Vier Zapfhähne einer Tankstelle.

HVO-Diesel ist bislang nur in wenigen Ländern verbreitet. (Bild: AdobeStock / Milan)

Totgesagte leben länger. Nachdem synthetische und regenerative Kraftstoffe im öffentlichen Diskurs mehrfach abgeschrieben und der Elektromobilität untergeordnet wurden, setzt Audi diese wieder auf die Tagesordnung. Parallel zu der Strategie, alle neuen Modelle ab 2026 ausschließlich mit Elektromotor auf den Markt zu bringen, steigert der Autohersteller die Umweltverträglichkeit seiner Verbrenner. „Hierzu schaffen wir auch die technischen Voraussetzungen für die Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe wie HVO“, erklärt Oliver Hoffmann, Vorstand für Technische Entwicklung bei Audi.

Welche Audi-Modelle können HVO tanken?

Demnach können alle V6-Dieselaggregate bis einschließlich 210 kW (286 PS) Leistung in den Baureihen A4, A5, A6, A7, A8, Q7 und Q8, die seit Mitte Februar 2022 produziert werden, den HVO-Kraftstoff (Hydrotreated Vegetable Oil) tanken. Die Freigabe für den Q5 soll Anfang März und für den A6 Allroad in der Ausbaustufe bis 180 kW (245 PS) im Sommer erfolgen.

Bei Volkswagen könne der Touareg in der Leistungsklasse mit 170 kW (231 PS) und 210 kW (286 PS) den nachhaltigen Dieselkraftstoff tanken, erläutert die Konzerntochter. In Europa besteht zudem eine Freigabe für die seit Juni 2021 gebauten 4-Zylinder-Dieselaggregate im Audi A3, Q2 und Q3. Die Baureihen A4, A5, A6, A7 und Q5 sind in Schweden, Dänemark und Italien ebenfalls seit Mitte des letzten Jahres HVO-fähig.

Wie wird der HVO-Kraftstoff hergestellt?

Für die Herstellung von HVO werden Rest- und Abfallstoffe verwendet – wie etwa Altspeiseöl aus der Lebensmittelindustrie oder Rückstände aus der Landwirtschaft. Mittels Wasserstoff erfolgt die Umwandlung der Öle in kettenförmige Kohlenwasserstoffe. Sie können herkömmlichem Diesel beigemischt oder als Reinkraftstoff genutzt werden.

Es handelt sich hierbei um einen sogenannten BTL-Kraftstoff (Biomass-to-Liquid), der sich von Herstellungsverfahren synthetischer Kraftstoffe wie GTL (Gas-to-Liquid) oder PTL (Power-to-Liquid) unterscheidet. Als Sammelbegriff für diese reFuels oder E-Fuels der europäischen Kraftstoffnorm EN 15940 wird die Bezeichnung XTL (X-to-Liquid) verwendet. Freigegebene Audi-Modelle verfügen über einen XTL-Aufkleber im Tankdeckel.

Sind Refuels in Deutschland verfügbar?

Laut Audi spart HVO im Vergleich zu fossilem Diesel etwa 70 bis 95 Prozent der CO2-Emissionen ein. Der nachhaltigere Sprit weise eine effizientere und sauberere Verbrennung auf. „Die um etwa 30 Prozent gesteigerte Cetanzahl von HVO macht die Motoren zündwilliger, was sich besonders beim Kaltstart positiv bemerkbar macht“, erklärt Matthias Schober, Leiter Entwicklung Antriebsstrang V-TFSI, TDI und PHEV bei Audi. Vor der Freigabe habe der Autobauer darüber hinaus die Auswirkungen auf verschiedene Bauteile sowie die Leistung getestet.

Ein großer Schwachpunkt ist die derzeitige Verfügbarkeit: HVO-Diesel ist laut dem Premiumhersteller an über 600 Tankstellen in Europa verfügbar, wobei ein Großteil auf Skandinavien entfällt. In Deutschland gebe es erst vereinzelte Angebote. Im Gegensatz zu fast allen anderen EU-Ländern sei die Kraftstoffnorm EN 15940 nämlich noch nicht im deutschen Regelwerk zur Qualität von Kraftstoffen aufgeführt.

R33 kann mit allen Fahrzeugen getankt werden

Trotz überschaubarem Angebot wollen Audi und der Volkswagen-Konzern weitere Motoren für erneuerbare, synthetische Kraftstoffe freigegeben. Unter maßgeblicher Beteiligung der Konzernmutter wurde bereits das umweltschonende R33 Blue Diesel entwickelt, das seit März 2021 an den Werkstankstellen in Ingolstadt und Neckarsulm sowie einigen öffentlichen Tankstellen angeboten wird.

Der zu 33 Prozent aus Rest- und Abfallstoffen gewonnene Diesel erfüllt die heute übliche Norm EN 590 und ist für alle Fahrzeuge zugelassen. Analog dazu ist in Kürze die Einführung des Benzinpendants geplant. Auch R33 Blue Gasoline kann demnach in der gesamten Bestandsflotte eingesetzt werden.

Die unterschiedlichen Dieselkraftstoffe im Überblick.
Nach dem R33-Diesel gibt Audi einen regenerativen Reinkraftstoff frei. (Bild: Audi)

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