Digitale Tools in Benutzung im BMW-Werk Regensburg

BMW will seine Mitarbeiter befähigen, bei der Digitalisierung der Werke erfolgreich mitzuarbeiten. (Bild: BMW)

Nicht nur der Umstieg auf die Elektromobilität fordert die Automobilbranche heraus. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind die Unternehmen gezwungen, ihre Produktionsstätten so intelligent wie möglich zu machen. Dabei gibt es deutliche Unterschiede im Grad der Automatisierung, im Umfang der KI-Anwendungen oder der Digitalisierung. Die Bayerischen Motorenwerke haben ihre Ansätze unter dem Oberbegriff iFactory gebündelt. Doch was genau heißt das bezogen auf die Digitalisierung? Welche Ziele verfolgt BMW und wie wollen es die Münchner schaffen, die Mitarbeiter wirklich mitzunehmen auf dem Weg hin zur smarten Factory? Schließlich rücken die Beschäftigten unisono in den Fokus der Kommunikationsstrategien sämtlicher Hersteller „Wir haben für den Standort ein gemeinsam getragenes Konzept erarbeitet, das wir bereits früh und klar an die Mitarbeiter kommuniziert haben“,sagt Milan Nedeljkovic gegenüber Automobil Produktion Was dahinter steckt, lesen Sie in diesem Artikel.

BMW setzt auf vollständig virtuelle Produktionsplanung

Auf Basis einer gemeinsame Datenbasis ItO&OtD erfolgt die KI-basierte Ableitung von Planungsvarianten und Optimierung von Layouts, Strukturen und Abläufen.  Auch die Inbetriebnahme und Updates von Produktionstechnik erfolgen automatisiert auf Basis der in der Planung erzeugten Daten. Die Steuerung der Produktions- und Logistikprozesse sei dabei ortsunabhängig. Auch die Überwachung und die Wartung werden aus der Entfernung geregelt. Die BMW-Werke sind darüber hinaus vollständig global vernetzt, wodurch Zugriffe hochsicher befähigt und ein globaler Datenaustausch im partnerschaftlichen Ökosystem ermöglicht werden soll. „Die iFactory ist kein Musterwerk, das es nur ein Mal gibt. Jede unserer Fabriken ist eine iFactory“, betonte Ralf Waltram, VP IT Delivery DevOps for Production bei BMW bereits auf dem automotiveIT-Kongress in Berlin.

BMW nutzt KI vorrangig zur Qualitätskontrolle

Ein Beispiel für den Einsatz findet sich in Regensburg, wo KI-gesteuerte Roboter jedes Fahrzeug ganz individuell nach objektiven Qualitätsstandards nachbearbeiten. Doch nicht nur in Regensburg sollen Roboter helfen. Selbst im Guss-Verfahren erhofft sich BMW von der KI  Vorteile. "Wir wollen dorthin gelangen, dass uns die KI im Vorfeld Handlungsempfehlungen gibt, um eine gleichbleibende hohe Qualität zu produzieren", sagt Karl Bauer, Leiter Produktion Injector Casting, Druckguss und Lost Foam im BMW-Werk Landshut gegenüber Automobil Produktion.

Künstliche Intelligenz ist im Produktionssystem der gesamten BMW Group Teil des Schwerpunktfelds Smart Data Analytics, in dem der OEM sich vorrangig mit vorausschauender Instandhaltung und der Verkürzung von Qualitätsregelkreisen beschäftigt. "Im Qualitätswesen ist KI in der Lage, über ihre Lernfähigkeit Fehlerbilder zu erkennen und Entscheidungen zu treffen", sagt Nedeljkovic. Bei den Datenanalysen setzt das Unternehmen auf einfache statistische Auswertungen, Advanced Analytics mit KI und maschinelles Lernen. Letzteres verstehe man auch als sinnvolles Werkzeug für Datenanalysen. Im Produktionsnetzwerk nutzt BMW derzeit insbesondere zur Qualitätskontrolle erste Anwendungen selbstlernender Algorithmen, weil diese zwei wesentliche Dinge  ermöglichen sollen: Zum einen eine höhere Vorhersagegenauigkeit gerade in Fällen mit schmaler Datengrundlage, und zum anderen die flexiblere Gestaltung von Qualitätssystemen. Gerade diese Flexibilität soll es dem OEM erlauben, Prüfungen direkt im Fertigungsprozess durchzuführen und damit die Qualitäts-Regelkreise zu verkürzen. Die Nacharbeitsaufwände sollen dadurch nochmals deutlich minimiert werden.

