Stefanie Hegels, VWN Posen

„Lean funktioniert nur, wenn die Ideen aus den Teams kommen“

Veröffentlicht Geändert
Stefanie Hegels, Werkleiterin bei Volkswagen Nutzfahrzeuge in Polen, steht lächelnd in einer Produktionshalle. Hinter ihr wird ein weißer VW Caddy auf der Montagelinie gefertigt, während Mitarbeitende am Fahrzeug arbeiten.
Unter der Leitung von Stefanie Hegels setzt das VWN-Werk Posen auf Effizienzprogramme, Mitarbeiterbeteiligung und neue Technologien, um die Produktion zukunftsfähig zu gestalten.

Stefanie Hegels leitet das VWN-Werk in Posen und Września. Im Interview spricht sie über Lean-Erfolge, digitale Innovationen wie Smartwatch-Instandhaltung und „Flying Doctor“ sowie über Nachhaltigkeit als zentralen Treiber der Transformation.

Automotive Lean Production Award

Volkswagen Poznań Antoninek wurde 2024 mit dem renommierten Automotive Lean Production Award, den Agamus Consult jährlich in Zusammenarbeit mit der Automobil Produktion vergibt, in der Kategorie „OEM“ ausgezeichnet. Die Jury lobte insbesondere die stabile Prozessführung trotz herausfordernder Rahmenbedingungen, die konsequente Nutzung digitaler Werkzeuge zur Störungsanalyse sowie den vorbildlichen Umgang mit Qualität und kontinuierlicher Verbesserung. Mit Eigenentwicklungen wie KI-gestützter Lackinspektion oder Smartwatch-basierter Instandhaltung zeigt das Werk, wie sich Lean und Innovation wirkungsvoll vereinen lassen. Der 19. Automotive Lean Production Kongress findet daher vom 25. bis 26. November 2025 bei Volkswagen Poznań in Polen statt. 🎫 Jetzt Ticket sichern!

Stefanie Hegels kennt den Volkswagen-Konzern in- und auswendig – seit fast drei Jahrzehnten gestaltet sie unterschiedlichste Stationen in Logistik und Werkleitung mit. Angefangen hat alles in Wolfsburg, es folgten Stationen in Dresden, Emden, Kaluga und der Konzernlogistik, bevor sie 2018 zu Volkswagen Nutzfahrzeuge wechselte. Seit fünf Jahren ist sie nun in Polen – zunächst als Werkleiterin in Września, heute als CEO und Werkleiterin für den Standort Posen. Im Gespräch mit der Automobil Produktion berichtet sie, wie sie ihren Weg ohne Masterplan, aber mit klarer Haltung gegangen ist – getrieben vom Wunsch, im Team etwas zu bewegen und Freude an der Arbeit zu haben. Der jüngste Preisgewinn ihres Werks ist für sie daher kein Zufall, sondern Ausdruck einer Kultur, die kontinuierlich auf Verbesserung setzt.

Frau Hegels, in den letzten Monaten herrschte rund um VW viel Unruhe. Wie haben Sie die Situation aus Polen wahrgenommen – gerade mit Ihrer langjährigen Verbundenheit zu den deutschen Standorten?

Auch wenn wir im Ausland sind, gehören wir zum Konzern. Natürlich nehmen wir hier in Polen sehr genau wahr, was in Deutschland passiert. Auch wenn wir von Arbeitsvertrags- und Tarifdiskussionen nicht direkt betroffen sind, gibt es Auswirkungen – zum Beispiel bei Werkbelegungsentscheidungen. Deshalb versuchen wir aktuell, eine gewisse Ruhe zu bewahren. Wir bauen derzeit an beiden Standorten Verbrenner, und mit dem Caddy PHEV inzwischen auch ein Hybridfahrzeug. Die BEV-Schwäche hat uns daher aktuell nicht direkt getroffen – das kann auch ein Vorteil sein. Aber die entscheidende Frage für uns lautet natürlich: Wann steigen wir in die Produktion von BEV-Fahrzeugen ein? Das ist auch unsere Zukunft. In Września rüsten wir gerade den E-Crafter ein – also ist die Perspektive da. Was in Deutschland passiert, ist für uns also sehr relevant – wir beobachten es genau und sind gleichermaßen Teil des Transformationsprozesses.

