Während andere Autohersteller alles auf die SUV-Karte setzen und das eigene Modellprogramm langsam ausmisten, geht Daimler einen anderen Weg. Gab es von der vergangenen Modellfamilie auf der Frontantriebsplattform fünf Sternen-Fahrzeuge, so wird das untere Ende des Mercedes-Programms sukzessive auf acht Versionen ausgeweitet. Nach der Mercedes A-Klasse und der vanartigen B-Klasse, die auf dem Pariser Salon im Oktober ihre Premiere feiert, kommt im Frühjahr 2019 auch die europäische A-Klasse Limousine auf den Markt. Noch in diesem Jahr rollt diese auf den amerikanischen Kontinent, produziert im noch jungen Mexiko-Werk in Aguascalientes. Optisch ist sie bis zur hinteren Tür mit dem Schrägheckmodell identisch, doch statt des steil abfallenden Kompakthecks gibt es einen echten Kofferraum mit 420 Litern Volumen, der sich vom hängenden Hinterteil-Design der auslaufenden CLA-Generation glücklicherweise befreit hat. Wie schon beim direkten Konkurrenten Audi A3 sieht die Stufenheckversion von der Seite ebenso wie von hinten für viele Sternenjünger stimmiger und besser aus als die Variante mit Schrägheck.

Von der 4,61 Meter langen Chinaversion unterscheidet sich die A-Klasse Limousine nicht nur durch den mexikanischen Produktionsstandort, sondern auch ein Längenminus von sechs Zentimetern beim Radstand. Dadurch geht es im Fond für die Beine recht eng zu und zumindest wenn in der ersten Reihe Erwachsene mit Gardemaß Platz genommen haben, können im Fond kaum mehr als Kinder sitzen. Sonst ist alles wie bei der bereits vorgestellten Mercedes A-Klasse mit Schrägheck. Nicht nur durch die Länge von 4,55 Metern knabbert die A-Klasse Limousine dabei von unten schmerzhaft an der jüngst nur blass überarbeiteten Mercedes C-Klasse. Im Gegensatz zu ihr gibt es zwar nennenswert weniger Platz, aber auch deutlich weniger Gewicht und mehr Modernität, die am meisten durch das neue Anzeige- und Bediensystem MB UX auffällt. Überhaupt lässt sich die neue A-Limousine für ein überaus erwachsenes Kompaktklassemodell so ausstatten, als wäre man in der Mittelklasse zuhause. Klimatisierte Sitze, vernetzte Navigation, sehr gute Sprachbedienung, Head-Up-Display, elektrisches Panoramadach und zahlreiche Sportoptionen dürften nicht nur die Konkurrenz aus Asien und Europa, sondern auch die benachbarte Mercedes C-Klasse unter Druck setzen, die abgesehen vom größeren Platzangebot nicht mehr bietet – im Gegenteil.

Bei den Motoren darf es in den USA gerne ein bis zwei Nummern größer sein und so bleiben die europäischen Basisversionen A 180d mit schlappen 86 kW / 116 PS / 260 Nm sowie der A 200 mit 120 kW / 163 PS / 250 Nm außen vor. Zwischen Seattle, Houston und Boston geht es mit dem A 220 los, dem mit seinen 140 kW / 190 PS auch in Europa eine zentrale Bedeutung kommen dürfte. Er nimmt im US-Portfolio zukünftig jene Rolle ein, die einst dem CLA 250 zukam, der mit einem Einstandspreis von knapp unter 30.000 US-Dollar die günstigste Möglichkeit war, in Obama-Country einen Mercedes zu bewegen. Im Trump-Land kommt diese Rolle ab sofort dem Mercedes A 220 zu, der nicht nur im amerikanischen Snowbelt optional auch mit dem überaus beliebten Allradantrieb 4matic zu bekommen ist. Gewohnt problemlos arbeitet das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe aus eigener Produktion.

Strammes Gesamtpaket

Der aufgeladene Zweiliter-Benziner ist eine unspektakuläre, aber gute Wahl für den rund 1,5 Tonnen schweren Viertürer. Mit dem Turbomotor lässt sich der Mexikaner, dessen europäische Modelle aus dem Werk Rastatt stammen werden, flott und betont unaufgeregt bewegen. 300 Nm maximales Drehmoment sorgen bereits bei niedrigen Drehzahlen für einen munteren Durchzug, während sich der Normverbrauch von 6,5 Litern im erwarteten Rahmen bewegt. Störend präsentiert sich unter Last ab mittleren Drehzahlbereichen allein der Motorklang, den man vor Jahren allenfalls einer seelenlosen japanischen Mittelklasselimousine zugetraut hätte. Das ausgewachsene Klangsyndrom, das längst auch die Premiumkonkurrenz aus Ingolstadt oder München bei den Vierzylindern ereilt hat, hat auch Mercedes im Griff.

Besser schlägt sich die Abstimmung von Federn und Dämpfern bei der neuen A-Klasse Limousine; vorausgesetzt, man hat sich für das rechte Fahrwerk und die entsprechende Rad-Reifen-Kombination entschieden. Kommod und unaufgeregt geht es beim A 220 4matic vonstatten, wenn man die optionalen 19-Zöller allein dem Verkaufskatalog überlässt und sich nicht für Sportfahrwerk und die um 15 Millimeter tiefer gelegte Komfortversion entscheidet. Dann federt die günstigste US-Möglichkeit einen Mercedes zu fahren, allzu stößig und unkommod an, ohne dabei wirklich sportlich sein zu können. Lange Bodenwellen verarbeitet das Fahrwerk dagegen deutlich besser als Querfugen, deren Höhenunterschiede sich deutlich im Innenraum und dem Gebälk der Karosserie bemerkbar machen. Angenehm und präzise: die feine Servounterstützung der Lenkung, die einen bei entsprechender Sonderausstattung auch teilautonom durch den Alltagsverkehr leitet und einen nach wenigen Sekunden wieder dazu animiert, verantwortungsvoll das Lenkrad zu greifen. Wieso der adaptive Tempomat sich selbst auf Highways bei Kurven einbremst, die an sich keinen Grund für eine Geschwindigkeitsreduktion geben, bleibt ein Geheimnis der schwäbischen Sicherheitsphilosophie.  

Der Basispreis für die Mercedes A-Klasse Limousine als 163 PS starker 200er mit 1,3 Litern Hubraum liegt bei 30.916 Euro. Weniger als der A 220, der in Deutschland ausschließlich als 190 PS starke Allradversion mit Doppelkupplungsgetriebe angeboten wird, sollte es jedoch nicht sein. Mit entsprechend sinnvoller Ausstattung inkl. Navigation, den beiden 10,25-Zoll-Displays des MB UX, LED-Scheinwerfern, Sitzheizung, Fahrerassistenzpaket und Soundsystem drückt sich der Einstiegspreis von 36.431 Euro schnell deutlich über die 40.000-Euro-Marke.

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