Alles nicht neu - alles schon einmal da gewesen. Die unsterbliche Brennstoffzellenbewegung schwappt alle paar Jahre über die Autoindustrie hinweg. Die Probleme geringer Reichweiten, unförmiger Tanks, Abdampfens bei längerem Parken und Fahren bei Minustemperaturen sind mittlerweile gelöst. Doch die größten Probleme des Wasserstoffs im Auto sind nach wie vor aktuell. Das Tankstellennetz ist an sich nicht als solches zu bezeichnen. In Deutschland gibt es derzeit nicht einmal 50 Zapfsäulen, an denen sich Wasserstoff nachtanken lässt. Die nächste Hürde: potenzielle Kunden wissen mit dem Begriff Wasserstoff-Auto ebenso wenig anzufangen mit dem Begriff Brennstoffzelle. Dabei lässt sich die Technik leicht erklären, denn der 700-bar-Tank ist nichts anderes als ein flüssiges Akkupaket. Der an der Tankstelle nachgezapfte Wasserstoff wird durch ein chemisches Verfahren während der Fahrt zu elektrischer Energie umgewandelt. Da sich der Tank wie beim neuen Hyundai Nexo in zweieinhalb bis fünf Minuten befüllen lässt, kann man auf ungewollte Kaffeepausen an Hochleistungsladegeräten verzichten. Auch der Kaltstart ist mittlerweile bis zu -30 Grad Celsius möglich.
Doch gerade der immer stärker aufkommende Elektroantrieb könnte für Modelle wie den Toyota Mirai, den Honda F-Cell oder den neuen Hyundai Nexo der Sargnagel sein. Die Autohersteller können ihre Entwicklungsmilliarden nicht in allzu viele Töpfe aufteilen und so kann man nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Der Großteil der Gelder fließt derzeit in die Weiterentwicklung von Benzin- und Dieselmotoren; der andere Teil wird in Elektroantriebe und hier nicht zuletzt in Akkutechnik gepumpt. Da bleibt für die Brennstoffzelle selbst bei großen Konzernen nicht mehr viel übrig. So ist es zu erklären, dass die meisten Autohersteller aus der Brennstoffzellenentwicklung weitgehend ausstiegen und diese nur noch in kleinen Teams als Mitlauf-Technologie beackern. Zuletzt verließ Mercedes der Mut, die den Mittelklasse-SUV GLC an sich schon Ende 2017 als Wasserstoffversion auf den Markt bringen wollten. Doch auch bei Daimler sieht man die Brennstoffzelle langfristig eher bei den Nutzfahrzeugen, um bei Lastwagen mit hohen Lasten große Reichweiten realisieren zu können.
Etwas anders sieht es bei Hyundai aus. Die Koreaner setzen vorrangig ebenfalls auf Wasserstoff für City- und Langstreckenbusse; hatten in kleinen Portionen bereits den ix35 unter Alltagsbedingungen auf eine Handvoll interessierter Kunden losgelassen. Der 4,67 Meter lange Nexo ist Versuch Nummer zwei und er verschafft sich mit dem Karosseriekleid eines SUV vom Start weg gleich etwas Rückenwind, denn weder Toyota Mirai noch Honda F-Cell sind visuelle Schönheiten, noch bedienen sie ein Volumensegment. Auf den ersten Blick ist der Hyundai Nexo ein ganz normaler SUV mit Platz für bis zu fünf Personen. Wegen des verschrobenen Gesichts mit zugekniffenen LED-Schlitzen oben und runden Scheinwerfern im Dreiecksrahmen mag man über die Absichten des Designteams nicht urteilen, aber sonst bedient der Koreaner gefällige Formen und die breite Masse.
Hoher Alltagsnutzen - 600 km
Im Innenraum gefällt der breite Flachbildschirm als Instrumenteneinheit, der bis weit zum Beifahrer herüberreicht. Weniger aufgeräumt zeigt sich der überbreite Mitteltunnel mit allerhand Bedienmodulen, die alles andere als übersichtlich positioniert sind. Für ein Zukunftsauto spielt hier noch allzu sehr die alte Welt und der Fokus ist auf die USA gerichtet. Das Platzangebot bietet so viel Raum, wie man es von einem Mittelklasse-SUV mit einer Länge von knapp 4,70 Metern erwartet. Vier Personen gehen allemal; sitzen drei Personen in Reihe drei, wird es allerdings kuschliger als es einem lieb ist. Der Laderaum hinter der elektrischen Heckklappe ist mit 839 Litern mehr als üppig. Einschränkungen durch die drei crashsicheren Gastanks? Fehlanzeige.