Der Stellenwert der Additiven Fertigung für BMW

Kürzere Produktionszeiten sind ein universelles Ziel sämtlicher Werkleiterinnen und Werkleiter. Einen wichtigen Hebel dafür sieht BMW in der Additiven Fertigung. Diese sei in der Digitalisierungsstrategie fest verankert – auch weil derartige Technologien das Potenzial werkzeugloser Fertigungsmethoden weiter ausschöpfen sollen. Ein Beispiel ist das vollautomatische Entpulvern (Post-Processing) der Baukammern am Ende eines Fertigungsvorgangs. BMW, das im Additiv Manufacturing Center in München seine Entwicklungsaktivitäten in Sachen 3D-Druck bündelt, hat so eine Reinigungsstation auf dem Prüfstand. Ziel des OEMs ist daher, die Additive Fertigung vollständig auszureifen und einen maximalen Nutzen über den gesamten Produktlebenszyklus zu generieren – von der Konzeptidee eines Fahrzeugs und der Produktion bis hin zum Aftersales-Bereich und dem Einsatz in klassischen Fahrzeugen.

So transformiert BMW traditionelle Fabriken zu digitalen Hotspots

"In der Digitalisierung sehen wir einen der größten Hebel mit Blick auf die Zukunft und die Prozesse und Abläufe sowie die Effizienzen der Werke", sagt Milan Nedeljkovic. Der Anspruch BMWs ist dabei klar formuliert: Innovation und Wirksamkeit sollen Hand in Hand gehen. Aus digitalen Innovationen wollen die Münchner wirksame Use Cases in der Produktion schaffen. Dabei soll die Verknüpfung relevanter Produkt-, Prozess, Qualitäts- und Kostendaten eine Datendurchgängigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette und über alle Prozessketten und Werke hinweg ermöglichen. Neben Catena-X soll hierbei abermals das Megathema KI ein Gamechanger für den OEM sein. Mit Data Science und künstlicher Intelligenz will der OEM schneller, präziser und transparenter werden. Das Verschmelzen von realer und virtueller Welt soll so eine neue Dimension eröffnen.

Roboter sollen BMW-Mitarbeiter entlasten

Längst ist klar, dass KI-Technologie die Arbeitswelt in der Automobilindustrie in den nächsten Jahren stark verändern wird. Dennoch betonen auch die Münchner immer wieder, dass der Mensch im Mittelpunkt stehen soll. Neue Techniken sollen die Menschen in Prozessen und Aufgaben unterstützen und so zu höherer Produktivität und Performance führen. So werden BMW-Werker bei niederqualifizierten, monotonen oder dauerhaft die Konzentration beanspruchenden Tätigkeiten entlastet, zum Beispiel bei der optischen Qualitätssicherung. Dies übernehmen nun Roboter mit angeschlossener KI und visualisieren, wo etwas bearbeitet wurde und wo noch Korrekturen nötig sind. Grundsätzlich, bentont Nedeljkovic, sei ein essenzielles Ziel, dass Mitarbeiter die Potenziale der Digitalisierung kennen und für ihren eigenen Bedarf umsetzen können. Das bezieht sich auch auf den Zugang zur KI. BMW will diesen möglichst niederschwellig gestalten und die Komplexität im Backend belassen. Die Nutzer müssten demnach über keine spezifischen IT-Kenntnisse verfügen oder gar Programmcodes schreiben können. Grundsätzlich wird die digitale Transformation ohne qualifiziertes Personal stocken. Welche Weiterbildungsmaßnahmen für welche neuen Fähigkeiten die Smart Factory mit sich bringt, lesen Sie hier. 

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