Natürlich hätte man den Genesis G70 auch auf der Frankfurter IAA präsentieren können. Doch wie schon vor knapp zwei Wochen Nissan mit seinem Elektromodell Leaf II wählten die Koreaner einen anderen Weg, um den weltweiten Markenauftakt mit dem Mittelklassemodell Genesis G70 zu zelebrieren. "Der Genesis G70 ist unser neuester Beweis, dass wir innovative, kundenorientierte Fahrzeuge auf den Markt bringen", sagt Woong-Chul Yang, verantwortlicher Entwicklungs-Chef des Hyundai-Konzerns, "wir werden uns weiterhin auf Forschung sowie Entwicklung fokussieren und die Marke Genesis ausweiten." Während am Entwicklungsstandort Namyang der G70 erstmals offiziell enthüllt wurde, feierten 15.000 Koreaner im Olympiapark von Seoul zeitgleich die Weltpremiere und den offiziellen Start der Marke Genesis mit verschiedenen bekannten Künstlern wie Gwen Stefani. Genesis ist bisher nur in Korea sowie den USA auf dem Markt und soll in den kommenden drei Jahren weltweit ausgerollt werden. "Die Premiere des Genesis G70 ist ein wichtiger Meilenstein für unsere Marke", so Manfred Fitzgerald als Chef der Genesis-Division.
Mit dem G70 stößt Genesis, Nobelableger von Hyundai, mitten ins europäische Autoherz. "Bei dessen Entwicklung ist der BMW 3er für uns der Maßstab, an dem wir uns orientieren", ergänzt Alfred Biermann mit Blick auf seinen alten Arbeitgeber, die Garchinger M GmbH. Das Design mit kurzen Überhängen und einer langen Haube ist betont sportlich und gefällig, während man sich bei den Antrieben im Konzernregal bedienen durfte. Neben einem 3,3 Liter V6-Topmodell wird der G70 mit einem Zweiliter-Turbo und einem 2,2 Liter großen Commonraildiesel verfügbar sein. Marktstart in seiner Heimat Korea ist noch in diesem Monat; andere Regionen wie die USA sollen zeitnah folgen. Topmodell des dynamisch anmutenden Genesis ist der G70 Sport, der von einem aufgeladenen 3,3-Liter-V6 mit 370 PS und 520 Nm Drehmoment angetrieben wird, das ihn 270 km/h schnell macht. Die beiden Vierzylinder leisten 255 PS / 360 Nm ( Benziner) sowie 202 PS / 450 Nm ( Diesel). Gerade die kleineren Triebwerke sollen auch dem europäischen Markt schmecken.
Auch wenn Design und Antriebe stimmen, wird der später geplante Markeneinstieg in Europa und speziell Deutschland kein Selbstläufer. Daher will Markenchef Manfred Fitzgerad warten, bis die rechten Produkte verfügbar sind und ein Markenimage positioniert ist. "Ende 2019 / Anfang 2020 werden wir über ein komplett neues Portfolio verfügen. Dann werden wir starten", gibt es für Fitzgerald aktuell keinen Grund zur Eile. So wird die Luxuslimousine G90 als Konkurrent von BMW 7er und Mercedes S-Klasse bis dahin eine gründliche Modellpflege bekommen und der kommende G80 komplett neu entwickelt sein. Zu groß ist selbst bei dem frisch aufgelegten Genesis G80 Sport mit seinem 3,3 Liter großen V6-Doppelturbo und 370 PS das Minus gegenüber Klassenprimus BMW 5er und der Mercedes E-Klasse.
2020 nach Europa
Um auf dem europäischen Markt bestehen zu können, kommt dem Einstiegsmodell des Genesis G70 eine zentrale Bedeutung zu. Doch mit G70, G80 und G90 allein ist weder in den USA, noch in China oder den USA gegen die übermächtige Konkurrenz etwas zu holen. Desweiteren wird es zum Jahrzehntewechsel zwei SUV geben, deren größere Version GX80 sich mit einem Audi Q7 messen soll, während der kleine Bruder GX70 es mit den kommenden Generationen von BMW X3 / X5 oder Mercedes GLC / GLE aufnehmen wird. Hybridmodelle wird es nicht geben, da Genesis ab 2021 / 2022 zwei Elektroplattformen präsentieren wird, die SUV und Limousinen eine elektrische Heimat geben sollen.
Ebenso sehenswerte wie technisch zeitgemäße Fahrzeuge sind dabei das eine. Bleibt die Frage, wie die Modelle selbst bei entsprechender Markenpositionierung unter die Leute gebracht werden sollen. Hier setzt Genesis in den meisten Ländern und so auch in Deutschland, England oder der Schweiz auf einen Direktvertrieb. Dazu wird es in einigen Metropolen im Stadtzentrum schicke Markenshops mit Boutique-Charakter geben. Noch sind keine Entscheidungen getroffen, doch München, Zürich und London scheinen dabei als Startpunkte gesetzt. "Die Suche nach den richtigen Objekten läuft gerade", berichtet Manfred Fitzgerald. Wartung, Reparaturen und Testfahrzeuge stehen dann in einer Niederlassung weiter außerhalb. Der Rest läuft ohne Händler - ebenso komplett online vernetzt wie die Autos selbst. Zwei Jahre hat Hyundai noch Zeit, den Genesis-Start in Europa vorzubereiten. Es gibt viel zu tun, denn die Aufgabe, die Premiummärkte in der alten und neuen Welt im Gleichschritt zu erobern, könnte größer nicht sein.