Das Herz des Hyundai Nexo sitzt unter der Motorhaube. Dort, wo man einen drehmomentstarken Diesel oder einen ebensolchen Turbobenziner erwartet, gibt es gleiches; nur eben als Elektroantrieb, der von einer Brennstoffzelle mit der nötigen Energie versorgt wird. Das Triebwerk leistet 120 kW / 163 PS und ein maximales Drehmoment von 395 Nm, was einen Spurt 0 auf Tempo 100 in 9,2 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 179 km/h ermöglicht. Die Leistung des Triebwerkes mit einem beeindruckenden Effizienzgrad von über 60 Prozent setzt sich aus einem 95-kW-Stack sowie einem 40-kW-Akkupaket zusammen. Deutlich mehr dürften sich die Interessenten des ab Sommer auch in Europa erhältlichen Fahrzeugs für die Reichweite interessieren.
Leise, kraftvoll, sauber
Die ist beim neuen Hyundai Nexo allemal als üppig zu bezeichnen. Mit einer Tankfüllung in den drei im Unterboden verborgenen Karbonbehältern schluckt der Koreaner 6,3 Kilogramm Wasserstoff und ermöglicht somit eine WLTP-Reichweite von rund 600 Kilometern. Noch besser: der Ladevorgang dauert je nach Zapfsäule gerade einmal zwischen zweieinhalb und fünf Minuten. Doch das große Problem der Wasserstoffmodelle ist trotz der alltagstauglichen Reichweite nicht gelöst. In Deutschland gibt es derzeit nicht einmal 50 Tankstellen. Dass das nicht ausreicht, weiß Sae Hoo Kim, Entwicklungsleiter des Hyundai Nexo nur zu gut. "Wir haben in Korea gerade einmal elf Tankstellen, die Hälfte davon sind Forschungszapfsäulen. Wir bräuchten in unserem Land 80 bis 100, damit davon eine echte Initiative ausgeht. Doch insgesamt müssten es mindestens 400 sein."
Eine solche Zahl schwebt auch in Deutschland seit Jahren bei allen Planungen mit. Denn was nützt es, dass der Hyundai Nexo sich im Alltag wie ein ganz normaler SUV bewegen lässt. Er ist flott, wer will sogar schnell und lässt aus seinem Auspuff trotz aller Dynamik nur allerreinsten Wasserdampf entweichen. Der Elektromotor ist nie zu vernehmen und an die leicht entkoppelten Systeme von Lenkung und Bremsen gewöhnt man sich schnell. Viel mehr fällt das geringe Geräuschniveau auf und dass die 395 Nm den alles andere als leichten Crossover allzu munter aus jedem Tempo munter beschleunigen. Die Insassen sitzen bequem und der 12,3 Zoll große Bildschirm bringt echten Premiumcharme in den SUV, der aufgrund seiner drei Tanks jedoch nur als Fronttriebler angeboten wird. Doch wenn die Zapfsäulen fehlen, dann hat die Kundennachfrage einen schmerzhaften Makel. Der dürfte auch der Preis bleiben, denn auch wenn der Hyundai Nexo ab August zu einem Preis angeboten wird, der unter dem des Vorgängers ix35 liegt, dürften es knapp 60.000 Euro sein, mit denen der ökologisch interessierte Endkunde rechnen muss. Viel Geld für jede Menge Hightech und eine exzellente Serienausstattung.
Dabei bietet der Nexo nicht nur eine sehr gute Navigation, elektrische / beheizte Sitze, sondern auch Soundsystem und ein Fahrerassistenzpaket, dass die bekannten Systeme allemal in den Schatten stellt. Problemlos geht es auf der Autobahn bis Tempo 145 eine knappe Minute ohne ins Lenkrad zu greifen und auch wenn der ein oder Lenkeingriff etwas ruppig erscheint. Das System liefert einen echten Mehrwert und lässt einen nicht nach 15 Sekunden wieder entnervt ans Steuer greifen. Noch ist nicht endgültig geklärt, was mit dem Stack passiert, der aus dem Wasserstoff während der Fahrt die Energie gewinnt. "Bisher hielt unser Stack im Hyundai ix35 fünf Jahre", erklärt Sae Hook Kim, "im Nexo sind es 5.000 Betriebsstunden oder zehn Jahre. Danach kann man ihn entweder mit geringerer Leistung anderweitig weiternutzen oder recyclen, wozu ich tendiere." Der Hyundai Nexo wird eine zehnjährige Garantie bis 160.000 km bieten. Bleibt abzuwarten, ob Hyundai mit dem Nexo den Sprung ins Volumengeschäft schafft. Vom Vorgänger ix35 wurden gerade einmal 200 Fahrzeuge pro Jahr produziert. Vom Nexo sollen es ein paar tausend sein.