Haben Ihre Mitarbeitenden in Polen das genauso intensiv verfolgt?

Natürlich wurde es hier ebenfalls verfolgt, aber wir befinden uns in einer anderen Ausgangslage. Die Situation in den deutschen Werken ist stark von der demografischen Entwicklung geprägt. In Września und Posen betrifft uns das Thema weniger, da unsere Belegschaft überwiegend jünger ist. Zudem unterscheiden sich die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen deutlich. In Deutschland gibt es zum Beispiel Langzeitkonten für Arbeitszeit – so etwas ist hier gesetzlich gar nicht möglich. Bei uns müssen die Zeitkonten nach einem Jahr wieder auf null gestellt werden. Das heißt, auch wenn wir die Entwicklungen in Deutschland mit Interesse verfolgen, lassen sich viele Instrumente nicht eins zu eins übertragen. Trotzdem beobachten wir aufmerksam, welche Werkzeuge dort eingesetzt werden.

Sie gehören noch immer zu einem sehr kleinen Kreis von Werkleiterinnen. Wie nehmen Sie Ihre Rolle als Frau in dieser Funktion wahr?

Wenn es diese Frage gar nicht mehr gäbe, wäre das für mich das beste Zeichen – weil es dann normal wäre. Ich glaube, dass es viel ähnlicher ist als man denkt. Es gibt nur noch nicht so viele Beispiele. Auf fachlicher Ebene spielt es keine Rolle, ob man eine Frau oder ein Mann ist – oder welchen kulturellen Hintergrund man mitbringt. Natürlich wird uns Frauen manchmal eine andere emotionale Herangehensweise nachgesagt. Aber auch das gehört zur Vielfalt und muss Raum haben. Ich freue mich über jede Frau, die dazukommt. Für mich ist wichtig, dass sich die Strukturen, die wir in der Belegschaft haben, auch in den Führungspositionen widerspiegeln – auf allen Hierarchieebenen.

Als Werkleiterin sind Sie auch für zwei Standorte direkt verantwortlich. Können Sie beschreiben, wie Ihr typischer Arbeitstag aussieht? Sind Sie noch regelmäßig auf dem Shopfloor unterwegs?

Ich würde es mir öfter wünschen, aber mein Tag beginnt tatsächlich immer mit einer Werkmanagement-Runde. Ich bin dann mit den Werkverantwortlichen in Posen zusammen und wir besprechen, was am Vortag passiert ist und was heute ansteht. Das ist mir sehr wichtig, denn dort, wo die Fahrzeuge gebaut werden, findet das eigentliche Geschehen statt – nicht nur in Büros und Konferenzräumen. Auch meine Vorstandskolleginnen und ich machen unsere wöchentlichen Sitzungen bewusst in den verschiedenen Werken. Wir haben nicht nur zwei Fahrzeugwerke, sondern auch eine Gießerei. Jede Woche sind wir an einem anderen Standort. Ein fester Teil unserer Vorstandstage ist Werkszeit – die Werke gestalten diese aktiv, zeigen uns in Rundgänge Projekte und Neuigkeiten. So holen wir uns auch Feedback ein. Es kann ein einfaches Kaffeetrinken mit Mitarbeitern sein. So sind wir nah dran, hören die Stimmung und bleiben im Dialog. Denn eine Organisation ist nur so gut, wie ihre Mitarbeiter motiviert sind und Verantwortung übernehmen.

Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit Hannover beschreiben?

Sehr eng. Alles, was Produkt- und Markenorganisation betrifft, läuft natürlich über Hannover. Der Austausch ist regelmäßig und intensiv – aber wir sind auch mit anderen Standorten sehr gut vernetzt. Das hilft enorm bei der Weiterentwicklung. Warum sollte man alles selbst erfinden, wenn man voneinander lernen kann?

Industrieroboter lackieren die weiße Karosserie eines Fahrzeugs in einer automatisierten Lackierstraße. Zwei Lackierarme tragen Farbe auf die geöffnete Seitentür und den Fahrzeugrahmen auf. Die Szene spielt sich in einer geschlossenen, hochtechnisierten Anlage mit Sichtfenstern ab. Das Fahrzeug ist ein Kastenwagenmodell, möglicherweise ein VW Caddy, und befindet sich in einer schwebenden Halterung auf einem Schienensystem. Die Umgebung wirkt sauber, steril und industriell-modern.
Technologie trifft Eigeninitiative: Im Volkswagen-Werk Poznań treiben Digitalisierung, Automatisierung und eine starke Werkskultur die industrielle Transformation voran.

