Dass Autos rollende Computer sind, daran haben wir uns längst gewöhnt. Eine ganze Armada von Steuergeräten definiert mithilfe von ausgeklügelten Systemen wie zum Beispiel der elektromechanischen 48-Volt-Wankstabilisierung das Fahrverhalten des Autos und sorgt dafür, dass sich selbst die Karosserie eines zwei Tonnen schweren SUVs in Kurven kaum zur Seite neigt. Variable Dämpfer und Luftfedern sorgen dabei für den nötigen Komfort.
Grundsätzlich wird das Fahrwerk nach der Positionierung des Autos ausgerichtet. Bei einer Luxuslimousine ist die Abstimmung logischerweise deutlich komfortabler als bei einem Sportwagen. Aktuell verknüpft so ein zentrales Steuergerät bis zu 15 Systeme - angefangen vom Lenkwinkel über die Stellung des Gaspedals bis hin zum aktiven Fahrwerk. Diese Informationen werden schon heute innerhalb von wenigen Millisekunden übertragen, damit das Auto dementsprechend reagiert. Sobald der Fahrer einlenkt, weiß der Computer Bescheid und konditioniert die Dämpfer, die Differentiale und gegebenenfalls die Hinterachslenkung dementsprechend. "Wir haben bei der Präzision einen sehr großen Schritt gemacht", verdeutlich Fahrdynamiker Carsten Jablonowski.
Mehr geht nicht? Ist das Ende der Fahnenstange erreicht? Mitnichten, sagt Audi und tüftelt wie die Konkurrenz aus München und Stuttgart bereits an der nächsten Verbesserung. Bei allen technischen Entwicklungen muss man nach wie vor einen Kompromiss eingehen. Mehr Komfort bedeutet Abstriche bei der Dynamik. Ein extrem leistungsstarkes zentrales Steuergerät soll in Zukunft das Zusammenspiel der Systeme perfektionieren und den eben genannten Widerspruch noch weiter auflösen. "Die Zentralrechner der Zukunft werden nicht nur die Fahrwerksysteme steuern und koordinieren, sondern zusätzlich auch die Antriebssysteme", erklärt Entwickler Lothar Michel. Das beinhaltet auch solche wichtigen Technologien wie die Rekuperation oder auch die Steuerung des Allradantriebs. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, ist jede Menge Rechenleistung nötig. Der zukünftige Supercomputer wird die Daten zehnmal schneller verarbeiten als die aktuelle Elektronische Fahrwerksplattform (EFP) und die Zahl der Softwarekomponenten wird um den Faktor 4,5 auf rund 90 steigen.
Grundsätze der Fahrwerksentwicklung werden nicht ausgehebelt
Die Grundsätze der Fahrwerksentwicklung werden durch die Schnelligkeit, mit der die Bits und Bytes quer durch das Auto schießen, nicht ausgehebelt. Ganz im Gegenteil. Bevor die Software das Kommando übernimmt, muss das Fahrwerk erst einmal gut und sauber abgestimmt sein. "Das Basisfahrwerk muss auch ohne Elektronik funktionieren. Man darf sich nicht verzetteln und Eigenschaften überzeichnen, dann wird das Fahrverhalten zu synthetisch", erklärt Carsten Jablonowski.
Der Autofahrer profitiert von der rasenden Geschwindigkeit, mit der die Daten verarbeitet werden, indem das Auto energetisch das Optimum herausholt, schneller und exakter auf die jeweilige Fahrsituation reagiert - sei es beim Anbremsen, Segeln, Einlenken oder Herausbeschleunigen. Das neue Großhirn wird in etwa drei Jahren den Taktstock übernehmen, und zwar nicht nur bei den Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden, sondern auch quer durch alle Modelle, also auch solchen, die mit einem konventionellen Antrieb über den Asphalt rollen. Von wem dieser schnelle Rechner stammt, darüber schweigen sich die Ingolstädter noch aus. Gut möglich, dass Nvidia diese Steuereinheit liefert.
Ganz uneigennützig investiert Audi natürlich nicht in diese neue Technik. Durch das Bündeln der Rechenkompetenz in einem Gerät werden die Komplexität der elektronischen Architektur und damit auch die Kosten gesenkt. Außerdem wird auch dieser Supercomputer nach und nach über die ganze Modellpalette ausgerollt werden. Genauso, wie das aktuell mit der EFP der Fall ist, die findet man vom A4 / A5 an aufwärts, aber in einer abgespeckten Form auch im neuen Audi A3.