Toyota Mirai 2024 / Japans Autobranche hofft auf das Comeback

Im Vergleich zur internationalen Konkurrenz setzt Japan stärker auf Hybrid- und Wasserstoffmodelle. (Bild: Toyota)

Es war eine Messe, die in Erinnerung bleiben sollte: Denn als die japanische Automobilindustrie im letzten Oktober zur Motorshow nach Tokio geladen hatte, war dort tatsächlich auch mal wieder etwas zu sehen.

Zuletzt ein wenig ins Hintertreffen geraten, erst von den Koreanern und dann den Chinesen aus den Rankings und den Schlagzeilen verdrängt, hat sich die japanische Automobilindustrie damit wieder ins Spiel gebracht. Und das gilt nicht nur für den Weltmeister Toyota, der schon ohne seine Tochter-Marken, Allianz- und Kooperationspartner mehr Autos verkauft als jeder andere Hersteller auf dem Globus. Sondern im Schatten des Weltmeisters fällt plötzlich auch wieder Licht auf viele andere Marken, die längst als Mitläufer abgestempelt oder ganz abgeschrieben waren – und jetzt auf einmal wieder einen zweiten Blick wert erscheinen.

Dabei profitieren die Japaner freilich auch von der nachlassenden Euphorie bei der Elektrifizierung. Denn während viele Konkurrenten in Europa und Korea und vor allem in China und den USA 'all in' gegangen sind und voll auf den vorbestimmten Siegeszug der Stromer gesetzt haben, waren die Japaner weniger konsequent, haben sich mehr Wege offen gehalten, ihren Faible für den Hybrid-Antrieb gepflegt und zudem auch weiter an der Brennstoffzelle gearbeitet.

Die abwartende Haltung gegenüber der E-Mobilität hat gleich zwei Vorteile: Das Lehrgeld für die Entwicklung neuer Elektrokonzepte, den Aufbau der Infrastruktur und die Überzeugungsarbeit bei den Kunden haben sie so zum Großteil der Konkurrenz aufgebürdet und sind erst eingestiegen, als die wichtigsten Hürden genommen waren. Und jetzt, wo zumindest am Tempo der Elektrifizierung erste Zweifel aufkommen, viele Konkurrenten ihre Zeitpläne strecken und ihre Entwicklungsbudgets zum Teil sogar wieder umschichten, sind die Japaner breiter aufgestellt und entsprechend besser für alle Eventualitäten gerüstet.

Honda: Vom Underdog zum Vorreiter?

Besonders unterschätzt wird dabei oft Honda – nach Toyota die Nummer zwei und auf der Welt sehr unterschiedlich wahrgenommen: Mit ihren Zweirädern für die dritte Welt und all ihrem Powerequipment nach wie vor der größte Motorenhersteller der Welt und in insbesondere in den USA eine feste Größe auf dem Markt, hat die Marke in Europa zuletzt viel von ihrer Bedeutung eingebüßt und ihre Rolle als technologischer Vorreiter verspielt. Doch jetzt proklamieren die Japaner eine Art Neustart und setzen dabei gleich auf mehrere Pferde.

In den USA haben sie im Januar die Null-Serie enthüllt, mit der sie diesen Neustart auch in der Nomenklatur zum Ausdruck bringen wollen, sagt Honda-Präsident Toshihio Mibe und schwärmt von einer neuen, dezidierten Elektro-Architektur, die Honda mit einer ganzen Reihe neuer Modelle, darunter eine Limousine und ein Van, ab 2026 auf Augenhöhe mit Tesla & Co bringen soll.

Weil es bis dahin noch ein wenig dauern wird und weil Europa bei der Null-Serie erst nach Amerika und Asien an der Reihe ist, haben die Japaner auch bei uns das Tempo angezogen, im letzten Herbst den e:Ny1 als aussichtsreiches Elektromodell für die Kompaktklasse an den Start gebracht und sich mit neuen SUV für den anhaltenden Boom in  diesem Segment gerüstet. Und ganz im Gegensatz zu ihrer sonst bisweilen eigenbrötlerischen Mentalität haben sie zudem noch eine Allianz mit Sony geschmiedet: Wem Honda alleine nicht innovativ genug ist, der kann aus diesem Joint-Venture deshalb bald die ersten Afeela-Autos kaufen und damit erleben, was die beiden Partner unter einem Auto verstehen, das von der Software und vom Infotainment aus gedacht wird und nicht mehr federführend von Maschinenbauern und Ingenieuren entwickelt wird und das ab Ende 2025 in den USA als Mobilitätsdienst ins Abo gehen soll, statt konventionell verkauft zu werden.

