Man kann dem Maybach GLS nicht unterstellen, dass er sich optisch zurückhalten würde. Im Unterschied zum normalen GLS gibt es üppigsten Chromzierrat an Front, Heck und Flanke, sowie spezifische Räder und einen Kühlergrill mit Vertikalstreben, der einem Angst machen kann. Erstmals thront auf einem Geländewagen der Schwaben der Stern als erhabene Kühlerfigur, die ihr Antlitz selbstbewusst in den Fahrtwind reckt. Klein und fast dezent darunter der Maybach-Schriftzug. Anders als man es von den Maybach-S-Klasse kennt, wird der Hochsitz-Maybach als Topversion nicht von einem standesgemäßen V12-Turbotriebwerk beflügelt. Unter der Haube gibt es einen vier Liter großen V8-Doppelturbo mit 410 kW / 557 PS und einem maximalen Drehmoment von 730 Nm.
Das ist Leistung satt, jedoch ein nennenswertes Imageminus zu den Hauptwettbewerbern Rolls-Royce Cullinan und Bentley Bentayga, die ihren erlauchten Kunden das königliche Zylinderdutzend nebst entsprechenden Leistungsausbrüchen liefern. Überraschend zudem, dass der 5,21 Meter lange Maybach GLS mit seinen 557 PS sogar deutlich hinter der Version des AMG GLS 63 mit seinen 612 PS und 850 Nm zurückbleibt. Fragt man nach der Möglichkeit eines späteren V12 im Maybach-GLS, schüttelt man im Hause Daimler nur dezent den Kopf. Das gilt auch für einen Plug-in-Hybriden und so bleibt der Normverbrauch von 12,0 Litern SuperPlus auf 100 Kilometern üppig.
Der Achtzylinder selbst ist ein ein alter Bekannter aus dem Konzernregal. Er ist kraftvoll, arbeitet im Maybach GLS dezent zurückhaltend und beschleunigt nicht zuletzt dank seines verbauten Startergenerators (zusätzliche 16 kW / 22 PS / 250 Nm) mit 48-Volt-Bordnetz jederzeit spielerisch. Aus dem Stand geht es in knapp unter fünf Sekunden auf Tempo 100 und bei 250 km/h wird abgeriegelt. Dabei merkt man dem 2,8-Tonnen-Koloss jedoch bei ambitionierter Gangart an, dass der doppelt aufgeladene Achtzylinder nur über einen Brennraum von vier Litern verfügt. Verglichen mit dem gigantischen Cullinan und dem etwas sportlicheren Bentayga ist die Minderzahl von Brennkammern und Hubraum deutlich zu spüren. So sahnig, so bullig und so souverän ist der Maybach GLS dann eben nicht und das Leergewicht ist mit nahezu 2,8 Tonnen eben gewaltiger denn je. Das spürt man auch hinter dem Steuer nicht nur im flotten Galopp, sondern speziell auf der kurvenreichen Landstraße - trotz Allradantrieb und einer dezent im Hintergrund werkelnden Neungang-Automatik.
Gewaltiger Luxus im Fond
Beeindruckend ist jedoch das Fahrwerk, das mit allem ausgestattet ist, was die Sternenkrieger derzeit im Angebot haben. Luftfederung, Wankausgleich und eine entsprechend verstellbare Dämpfung sorgen für besten Reisekomfort. Für Kunden, die nicht vorne links sitzen, sondern sich hinten rechts chauffieren lassen, gibt es unter den Fahrprogrammen einen speziellen Maybach-Modus, der noch mehr Sänftengefühl in den Fond bringt. Die Wank- und Nickbewegungen sind dann deutlich stärker spürbar, jedoch bügelt die Luftfeder über nahezu alles weg, was sich so auf der Fahrbahn und den bis zu 23 Zoll großen Rädern befindet. Die so genannten Curve-Funktion mit einem Gegendruck zu den in Kurven auftretenden Fliehkräften bleibt Geschmacksache und lässt sich glücklicherweise ein- oder ausschalten.
Wenn etwas im mindestens 156.078 Euro teuren Maybach GLS 600 eine echte Schau ist, dann sind es die elektrisch ausfahrbaren Trittbretter, denn diese sind protzig, imposant und gefühlt so gigantisch wie ein Surfbrett. Problemlos können so alle vier Gäste über die Kletterstiege in den komplett belederten Innenraum schlüpfen, der speziell im Volant jedoch im Vergleich zur neuen Mercedes S-Klasse mit ihrem zentralen Großbildschirm abfällt. Der GLS ist eben doch nur ein verlängerter Mercedes GLE und der Maybach ist dessen schicker Luxusableger. Komplett überspielen können das auch die Maybach-Signets innen und außen nicht.Während die erste Reihe nahezu identisch mit dem Mercedes GLS ist, wurde der Fond mit der optionalen Einzelsitzanlage (4.350 Euro Aufpreis) komplett neu erschaffen. Die beiden elektrisch verstellbaren und klimatisierten Lümmelsessel setzen in Sachen Reisekomfort wahre Maßstäbe. Klapptisch und Touchdisplays kosten zusammen weitere 4.500 Euro. Die Beinfreiheit ist mit bis zu 1,10 Meter durch die leicht nach hinten versetzen Lederstühle und den Radstand von 3,14 Metern groß, aber nicht derart opulent wie bei einer Version mit verlängertem Radstand. Wie der Rolls-Royce Cullinan oder der Bentley Bentayga und anders als der Range Rover ist der GLS Maybach nur in einer Karosserielänge zu bekommen. Wird der Beifahrersitz nach vorne in die Chauffeurposition gefahren, vergrößert sich der Fußraum rechts auf bis zu 1,34 m Länge und die Wadenstütze hilft einem beim schnellen Sprung in den Schlaf.
Was im Unterschied zum Mercedes GLS entfällt, ist die dritte Sitzreihe. Stattdessen gibt es eben mehr Beinraum im Fond und eine spezielle Kofferraumabdeckung, die Lärm und kühle Temperauren des Ladeabteils aus dem Wohnraum der Insassen heraushalten soll. Der Laderaum selbst fasst 520 Liter. Neben den Sitzflächen werden auch die Mittelarmlehnen und die Türtafeln beheizt, um eine möglichst angenehme Atmosphäre im Innern des Luxus-SUV zu erschaffen. Das besonders edle Designo-Lederpaket kostet weitere 14.500 Euro Aufpreis. Ungewöhnlich in dieser 160.000-Euro-Liga: verschiedene Assistenzsysteme, Head-up-Display, beheizte Waschdüsen oder eine Servoschließung der Türen kosten nochmals extra. Elektrisch verschatten lassen sich übrigens nicht nur die Fondfenster, sondern auch die Glasflanke weiter hinten. Was fehlt, ist ein elektrisches Rollo für die Heckklappe. So viel Detailliebe sollte es dann schon sein.