Wie stellen Sie sicher, dass ihre preisgekrönten Lean-Prinzipien nicht nur in Pilotprojekten wirken, sondern tatsächlich nachhaltig implementiert und weiterentwickelt werden?

Ich glaube, der Preis, den wir erhalten haben, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und das bedeutet: Wir haben es geschafft, im gesamten Unternehmen – auf allen Ebenen – eine Kultur zu etablieren, die sich mit Verbesserung beschäftigt. Am Anfang war das nicht einfach. Die Mitarbeitenden fragten sich: Warum soll ich etwas ändern, das ein Planer irgendwann mal so entschieden hat? Warum sollte ich es besser wissen? Deshalb haben wir viel erklärt, Schulungen gemacht, erste KVP-Workshops durchgeführt und motivierende Elemente eingeführt – etwa kleine Wettbewerbe zwischen den Teams, bei denen gute Ideen ausgezeichnet wurden. So wollten wir Anreize schaffen, sich aktiv einzubringen. Heute kommen viele unserer Lean-Ideen direkt aus den Teams – auch digital. Aus der Corona-Zeit heraus entstand beispielsweise eine App, über die Mitarbeiter ihre Vorschläge einreichen können. Die Verantwortung für die Umsetzung liegt dabei ganz bewusst bei den jeweiligen Teams selbst. Das ist entscheidend: Wer eine Idee hat, trägt sie nicht nur vor, sondern kann sie in seinem Bereich auch selbst umsetzen. Ein wichtiger Baustein dieses Erfolgs war auch die Unterstützung und aktive Mitgestaltung durch die Gewerkschaft Solidarność, die bei uns fast 65 Prozent der Belegschaft repräsentiert und die Lean-Philosophie von Anfang an konstruktiv begleitet hat.

Wann begann der Wandel in Richtung breiter Beteiligung und Eigenverantwortung?

Ich bin seit fünf Jahren hier und kenne es nicht anders. Die Idee der kontinuierlichen Verbesserung war da schon etabliert. Mit der erwähnten App – damals hieß sie "Ideenbörse online" – haben wir das Ganze digitalisiert. Doch der Impuls kam früher, etwa 2016, als wir das neue Werk in Wrzesnia in Betrieb genommen haben. Damals haben wir ein Qualifizierungs- und Trainingszentrum aufgebaut, durch das alle neuen Mitarbeiter laufen – inklusive Lean-Grundlagenschulung. Ein Drittel unserer Belegschaft war neu. Diese neuen Kolleginnen und Kollegen haben die Lean-Philosophie vom ersten Tag an vermittelt bekommen – mit Schulungen und in Planspielen. Das hat die Kultur tief geprägt: Der Gedanke, kontinuierlich an Prozessen zu arbeiten, ist fest verankert.

Lassen Sie uns auf konkrete Use Cases blicken. Ein Beispiel ist die KI-gestützte Oberflächenkontrolle in der Lackiererei. Was hat sich dadurch konkret verbessert?

Wir haben ein System mit 33 Kameras eingeführt, das 1800 Bilder pro Karosse aufnimmt. Das kann kein Mensch leisten. Die Effizienz der Fehlererkennung liegt mittlerweile bei 95 Prozent. Die Kameras klassifizieren auch die Fehlerarten – das ist besonders wertvoll. Entscheidend war aber: Unsere Mitarbeitenden haben das System trainiert. Eine Herausforderung war die Vielfalt: Wir lackieren bis zu 200 verschiedene Farben – typisch für den Bereich Nutzfahrzeuge. Je nach Farbe gibt es unterschiedliche Lichtreflektionen, was die Fehlererkennung erschwert. Dass das System funktioniert, liegt daran, dass unsere Mitarbeitenden es mit aufgebaut haben. Der nächste Schritt ist, dass Roboter die Anomalien nicht nur erkennen, sondern auch gleich bearbeiten – daran arbeiten wir aktuell.

Ein weiterer spannender Use Case betrifft die Kombination aus Maschinendaten und Smartwatches zur Instandhaltung. Wie kam es dazu – und welche Effekte sehen Sie?

