
Auch beim Aufbau der Batteriezellfabrik in Salzgitter ist VW auf chinesische Hilfe angewiesen. (Bild: Volkswagen / Collage)
Während die chinesischen Batterieproduzenten an ihren deutschen Standorten die Produktion ausbauen, kämpft das europäische Prestigeprojekt Northvolt mit Problemen. Eine Milliarde Euro Steuergelder sind bei Heide im ungünstigen Fall unsinnig in den Dithmarscher Sand gesetzt worden. Scheinbar hatte im Bundeswirtschaftsministerium und der zuständigen Landesregierung kaum jemand Interesse, sich damit zu beschäftigen, welche Herausforderung das Hochfahren einer Produktion für Batterietechnologie ist und wie dies in der Praxis funktioniert. Dabei wäre der Weg nach Erfurt zu CATL nicht weit gewesen.
Batterietechnik-Nachhilfe aus China
Etwa zwei Jahrzehnte Vorsprung hätten asiatische Unternehmen im Batteriezellen-Knowhow gegenüber dem Westen, schätzt Dirk Uwe Sauer, Professor an der RWTH Aachen. „Das werden wir in Europa im Alleingang nicht schnell genug aufholen können.“ Sauer wirbt deshalb für europäisch-chinesische Partnerschaften. „Wir können aufholen, aber dafür müssen wir uns mit den Chinesen zusammentun, um zu verstehen, wie es funktioniert.“
Ähnlich argumentiert Christian Hochfeld, Chef der Berliner Denkfabrik Agora Verkehrswende. „Es mag paradox klingen, aber um auf längere Sicht technologisch unabhängiger von China zu werden, müssen wir zunächst auch in Europa mehr Kooperation mit ihnen eingehen“, so Hochfeld.
„Der Technologie-Transfer hat sich umgedreht“, sagt China-Kenner Jörg Wuttke, jahrzehntelang Chef des BASF-Konzerns Asien und ehemaliger Leiter der EU-Handelskammer in China. „Kooperationen sind die einzige Möglichkeit, um aufzuholen und irgendwann mal zu überholen“, so Wuttke.
Erfolgsmodell CATL in Thüringen
CATL sucht Fachleute aus Thüringen, so ein Bericht der dpa. Das Werk arbeite derzeit mit einem hohen Beschäftigungsgrad, um die Kundenanforderungen zu erfüllen, heißt es vom Unternehmen. Nach Angaben von CATL sollen in die Fabrik bei Arnstadt bis zu 1,8 Milliarden Euro investiert werden, ohne größere staatliche Finanzspritzen. CATL beschäftigt nach eigenen Angaben aktuell rund 1.700 Menschen. Ein Teil von ihnen sind Fachleute aus China, die bei der Installation von Technik und dem Hochfahren des Werkes eingesetzt sind. Schritt für Schritt würden einige von ihnen nach China zurückkehren und durch qualifizierte Fachkräfte aus Deutschland ersetzt. Was die chinesischen Experten zurücklassen, ist Technologiekompetenz in den Köpfen ihrer Nachfolger.
Stellantis setzt ebenfalls auf CATL und möchte in Spanien eine Batteriezell-Produktion starten. Über vier Milliarden Euro sollen dort investiert werden. Die Anlage soll bis Ende 2026 in Betrieb gehen. Die für den Opel-Standort Kaiserslautern geplante Batteriefabrik kommt jedoch nicht zustande.
Volkswagen setzt auf CATL und Gotion
Ob VW seine Northvolt-Investition von 1,4 Milliarden Euro abschreiben muss, ist ungewiss. Doch unabhängig davon muss VW seine Versorgung mit Batterien sichern und arbeitet dabei gleich mit mehreren chinesischen Konzernen zusammen. VW und CATL arbeiten künftig bei der Entwicklung von Batterien für Elektroautos zusammen, meldete der Wolfsburger Konzern Anfang des Jahres.
Wie der Bau einer Batteriefabrik praktisch funktioniert, das kann man im niedersächsischen Salzgitter sehen. Dort will VW ab Ende des Jahres erstmals eigene Batteriezellen fertigen. VW ist mit rund 1,1 Milliarden Euro an Gotion High-Tech beteiligt und mit 26 Prozent größter Anteilseigner. Hundertschaften chinesischer Experten von Gotion helfen bei der Vorbereitung des Produktionsstarts. Im chinesischen Dalian hat VW eine mit der deutschen Anlage identische Produktionsstraße aufgebaut, auf der schon seit Anfang 2024 der komplizierte Fertigungsprozess der Batteriezellen erprobt und deutsche Mitarbeiter geschult werden.
