Skoda betreibt in Indien zwei Produktionsstandorte.

Skoda betreibt in Indien zwei Produktionsstandorte. (Bild: Skoda)

Alle drei indischen Fahrzeughersteller, Maruti, Tata und Mahindra & Mahindra, investieren in großem Umfang in neue Fabriken oder die Erweiterung bestehender Werke. Auch mehrere internationale Hersteller produzieren in Indien, doch nur Hyundai-Kia und ein Joint Venture von Toyota mit dem lokalen Unternehmen Kirloskar sind in größerem Umfang aktiv. Renault-Nissan, Volkswagen mit Skoda und Honda haben in letzter Zeit enttäuschende Ergebnisse auf dem Inlandsmarkt erzielt und drängen erst jetzt auf den Export.

GM hat sich bereits vor Längerem aus dem Land zurückgezogen, doch Ford - das in Indien immer noch Motoren für die weltweite Versorgung herstellt - erwägt eine Wiederaufnahme der Fertigung - wenn auch nur für den Export. Die Chinesen sind in der Fertigungsszene nicht vertreten - und es gilt aufgrund der geopolitischen Lage als unwahrscheinlich, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern könnte. Währenddessen befinden sich beispielsweise Tesla und VinFast im Rennen um ganz neue E-Auto-Fabriken in Indien. Dabei könnten sich staatliche Anreize durchaus als entscheidend erweisen.

Indien erhebt schon lange Importzölle

Indien erlaubt Fahrzeugherstellern die Einfuhr von E-Fahrzeugen zu deutlich reduzierten Zollsätzen, wenn sie sich verpflichten, innerhalb von drei Jahren Produktionsstätten auf dem Subkontinent zu eröffnen und in den Folgejahren bestimmte Umsatzhöhen zu erreichen. Sollten diese Ziele nicht erreicht werden, könnten die reduzierten Zölle oder andere Vorteile von der Regierung zurückgefordert werden. Die indische Regierung hat bereits bewiesen, dass sie in Steuerfragen, insbesondere bei Zöllen, durchaus bereit ist, sich mit globalen Automobilunternehmen anzulegen.

Derzeit sieht sich Volkswagen mit einer Forderung in Höhe von 1,4 Milliarden US-Dollar konfrontiert, weil das Unternehmen angeblich über ein Jahrzehnt lang den falschen Zollsatz auf die Einfuhr von Komponenten gezahlt habe. Kia beschäftigt eine geringere Forderung in Höhe von 155 Millionen US-Dollar wegen eines ähnlichen angeblichen Verstoßes. Volkswagen hat erklärt, dass die Höhe der Geldbuße sein langfristiges Engagement in Indien gefährde; bei mehr als dem 100-fachen seines Betriebsgewinns in Indien im letzten Jahr ist dies verständlich, ungeachtet der Tatsache, dass der Wolfsburger Konzern sich mutmaßlich nicht an die Regeln gehalten hat.

Die Regierung in Neu-Delhi bietet derzeit Anreize für den Kauf von elektrischen Zwei- und Dreirädern und für Nutzfahrzeuge, nicht aber für Elektroautos. Es ist jedoch absehbar, dass sie in näherer Zukunft unter Druck geraten könnte, auch hier Kaufanreize anzubieten. Im Moment konzentriert sie ihre Bemühungen jedoch auf andere Bereiche. So hat sie beispielsweise wichtige Rohstoffe - wie Kobalt -, die für die Herstellung von Elektroauto-Batterien benötigt werden, von Zöllen befreit und Maschinen zur Herstellung von Batterien von den Zöllen ausgenommen. Dies alles soll der Entwicklung einer eigenen, lokalen Infrastruktur zur Batteriefertigung Anschub verleihen.

Deutliche Steigerung der Fahrzeugexporte

Die indische Regierung will die Exportquote des Automobilsektors bis zum Jahr 2030 auf bis zu 50 Prozent steigern. Wie realistisch dies ist, wird von den Wachstumsraten in den Märkten abhängen, die von vielen noch als Schwellenländer angesehen werden: Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Golfstaaten im Allgemeinen sowie Südafrika werden in dieser Hinsicht eine Schlüsselrolle spielen. Der Verkauf von Hondas und Suzukis nach Japan mag gut aussehen, wird am Ende aber keine hohen Stückzahlen einbringen. Indische Autos haben sich in Europa schon immer nur am Rande verkauft - auch wenn sie nach dem 2024 unterzeichneten Handelsabkommen zwischen Indien und der EFTA (Europäische Freihandelsassoziation) in Ländern wie Island, Norwegen oder der Schweiz häufiger zu sehen sein werden. In den USA sind sie fast gar nicht vertreten. Das wird sich wohl auch kaum ändern.

Indien wird zugleich hoffen, dass die wirtschaftliche Isolation Russlands bald ein Ende findet. Die in Indien hergestellten Skoda-Modelle verkauften sich in Russland vor dem Einmarsch in die Ukraine gut. Zwar werden diese nach wie vor in Nachbarländern Russlands wie Kasachstan verkauft, doch würde die indische Automobilindustrie zweifellos von der möglichen Wiedererschließung des russischen Marktes in den kommenden Jahren profitieren.

Die Chinesen könnten Indien dann jedoch bereits den Rang abgelaufen haben, da Unternehmen wie Chery und Geely mehrere russische Werke übernommen haben, die zuvor von europäischen und japanischen Herstellern betrieben wurden, die sich nach dem Einmarsch in die Ukraine aus Russland zurückgezogen hatten.

Große Ambitionen, große Herausforderungen

Für die nächsten zehn Jahre wurden Investitionen in Höhe von 40 Milliarden US-Dollar für den indischen Fahrzeugbau angekündigt, ebenso wie Investitionen in die Batterieproduktion und eine breitere Lieferkette für Elektrofahrzeuge. Die Regierung bietet Subventionen an, beispielsweise in Form von ermäßigten Steuersätzen oder kompletten Steuerbefreiungen, sofern bestimmte Investitionsschwellen überschritten und Zeitpläne eingehalten werden.

Indien könnte, wie von der Regierung angestrebt, ein neuer Global Player im Automobilsektor werden, doch die geopolitischen Gegebenheiten und vor allem die Stärke der Konkurrenzländer bei der Belieferung einiger der wichtigsten indischen Schlüsselmärkte könnten verhindern, dass der indische Automobilsektor seine eigenen Ambitionen oder die der Regierung tatsächlich verwirklicht.

Der Artikel erschien im Original beim Schwestermagazin automotive manufacturing solutions.

Sie möchten gerne weiterlesen?