Das ist ein Projekt, auf das wir besonders stolz sind – weil es hier in Polen entstanden ist, inzwischen aber konzernweit genutzt wird. Die Idee dafür entstand so: Unsere Werke sind groß. Wie steuern wir Instandhalter effizient dorthin, wo sie gebraucht werden? Vorher waren sie oft auf Fahrrädern unterwegs – aber nicht unbedingt dort, wo gerade eine Störung auftrat. Wir haben mit einer einfachen Idee begonnen: Eine Störung wird per Smartwatch gemeldet – wer in der Nähe ist, übernimmt. Ähnlich wie bei Uber. Inzwischen kann man über die Uhr auch, Rückmeldungen geben, Fehler quittieren und Ersatzteile bestellen. Die Stillstandszeiten haben wir dadurch deutlich reduziert. Besonders erfreulich ist, dass die Mitarbeitenden selbst begeistert sind. Sie entwickeln das System weiter, bringen Ideen ein. Wichtig ist: Wir programmieren diese Lösungen selbst – nicht über externe Dienstleister. So bleibt das Wissen im Haus und wir können flexibel weiterentwickeln.

Wann wurde das Projekt gestartet?

Die Idee entstand 2018 im Werk Września. Durch den Crafter ist das Werk besonders groß – wir wollten Wege optimieren. Inzwischen steuern wir nicht nur die Instandhaltung über das System, sondern auch die Montage. Wenn ein besonders komplexes Fahrzeug ansteht, kann sich ein Team einen Springer rufen – gezielt für eine halbe Stunde oder je nach Bedarf. Das ist effizienter, als dauerhaft zusätzliche Personen bereitzuhalten. Ein System, das aus der Instandhaltung kam, unterstützt heute die Flexibilität in der Produktion.

Eine Person hält eine Smartwatch in der Hand. Auf dem Display werden in farbiger Darstellung Störungen und deren Priorisierung angezeigt. Die Smartwatch ist Teil eines digitalen Instandhaltungs- und Informationssystems im Werk.
Mit Smartwatches informiert VW Poznań Instandhaltungsteams in Echtzeit über Fehler, Prioritäten und Einsatzorte – ein Beispiel für smarte, praxisnahe Digitalisierung auf dem Shopfloor.

Ein weiterer Use Case ist der sogenannte "Flying Doctor" in der Montage – klingt spannend. Was muss man sich darunter konkret vorstellen?

Früher war es so: Ein Fehler wurde auf einer Wagenkarte vermerkt, das Fahrzeug durchlief die Linie komplett – erst dann wurde nachgearbeitet. Aber oft war dann bereits eine Verkleidung oder ein Sitz montiert – man kam nicht mehr an die betroffene Stelle heran. Die Idee beim Flying Doctor war, die Nacharbeit direkt während der Zeit auf der Montage Linie zu ermöglichen – also bevor weitere Einbauten den Zugang verhindern. Das ist kein planbarer Prozess, Fehler passieren unvorhergesehen. Deshalb haben wir ein System geschaffen, bei dem ein Qualitätsverantwortlicher – wenn er ein Problem nicht allein lösen kann – die Flying Doctors ruft. Diese greifen das Fahrzeug noch während es sich auf der Linie befindet und erledigen die Nacharbeit sofort. Das verkürzt die Rückkopplung und ermöglicht es, dass der Fehler wenige Takte hinter der Entstehung auch schon beseitigt ist. Der Flying Doctor ist ein wesentlicher Teil unseres Fit-for-Finish-Programms, mit dem wir die Nacharbeits- und Kontrollzeiten systematisch senken. Seit 2017 haben wir diese Zeiten um etwa 30 Prozent reduzieren können.

Sie haben beim Produktionsstart des neuen Caddy spezielle Workshops durchgeführt. Was war dort anders als bei klassischen Planungsprozessen?

Der neue Caddy wurde in die bestehende Linie eingerüstet – das bedeutet, wir konnten keine physischen Workshops direkt an der Linie machen. Deshalb haben wir die Umstellung digital vorbereitet: mit sogenannten 3P-Workshops in virtueller Umgebung. Wir haben Einbausituationen digital simuliert – in Taktung, Ergonomie und Prozessen. Das war vor etwa sechs Jahren noch recht neu für viele. Wir haben erste Schritte mit Virtual Reality, HoloLens und Augmented Reality gemacht. Diese Tools nutzen wir heute auch in der Serienplanung. Was damals in den Workshops erprobt wurde, ist inzwischen fester Bestandteil unserer Planungsprozesse geworden.

