugigant Rio Tinto bald das Kupfer für täglich 16.400 neue Elektroautos aus dem Boden holen will.
Warum ist der Prius ein Erfolg in der Mongolei?
„Weil die Mongolei als eines der letzten asiatischen Länder keine Schadstoffnormen kennt, hat sie sich wie sonst nur einige Staaten in Afrika zur Restrampe für die Japaner entwickelt“, sagt Metz: „Zwei Drittel der neu zugelassenen Autos sind deshalb zehn Jahre und älter.“ Und auch deren Statistik wird angeführt von einem Toyota. Allerdings von einem, den ausgerechnet hier nun wirklich keiner erwartet hätte. Dem Prius. Der Hybrid ist das am weitesten verbreitete Auto überhaupt in der Mongolei und dominiert in allen Generationen und Aufbauvarianten das Straßenbild. Und zwar nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch auf den einsamen Pisten in der Wüste Gobi oder auf den Eisseen im Norden nahe der russischen Grenze ist der Teilzeitstromer die erste Wahl. Selbst als landwirtschaftliches Nutzfahrzeug wird er bisweilen eingesetzt.
Das liegt allerdings nicht an einem gesteigerten Umweltbewusstsein der Mongolen, die ihre Straßen und Pisten weithin sichtbar mit Müll pflastern und die Rußwolken ihrer antiquierten Kohlekraftwerke weitgehend ungefiltert in den Himmel schicken. Und auch die Effizienz des Antriebs ist kein Thema in einem Land, in dem der Liter Benzin umgerechnet rund einen Euro kostet. „Sondern es gibt einfach kein Auto, das hier billiger zu bekommen wäre“, sagt Metz.
Denn auch wenn die Mongolen im Aufschwung leben, ist das durchschnittliche Jahreseinkommen mit rund 4.500 Euro niedrig. Gebrauchte Prius‘ gibt es zu Preisen zwischen 2.000 und 6.000 Euro und selbst wenn ähnlich große Autos konventioneller Machart zu ähnlichen Preisen gehandelt werden, fällt bei reinen Verbrennern noch eine Verbrauchssteuer an, die der Staat für Hybrid-Autos genau wie für Flüssiggas-Antriebe und E-Fahrzeuge gestrichen hat.
Darum will die Mongolei die Elektroquote steigern
Und das ist nicht der einzige Versuch, die Flotte zu bereinigen und die Luft zu verbessern. Weil insbesondere die Hauptstadt am Verkehr erstickt und allein hier über 700.000 Autos zugelassen sind, gibt es mittlerweile strenge Einfahrbeschränkungen und an jedem Wochentag gelten für einzelne Endziffern auf den Kennzeichen Fahrverbote. Außerdem wolle die Regierung die Gesamtzahl der Fahrzeuge deckeln und die Erteilung neuer Kennzeichen an das Fahrzeugalter und den Schadstoffausstoß knüpfen. „Neuwagen vor Rostlauben, Hybride vor Verbrennern“, fasst Metz das Prinzip zusammen.
So hofft der Staat auch, die Elektroquote im Land zu erhöhen und bis Ende nächsten Jahres immerhin 20.000 Stromer auf den Straßen zu haben. Allerdings ist der Weg dahin noch weit, sagt Metz. Denn erstens surren bis dato keine 2.000 E-Autos durchs Land und zweitens gibt es in der Hauptstadt nur eine Handvoll Ladesäulen und außerhalb Ulan Bators noch gar keine Infrastruktur.