Salzgitter ist nicht das einzige Gotion-Projekt in Niedersachsen. In Göttingen hatte Gotion bereits ein ehemaliges Bosch-Werk übernommen und damit den ehemaligen Mitarbeitern einen zukunftsfähigen Arbeitsplatz in ihrem angestammten Werk geboten und dadurch auch gleich eingespielte Facharbeiter-Teams gewonnen.
BYD nennt noch wenig konkrete Pläne
Der Weltmarktführer BYD hält sich mit Projekten für die Batterieproduktion in Europa zurück. Europachefin Stella Li erklärte, künftig wolle BYD jedoch auch in Europa Batterien für Elektrofahrzeuge herstellen, doch weder Standort noch Zeitpunkt sind festgelegt.
Aktuell baut die Batteriesparte eine Produktionseinheit in Fót nordöstlich von Budapest. Im Unterschied zu anderen Herstellern von EV-Batterien beabsichtigt BYD dort keine Batteriezellen herzustellen, sondern ein Montagewerk für Batteriepacks zu errichten.
Projekte von SVolt sind Geschichte
Im Mai 2024 hatte sich SVolt bereits von Plänen verabschiedet, eine Batterieproduktion in Lauchhammer in der Lausitz anzusiedeln. Als Gründe nannte das Unternehmen Unsicherheiten im Automobilmarkt, Strategieanpassungen bei Autoherstellern und ein weggefallenes Kundenprojekt. Auch bei Überherrn und in Heusweiler im Saarland wollte SVolt weitere Batterieproduktionen für Elektroautos errichten. SVolt stellte jedoch sein operatives Geschäft in Europa Ende Januar 2025 ein.
Ungarn strebt Führungsrolle an
Viktor Orbán will Ungarn bis 2030 zum weltweit drittgrößten Produzenten von E-Auto-Batterien machen. Zunächst waren in Ungarn Batterieproduzenten und Zulieferer aus Südkorea mit Produktionswerken aktiv. Jetzt bauen auch chinesische Konzerne dort Produktionskapazitäten auf.
CATL baut in Debrecen eine Fabrik zur Herstellung von Batteriezellen. Das Projekt mit einem Gesamtwert von 7,34 Milliarden Euro soll vor Ort schätzungsweise 9.000 Arbeitsplätze schaffen. Die Produktion soll noch 2025 beginnen. Mercedes-Benz kooperiert bei der Entwicklung und Produktion von Batteriezellen und -modulen mit CATL. Das neue CATL-Werk im ungarischen Debrecen werde Batteriezellen für europäische Produktionsstandorte in Deutschland und Ungarn liefern.
Mit einer Investition von rund einer Milliarde Euro wird EVE sein erstes europäisches Werk in Debrecen errichten und mehr als 1.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Sunwoda baut seine erste europäische Produktionsstätte in Nyíregyháza. Die Anfangsinvestition soll 245 Millionen Euro betragen. Mittel- bis langfristig könnte sich die Investition jedoch sogar auf knapp 1,5 Milliarden Euro erhöhen.
Auch südkoreanische Firmen bauen in Ungarn
Auch wenn China seinen Marktanteil in jüngster Zeit ausbauen konnte, hatten südkoreanische Hersteller in Europa nach Daten der Internationalen Energieagentur im vergangenen Jahr noch einen Marktanteil von 60,7 Prozent. Samsung SDI kann als Pionier der Antriebsbatterieindustrie in Ungarn betrachtet werden. Seine Fabrik befindet sich in Göd. Inzwischen ist die Gesamtproduktionsleistung auf 40 GWh/Jahr gestiegen. SK Innovation betreibt mittlerweile drei Werke in Ungarn. Zwei davon sind in Komárom, wo sich BYDs bislang einziges europäisches Busmontagewerk befindet. Die neueste, dritte Anlage wurde in Iváncsa in Betrieb genommen.
Britisches Batterie-Startup setzt auf China-Lizenzen
Die 2024 gegründete Batterie-Firma Volklec will Akkus mithilfe lizenzierter chinesischer Technologie bauen. Dazu hat Volklec eine Vereinbarung mit Far East Battery (FEB) unterzeichnet. Im Gespräch ist eine Investition von einer Milliarde Pfund.
Volklec geht einen anderen Weg als das gescheiterte Batterie-Startup Britishvolt oder das in Schieflage geratene schwedische Unternehmen Northvolt. Volklec hat einen Vertrag mit Far East Battery (FEB) geschlossen, um dessen Ingenieure, Fachwissen und Rohstofflieferungen nutzen zu können. Volklec erhofft sich dadurch weniger Kapitalbedarf und möchte auch auf die Lieferkette von FEB zurückgreifen.