Rivian Werk Normal

Das Werk in Normal, Illinois, ist bislang der einzige Produktionsstandort von Rivian. Für die neue R2-Plattform soll ein zweites Werk in Georgia entstehen. Wann die Produktion dort beginnt, ist aktuell ungewiss. (Bild: Rivian)

Nicht erst seit Volkswagens vielbeachteter Ankündigung, mit Rivian ein Gemeinschaftsunternehmen gründen zu wollen, steht der US-Autobauer im Rampenlicht der Autoindustrie. Das im Jahr 2009 von RJ Scaringe gegründete Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren von einem ehrgeizigen E-Auto-Startup zu einem ernstzunehmenden OEM entwickelt. Der Hauptsitz befindet sich im kalifornischen Irvine, das Hauptwerk in Normal, Illinois. Die Flaggschiffe des Herstellers, der Elektro-Pickup R1T und der Elektro-SUV R1S, haben durch ihre Mischung aus Robustheit und modernster E-Auto-Technologie Aufmerksamkeit erregt.

Rivians Fertigungsherz schlägt in Normal

Ursprünglich ein Mitsubishi-Werk, erwarb Rivian im Jahr 2017 die 2,6 Millionen Quadratmeter große Anlage in Normal, im US-Bundesstaat Illinois, und hat sie seitdem um fast eine Million Quadratmeter erweitert. Das Werk produziert die Flaggschiffe von Rivian: den R1T Elektro-Pickup-Truck, den R1S Elektro-SUV und elektrische Lieferwagen für E-Commerce-Gigant Amazon. Bei Letzterem scheint es aktuell Probleme mit der Fertigung zu geben: Wie der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg berichtet, musste Rivian die Herstellung der EDV (Electric Delivery Vehicle) aufgrund fehlender Teile pausieren. Wann die Fertigung fortgesetzt werden kann, ist ungewiss.

Das Werk verfügt über modernste Anlagen, darunter sechs große Pressen zum Stanzen von Karosserieteilen, zwei separate Karosseriewerkstätten für R1-Fahrzeuge und Nutzfahrzeuge sowie eine moderne Lackiererei. Die Produktionslinie ist hochautomatisiert und nutzt große Roboter für die Montageprozesse.

Rivian hat über zwei Milliarden US-Dollar in das Werk in Normal investiert, um es in ein hochmodernes Produktionszentrum für Elektrofahrzeuge zu verwandeln. Das Unternehmen beabsichtigt, die Zahl der Beschäftigten im Werk auf 2.500 zu erhöhen. Im Jahr 2023 produzierte das Werk mehr als 50.000 Fahrzeuge, was mehr als einer Verdoppelung der Produktion im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Rivians Flexibilitätswunder: Die Skateboard-Plattform

Viele der Produktionserfolge von Rivian lassen sich auf die Skateboard-Plattform zurückführen, die auf einem gut integrierten Ansatz für das Design von Elektrofahrzeugen basiert und wesentliche Antriebs- und Batteriekomponenten in einem einzigen, effizienten Framework vereint. Diese innovative Architektur positioniert das Batteriepack, die Antriebseinheiten, die Aufhängung, die Bremsen und die Wärmemanagementsysteme unterhalb der Radlinie und schafft so eine kompakte und funktionelle Grundlage für Rivians Fahrzeuge. Einer der Hauptvorteile der Plattform ist ihre Vielseitigkeit, da sie auch den Innenraum maximiert und großzügige Unterbringungsmöglichkeiten für Passagiere und Fracht bietet.

Die Skateboard-Plattform ist anpassungsfähig und kann verschiedene Akkugrößen aufnehmen, vom 105-kWh-Standardpaket bis zur größeren 180-kWh-Option, um unterschiedlichen Reichweiten- und Leistungsanforderungen gerecht zu werden. Das Vier-Motoren-System mit unabhängigen Motoren für jedes Rad sorgt für eine präzise Drehmomentsteuerung und verbessert die Geländegängigkeit.

Insgesamt optimiert dieses integrierte Design die Leistung und Effizienz und rationalisiert gleichzeitig die Fertigungsprozesse. Es bietet Rivian eine flexible Grundlage für die Entwicklung verschiedener Fahrzeugtypen und versetzt das Unternehmen in die Lage, effektiv auf die Anforderungen des Marktes und die Fortschritte der EV-Technologien zu reagieren.

Der Automobilhersteller hat erhebliche technische Verbesserungen vorgenommen, darunter eine neu gestaltete Karosseriestruktur für eine einfachere Montage und Gewichtsreduzierung sowie eine überarbeitete Fahrwerksabstimmung für verbesserten Fahrkomfort und besseres Handling. Mit den Aktualisierungen der R1-Reihe positioniert sich Rivian im Premium-EV-Segment. Dazu kommt eine neue Autonomes-Fahren-Plattform mit verbesserten Sensorik- und Konnektivitätsfunktionen.

Warum Rivian mit der Produktion Probleme kriegen könnte

Die jüngsten Produktionszahlen sind sowohl vielversprechend als auch problematisch. Im ersten Quartal 2024 zeigte Rivian eine starke Leistung, indem es fast 14.000 Fahrzeuge produzierte und etwas weniger auslieferte. Im zweiten Quartal kam es jedoch zu einem geplanten Produktionsrückgang, der nach Angaben von Rivian auf die Modernisierung des Werks zurückzuführen war und die Produktion auf knapp über 9.600 Einheiten zurückgehen ließ.

Trotz dieses vorübergehenden Rückschlags blieben die Auslieferungen relativ stabil. Das Unternehmen bleibt optimistisch und hält an seinem Ziel fest, im Jahr 2024 57.000 Fahrzeuge zu produzieren, wobei eine Produktionssteigerung in der zweiten Jahreshälfte erwartet wird, um dieses Ziel zu erreichen.

