
Düstere Zeiten für Nissans Chef Makoto Uchida. Der Manager steht nach den gescheiterten Fusionsgesprächen mit Honda unter wachsendem Druck. (Bild: Nissan)
Nach wiederholten Quartalsverlusten ergreift Nissan drastische Maßnahmen zur Stabilisierung seines Geschäfts: Dazu gehören die Schließung von drei Produktionsstätten innerhalb der nächsten zwei Jahre, eine 20-prozentige Reduzierung der Führungspositionen und ein Stellenabbau, von dem weltweit 9.000 Mitarbeiter betroffen sind. Das verkündete Makoto Uchida bei der Präsentation der jüngsten Quartalszahlen.
Die Entscheidung folgt auf eine Serie von enttäuschen Quartalsresultaten sowie auf die Meldung der gescheiterten Gespräche über eine mögliche Fusion mit Honda. Uchida verteidigte die Schritte und betonte, der kolportierte Vorschlag Hondas, Nissan zu einer Tochtergesellschaft zu machen, sei inakzeptabel.
„Wir waren nicht zuversichtlich, dass unsere Autonomie erhalten bleibt oder dass das Potenzial von Nissan wirklich maximiert wird“, erklärte er. Nissan bleibt jedoch offen für alternative Partnerschaften, einschließlich strategischer Projekte mit Honda. „Wir werden uns weiterhin auf die Suche nach strategischen Partnern konzentrieren, die darauf abzielen, neue Werte zu schaffen“.
Nissan setzt Werksschließungen und Stellenabbau fort
Die unmittelbarsten Auswirkungen werden im Produktionsnetz von Nissan zu spüren sein. Das erste Werk, das im Sommer 2025 geschlossen werden soll, befindet sich in Thailand. Ein weiteres Werk wird zwischen Oktober und Dezember geschlossen, während ein dritter Standort seinen Betrieb bis März 2027 einstellen wird. Uchida machte keine Angaben, wo die beiden anderen Werke stehen. In den USA wird Nissan in seinen Werken in Smyrna, Tennessee und Canton, Mississippi, die Zahl der Schichten reduzieren und damit weitere Arbeitsplätze abbauen, um der schwachen Nachfrage zu begegnen. Weitere Entlassungen werde es im Vertrieb und in der Verwaltung weltweit geben.
Durch die Umstrukturierung wird die weltweite Produktionskapazität von Nissan in den nächsten zwei Geschäftsjahren um eine Million Einheiten auf nur noch vier Millionen Einheiten sinken. Darin enthalten ist eine Reduzierung um 500.000 Einheiten, die bereits in China vorgenommen wurde, wo Nissan mit dem zunehmenden Wettbewerb durch einheimische Marken zu kämpfen hat. Durch die Kürzungen könnte die Auslastung der Werke außerhalb Chinas von derzeit 70 Prozent auf 85 Prozent steigen.
Gewinne und Absatz brechen ein
Das Ausmaß der Krise von Nissan wurde durch den jüngsten Gewinnbericht des Unternehmens noch deutlicher. Der Betriebsgewinn für das dritte Quartal des Geschäftsjahres brach um 78 Prozent auf 31,1 Milliarden Yen (197,5 Millionen Dollar) ein, verglichen mit 141,6 Milliarden Yen (899,2 Millionen Dollar) im Vorjahr. Das Unternehmen verzeichnete außerdem einen Nettoverlust von 14,1 Mrd. Yen (89,5 Mio. Dollar), während im gleichen Zeitraum des Vorjahres noch ein Gewinn von 29,1 Mrd. Yen (184,8 Mio. Dollar) erzielt worden war. Dies war das zweite Quartal in Folge, in dem Nissan rote Zahlen schrieb, und zwang das Unternehmen, seine Gewinnprognose für das Jahr nach unten zu korrigieren.