Suzuki und Subaru: Unterschätzte Schwergewichte

Während Konzerne wie Toyota und Honda schon allein wegen ihrer marktbeherrschenden Bedeutung im Fokus stehen und man Nissan und Mitsubishi als Teil der Renault-Familie ebenfalls im Auge hat, bietet die japanische Automobilindustrie noch zwei unbekannte Größen, die immer wieder für Verwunderung sorgen. Denn weder Suzuki noch Subaru machen in Europa viel von sich Reden und suchen ihr Heil hier in der Nische.

Doch beide mehr oder minder eng mit Toyota verbandelte Marken sind in anderen Weltregionen echte Schwergewichte: Subaru zum Beispiel rangiert in den US-Zulassungen auf Platz neun und verkauft dort fast doppelt so viele Autos wie VW (Platz 15). Nicht umsonst wollen die Allradspezialisten dort nun sogar ein zweites Werk bauen.

Suzuki dagegen ist mit über 40 Prozent Marktanteil mit großem Abstand die treibende Kraft auf dem boomenden Subkontinent Indien – wo die Neuzulassungen im letzten Jahr zum ersten Mal die Vier-Millionen-Marke überschritten haben. Und zumindest Suzuki ist auch daheim in Japan mit seinen kleinen Kei-Cars eine große Nummer, nach Daihatsu verkauft dort niemand mehr solcher Mini-Mobile, die immerhin ein Drittel aller Neuzulassungen ausmachen, als Suzuki.

Doch mit ihrem wenig diversifizierten und vor allem bei Suzuki sehr preissensiblen Produktportfolio sowie dem vergleichsweise kleinen Gesamtvolumen tun sich beide Nischenhersteller mit der Dekarbonisierung entsprechend schwer – und sind spät in die Elektromobilität gestartet. Subaru verkauft aktuell nur einen umgelabelten Toyota, will aber bis 2030 auf einen EV-Anteil von 50 Prozent kommen und hat dafür bis 2028 insgesamt acht Elektroautos angekündigt.

Und bei Suzuki steht die Elektrifizierung noch aus. Das erste E-Modell ist vorgestellt, aber noch nicht im Verkauf. Doch bis zum Ende der Dekade sollen sowohl in Europa als auch in Japan und sogar in Indien fünf oder sechs elektrische Modelle gelauncht werden. Allerdings sind die Verkaufsziele sehr unterschiedlich: Von 80 Prozent in Europa über 20 Prozent in Japan bis 15 Prozent in Indien. Entsprechend lässt sich Suzuki auf dem Weg zur CO2-Neutralität deutlich mehr Zeit als die Konkurrenz: 2050 hat die Marke als Ziel für Japan und Europa ausgegeben und in Indien darf es sogar 2070 werden.

Mazda: Mit Eigensinn zum Erfolg?

Eine Sonderrolle spielt traditionell auch Mazda. Denn obwohl unter den großen Japanern immer der Kleinste, leisten sie sich in Hiroschima mehr Eigensinn als alle anderen. Als wäre es nicht schon unkonventionell genug, dass sie sich lange gegen reine E-Modelle gesperrt und mitten in der Dieselkrise nochmal einen neuen Ölbrenner und dann gleich noch einen selbstzündenden Benziner entwickelt hätten, hat der Hersteller jetzt auch noch ein Antriebskonzept aus der Versenkung geholt, das längst im Archiv zu verstauben drohte: Den Wankelmotor. Als Erste und Einzige nutzen die Japaner den Kreiskolben-Verbrenner in ihrem elektrischen MX-30 als Range Extender und kompensieren damit die vergleichsweise kleine Batterie.

Viel geholfen hat Mazda der Eigensinn allerdings nicht. Zwar hält sich die Marke damit besser im Gespräch, als mit ihrem Marktanteil zu erwarten, und gilt vor allem bei technikaffinen Kunden als erste Wahl – konnte ihre Unabhängigkeit allerdings trotzdem nicht wahren: Seit 2017 ist sie immer enger unter den Rock des Riesen Toyota gerückt. Voll auf den starken Partner verlassen will sich Mazda allerdings nicht – und sucht deshalb für die nächste Generation an E-Modellen gerade einen externen Partner.

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