Im Jahr 2023 zeigte das Unternehmen aus Irvine eine starke Leistung und produzierte insgesamt 57.232 Fahrzeuge für das gesamte Jahr. Damit übertraf man das ursprüngliches Produktionsziel um mehr als 7.000 Einheiten und verzeichnete vier aufeinanderfolgende Quartale mit steigender Produktion.

Rivians Produktionspläne für zukünftige Modelle

Im Mittelpunkt der künftigen Produktionspläne von Rivian steht die Einführung der neuen R2-Plattform, die einen wichtigen Meilenstein für das Unternehmen darstellt. Diese Mittelklasse-Plattform, die im März 2024 vorgestellt wurde, bildet die Grundlage für den R2 SUV und den kleineren R3 Crossover und markiert die Expansion Rivians in erschwinglichere Marktsegmente. Die R2-Plattform ist eine entscheidende Entwicklung für Rivian, da sie auf Leistung, Reichweite und Kosteneffizienz ausgelegt ist. Sie umfasst fortschrittliche Fertigungstechniken, darunter Druckguss und eine Strukturbatterie – beides zielt darauf ab, die Komplexität zu reduzieren und die Produktionskosten zu senken.

Rivian plant, die Produktion der R2-Modelle in der ersten Hälfte des Jahres 2026 aufzunehmen. Zwar wurden noch keine konkreten Zahlen zur Produktionskapazität der R2-Linie bekannt gegeben, doch Rivian hat massiv in diese Produktionslinie investiert. Das bestehende Werk von Rivian in Normal hat derzeit eine Kapazität von 150.000 Fahrzeugen pro Jahr, die bei Bedarf auf 200.000 erweitert werden soll.

Der US-Autobauer plant jedoch auch ein neues Werk in Georgia mit einer Kapazität von 400.000 Fahrzeugen, dessen Bau im Jahr 2025 beginnen soll. Der neue Standort wird wahrscheinlich eine entscheidende Rolle bei der R2-Produktion spielen. Die große Kapazität deutet darauf hin, dass Rivian mit einer erheblichen Nachfrage nach den erschwinglicheren R2- und R3-Modellen rechnet.

Die Einführung der R2-Plattform und der dazugehörigen Modelle ist ein entscheidender Moment für Rivian. Mit einem angestrebten Einstiegspreis von rund 45.000 US-Dollar für den R2 positioniert sich das Unternehmen als direkter Konkurrent zu den etablierten E-Auto-Angeboten. Dieser Schritt könnte den Marktanteil und das Produktionsvolumen von Rivian erheblich steigern und das Unternehmen von einem Nischenhersteller von Luxus-Elektroautos in einen Volumenhersteller verwandeln, der in der Lage ist, die etablierten Automobilgiganten herauszufordern.

Rivian Produktion
Rivian hat über zwei Milliarden Dollar in das Werk in Normal investiert, um es in ein hochmodernes Zentrum für die Herstellung von Elektrofahrzeugen zu verwandeln. (Bild: Rivian)

Hat Rivians Werk in Georgia eine Zukunft?

Die Pläne von Rivian für eine Fünf-Milliarden-Dollar-Fertigung für Elektrofahrzeuge in Georgia wurden vorübergehend gestoppt – ein ziemlicher Einschnitt für das Unternehmen. Ursprünglich war das Werk zur Unterstützung der Produktion des Mittelklasse-SUV R2 angekündigt worden. Es sollte 7.500 Arbeitsplätze schaffen und jährlich bis zu 400.000 Fahrzeuge produzieren, wobei der Baubeginn für Anfang 2023 vorgesehen war.

Im März 2024 kündigte Rivian jedoch die Aussetzung der Bauarbeiten an, um die Investitionsausgaben zu senken und sich auf die Kosteneffizienz zu konzentrieren. Stattdessen plant das Unternehmen, die R2-Produktion in seinem bestehenden Werk in Normal, Illinois, aufzunehmen. Trotz dieses Rückschlags betonen die Verantwortlichen von Rivian und Georgia, dass das Projekt nicht aufgegeben, sondern nur verschoben wurde. Der Standort wurde bereits vorbereitet, die Planierungs- und Bauarbeiten sind abgeschlossen.

Rivian betrachtet die Anlage in Georgia als eine wichtige Element seiner langfristigen Produktionsstrategie, um unter anderem die erwartete Nachfrage nach seinen Fahrzeugen zu decken. Während der Zeitplan für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten ungewiss bleibt, hat Rivian bis Ende 2030 Zeit, seine Verpflichtungen aus dem Wirtschaftsabkommen mit dem Bundesstaat Georgia zu erfüllen.

Wie sehen Rivians Produktionsziele für die Zukunft aus?

Für das Jahr 2024 strebt das Unternehmen eine Produktion von 57.000 Fahrzeugen an – eine konservative Zahl, die mit den Zahlen aus dem Vorjahr korrespondiert. Diese Entscheidung ist auf die geplanten Modernisierungen und Effizienzverbesserungen im Werk in Normal zurückzuführen, die Anfang des Jahres zu einer dreiwöchigen Produktionspause führten.

Für das Jahr 2025 rechnet Rivian mit einer höheren Produktion, wobei jedoch keine konkreten Ziele bekannt gegeben wurden. Das Unternehmen plant eine weitere Produktionspause Ende 2025, um die Einführung seines R2-Modells im Jahr 2026 vorzubereiten, was darauf hindeutet, dass nach 2025 ein erhebliches Wachstum stattfinden könnte.

Dieser Artikel erschien im englischen Original bei automotive manufacturing solutions.

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