Die weltweiten Fahrzeugverkäufe gingen im Zeitraum Oktober bis Dezember um 2,2 Prozent auf 801.000 Fahrzeuge zurück, wobei in den meisten Märkten Rückgänge zu verzeichnen waren. Während die Verkäufe in Nordamerika um 9,8 Prozent auf 318.000 Einheiten stiegen, hatten andere wichtige Regionen zu kämpfen. In Europa sank der Absatz um 8,9 Prozent auf 79.000 Fahrzeuge und in China um 16,2 Prozent auf 158.000 Fahrzeuge. Die weltweite Produktion schrumpfte um 12 Prozent auf 742.235 Fahrzeuge.
Nissan befindet sich in einem echten Überlebenskampf
Uchida erläuterte seine Sanierungsstrategie erstmals im November 2024, nachdem Nissan für das Quartal Juli bis September einen Nettoverlust gemeldet hatte. Es war seine dritte Umstrukturierungsmaßnahme seit seinem Amtsantritt als CEO im Dezember 2019 nach dem dramatischen Abgang von Ghosn. Der neue Plan zielt darauf ab, die Fixkosten um 300 Mrd. Yen (1,91 Mrd. US-Dollar) zu senken und die variablen Kosten um 100 Mrd. Yen (635,1 Mio. US-Dollar) zu reduzieren, um die Rentabilität bei geringeren Absatzzahlen wiederherzustellen.

Ursprünglich wollte Nissan im Rahmen einer als The Arc bekannten Strategie den Absatz bis zum Ende des Geschäftsjahres 2027 um eine Million Fahrzeuge steigern. Dieses Ziel ist nun aufgegeben worden. Stattdessen richtet das Unternehmen die Produktionskapazitäten neu aus und setzt sich ein bescheideneres Absatzziel von 3,5 Millionen Fahrzeugen - nur 100.000 mehr als derzeit.
Eine der bedeutenderen organisatorischen Änderungen ist die Ernennung von Guillaume Cartier zum ersten Chief Performance Officer von Nissan überhaupt. Zusätzlich zu seiner Rolle als Vorsitzender der Nissan-Geschäfte in Europa, Afrika, dem Nahen Osten, Indien und Ozeanien wird Cartier nun auch die globalen Verkaufs- und Gewinnziele überwachen. Die neuen Maßnahmen zielen darauf ab, zusätzliche Einsparungen in Höhe von fast drei Milliarden US-Dollar zu erzielen.
Düstere Aussichten für das kommende Jahr
Trotz der aggressiven Umstrukturierung bleiben die Aussichten von Nissan düster. Das Unternehmen hat seine Prognose für den Betriebsgewinn für das gesamte Geschäftsjahr um 79 Prozent auf 120 Mrd. Yen (762,1 Mio. Dollar) gesenkt und erwartet einen Nettoverlust von 80 Mrd. Yen (508 Mio. Dollar). Die weltweite Absatzprognose wurde von 3,65 Millionen Fahrzeugen auf 3,4 Millionen nach unten korrigiert. Für alle wichtigen Märkte mit Ausnahme Nordamerikas wird ein Rückgang erwartet.
Die Lagerbestände bleiben hartnäckig hoch. Der Fahrzeugbestand von Nissan hat sich von 250.000 im März 2022 auf 660.000 Ende 2024 erhöht. Das Unternehmen hatte geplant, diese Zahl in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres zu reduzieren, hat aber bisher keine nennenswerten Fortschritte erzielt.
Für Nissan werden die kommenden Monate entscheidend sein. Uchida hat deutlich gemacht, dass das Überleben als unabhängiges Unternehmen nicht garantiert ist. „Können wir als eigenständiges Unternehmen weiter überleben? Darüber diskutieren wir schon seit einiger Zeit. Das ist ein großes Thema“, gab er zu. „Ohne Tabu, wir müssen alle Optionen ausloten.“
Der Artikel erschien zuerst bei unserem Schwestermagazin automotive manufacturing solutions.