Ein weiteres Thema, das immer wichtiger wird: Predictive Maintenance und datengestützte Analysen. Welchen Stellenwert hat das bei Ihnen?

Einen sehr hohen. Wir arbeiten seit einigen Jahren mit standardisierten Datenformaten, begonnen hat das im Karosseriebau. Dabei geht es darum, Abweichungen frühzeitig zu erkennen. Wenn ein Prozess, der normalerweise eine Millisekunde dauert, plötzlich länger braucht, kann das auf Verschleiß hinweisen oder auf ein drohendes Problem. Diese Daten stehen flächendeckend zur Verfügung. Sie ermöglichen vielfältige Analysen – auch im Hinblick auf Qualität und Prozesssicherheit. Wenn etwas aus der Norm fällt, greifen wir proaktiv ein – bevor es zu einem echten Ausfall kommt. Unsere Mitarbeitenden – sowohl in der Fertigung als auch in der Instandhaltung – erhalten Informationen über Anomalien und entscheiden, wie sie reagieren: Justieren? Eine Pause für Wartung nutzen? Oder weiterlaufen lassen? Das alles lernt man mit der Zeit – auch, wie man die Daten richtig interpretiert. Das bringt uns enorme Vorteile in Verfügbarkeit und Prozessqualität.

Natürlich darf das Thema Nachhaltigkeit nicht fehlen. Welche Maßnahmen haben Sie zuletzt ergriffen – und welche Ziele verfolgen Sie an den Standorten?

Wir verfolgen das Ziel, unsere Werke bis 2040 bilanziell CO₂ neutral zu machen – im Rahmen der "Go to Zero Factories" Initiative. Seit 2019 betreiben wir alle unsere Anlagen ausschließlich mit Grünstrom. Darüber hinaus investieren wir in eigene Stromerzeugung, vor allem durch Photovoltaik. Noch wichtiger als die Energiequelle ist für mich allerdings: Energie gar nicht erst zu verbrauchen. Die beste Vermeidung von CO₂ ist, Ressourcen erst gar nicht zu benötigen. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere Lackiererei – traditionell einer der größten Energieverbraucher im Werk. Seit fünf Jahren arbeiten wir dort mit einem Roadmap-System, in dem wir kontinuierlich Energie-, Wasser- und Gasverbräuche pro lackiertem Fahrzeug analysieren und reduzieren. Durch Maßnahmen wie Wärmerückgewinnung und optimierte Osmoseanlagen konnten wir diese Verbräuche um 20 bis 30 Prozent senken. Zusätzlich arbeiten wir an der Produktseite – etwa bei der Dicke von Lackschichten. Gerade bei Nutzfahrzeugen mit großen Flächen macht das einen spürbaren Unterschied. Weniger Lack, weniger Lösemittel – das alles spart Ressourcen. Unsere Lackiererei ist zwar über 20 Jahre alt, aber im Vergleich mit anderen Werken brauchen wir uns nicht zu verstecken.

Sie sind jetzt seit fünf Jahren in Polen – das ist für viele oft der Zeitpunkt, wo man über den nächsten Karriereschritt nachdenkt. Haben Sie schon Pläne? Oder möchten Sie langfristig bleiben?

Ich bin zwar seit fünf Jahren in Polen, aber meinen aktuellen Job, als CEO und Werkleiterin für den Standort Poznan, mache ich erst seit etwa zwei Jahren. Ich habe für mich immer gesagt: Ich will etwas machen, bei dem ich mich einbringen kann und das mir Freude bereitet. Und das ist hier der Fall. Solange ich das Gefühl habe, etwas leisten und beitragen zu können, bleibe ich gern. Und was danach kommt? ich habe keinen Masterplan. Ich bin gespannt, wohin es mich irgendwann noch führt. Aber im Moment fühle ich mich hier in Polen sehr wohl – es sind spannende Zeiten für uns alle, insbesondere mit Blick auf die Transformation zur Elektromobilität.