Für Gewerbetreibende und Fuhrunternehmer gibt es beim Lastwagen nur eine Messgröße: das liebe Geld. Sie nennen es TCO - Total Cost of Ownership. Ein Lastwagen, der nicht fährt, verdient nichts. Und dabei sind die Anschaffungskosten oftmals nur ein vergleichsweise kleiner Teil des finanziellen Gesamtpakets. Denn zudem müssen die Unterhaltskosten so niedrig als möglich sein. "Alle neuen Anwendungen für Nutzfahrzeuge werden mit Geld aufgewogen und müssen daher wirtschaftlich und effizient sein", unterstreicht Dr. Markus Heyn, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH. Entsprechend präsentieren sich die 2.000 Aussteller auf der IAA mit ihren Produktneuheiten von der Smartphone-App bis zum schweren Minentransporter.
Natürlich geht es auf der Nutzfahrzeug-IAA in Hannover darum, dass der Fahrer bequem sitzt und sich auf den langen Strecken im Fahrerabteil maximal entspannen kann, das Schlafabteil ein neues Komfortniveau bekommt und WLan längst TV und Videorekorder abgelöst hat. Mit der Vernetzung der Nutzfahrzeuge - egal ob 40-Tonner oder Kleinlastwagen - soll in erster Linie jedoch die Effizienz gesteigert werden. Perfekt aufeinander abgestimmte Routen, kurze Standzeiten, einfaches Be- und Entladen - das alles kommt noch vor den zunehmend schärfer werden Regularien, die Fahrzeuge sparsamer und insbesondere sauberer werden zu lassen.
Platooning, ein Wort, das viele leicht verkürzt nur aus dem Kino kennen, soll für die schweren Lastwagen die Zukunft sein. In einem Platoon verketten sich mehrere Lastwagen virtuell miteinander und sind so auf langen Autobahnstrecken in einem geschlossenen Zug unterwegs. Der reduziert durch eine verbesserte Aerodynamik nicht nur den Verbrauch und verringert die Verkehrsfläche auf Autobahn oder Schnellstraße. Der große Vorteil ist das verringerte Unfallrisiko, denn die Fahrzeuge sind direkt miteinander vernetzt und fahren als eine Einheit, bis einer aus dem Platoon ausschert. Trotz deutlich verringertem Sicherheitsabstand sinkt die Gefahr eines Auffahrunfalls beträchtlich, da die vernetzten Fahrzeuge im Platoon autonom unterwegs sind - eigenständig bremsen und beschleunigen. Abgelenkte Fahrer oder ein zu geringer Sicherheitsabstand verlieren so ihren Schrecken.
Bunter Transportermarkt
Neben dem Schwerverkehr über lange Strecken geht es auf dem Hannoveraner Messezentrum mehr als in den Jahren zuvor um das Thema Innenstadt. Hybride Transporter, Nutzfahrzeuge mit Wasserstoffantrieb und nicht zuletzt autonome Busse sind an der Leine zu bestaunen. "Wir werden eine Vision bringen, wie wir uns den Stadtverkehr der Zukunft vorstellen. Die Frage ist nämlich, wie es weitergeht, wenn der Fernverkehr seine Ware abgeliefert hat", so Daimlers Nutzfahrzeug-Vorstand Dr. Wolfgang Bernhard, "Kern dieser Vision sind voll elektrisch fahrende Lkw und ein Viereinhalbtonner-Sprinter, ebenfalls voll elektrisch, mit Drohnen und Robotern, die dann die kleinen Pakete ausliefern." Die Stuttgarter haben in Amsterdam vor einigen Monaten bereits einen autonom fahrenden City-Bus vorgestellt, der auf speziellen Busspuren teilautonom unterwegs ist. Hartmut Schick, Leiter von Daimlers Bussparte: Wir investieren in den nächsten fünf Jahren rund 200 Mio. Euro in die Weiterentwicklung unseres Stadtbus Portfolios. Die Vorteile des CityPilot für unsere Kunden liegen auf der Hand: Unser Future Bus ist verbrauchseffizient und aggregatschonend unterwegs. Das wirkt sich positiv auf Unterhalt, Wartungskosten, Lebensdauer und Verfügbarkeit aus."
Europas Nutzfahrzeug-Marktführer Ford präsentiert auf der IAA sein komplettes Produktportfolio mit den vier Nutzfahrzeug-Baureihen des Transits sowie den rustikalen Ranger Pick Up. Die Kölner zeigen ebenso wie die Konkurrenz von PSA, Fiat oder Volkswagen zahlreiche Transporter verschiedenster Größe und zahlreiche Aufbauten sowie Sonderlösungen. Ein Hingucker sind Modelle wie der Ford Transit Nugget oder der VW Multivan Panamericana, der die Vorteile eine SUV mit denen eines Familientransporters kombiniert. Neben dem Ford Ranger gibt es in Hannover nicht nur den VW Amarok, sondern auch den Mitsubishi L200 und den nahezu baugleichen Fiat Fullback zu sehen. Pick Ups sind in Europa nach wie vor in einer Halbwelt zwischen Freizeitmobil und Nutzfahrzeug unterwegs - mit immer größer werdender Nachfrage.
Doch es geht auf der Nutzfahrzeug-IAA mit ihren über 2.000 Ausstellern nicht nur um die Lastwagen verschiedenster Größen und deren Aufbauten an sich. Denn Klemmbretter und analoge Frachtpapiere sind zumindest bei den großen Unternehmen bald Vergangenheit. Durch die Vernetzung erfolgt das Ladungsmanagement zukünftig einfach und vollelektronisch per Tablet oder Smartphone und erspart den nervigen Papierkram. Die Zukunft hat auch hier längst begonnen, auch wenn der autonome Bus oder Lastwagen noch ein paar Jahre auf sich warten lassen dürfte.Die IAA Nutzfahrzeuge findet vom 22. bis 29. September 2016 auf dem Messegelände Hannover (Hermesallee, 30521 Hannover) täglich in der Zeit zwischen 9 und 18 Uhr statt. Der Fachbesucheranteil liegt traditionell über 75 Prozent. Die Tickets kosten zwischen 7 und 22 Euro.