Als der umtriebige Autohändler und Rennfahrer Jean Rédélé 1955 den Alpine A106 auf dem Automobilsalon in Paris präsentierte, ahnte niemand, dass damit eine veritable französische Sportwagenmarke der jüngeren Geschichte aus dem Taufbecken gehoben wurde. Der Name “Alpine” beziehungsweise die “Société des Automobiles Alpine”, die Rédélé im selben Jahr gründete, war eine Reminiszenz an den Alpenpokal, den der passionierte Rennfahrer im Jahr zuvor gewonnen hatte.

Renault übernimmt die Mehrheit

Schon damals experimentierte der begabte Autobauer mit Leichtbaustoffen wie GFK und schuf so einen formschönen, wie schnellen Sportwagen. Die Technik kam zu großen Teilen vom Renault 4CV und der Alpine A106 gewann 1956 die legendäre Mille Miglia. Damit war der Grundstein gelegt. Der Renault Alpine A110 Berlinette setzte ab 1962 die Erfolgsserie fort und dessen Nachfolger, der Renault Alpine A310 gilt als der französische Porsche. Der Sportwagen beeindruckt bis heute durch ein futuristisches Design und ansprechende Fahrleistungen.

Renault war von Anfang an im Boot, übernahm aber erst in den 1970er Jahren sukzessive Alpine: 1973 sicherte sich die Rhombus-Marke die Aktien-Mehrheit an der kleinen Sportwagen-Manufaktur aus der Bretagne, seit 1978 befand sie sich ganz im Renault-Besitz. Erfolge, wie der Gesamtsieg im Jahr 1978 bei den legendären 24 Stunden von Le Mans mit dem Renault-Alpine A442B zementierten den Kult-Status der französischen Sportwagen. Auch auf den Rallye-Strecken und kleineren Rennen fuhren die gallischen Renner Triumph um Triumph ein. Hammer-Boliden wie der Alpine A310 V6 S brachten damals die Augen der Quartettspieler zum Leuchten. Als Renault das Ruder fest in der Hand hielt, war es mit handgefertigten Fahrzeugen vorbei: Die nächste Generation, wie der Alpine V6 Turbo liefen vom Band, hatten aber nicht mehr ganz die sportliche Kompromisslosigkeit der Ursprungs-Modelle und waren primär für die Straße gedacht.

Der Alpine-Traum lebt fort

Aufgrund der einbrechenden Verkaufszahlen versuchte Renault 1991 noch das Steuer herumzureißen, strich das “Renault” aus dem Markennamen “Renault-Alpine” und schlug mit dem Alpine A610 Turbo einen radikaleren Weg ein. Das Hightech-Mobil mobilisierte 250 PS, hatte, wie es bei Alpine Tradition war, einen Heckmotor und lehrte den anderen Sportwagen das Fürchten. Doch der hohe Preis von über 100.000 D-Mark und die amerikanisch weichgespülte Karosserie verhinderten den kommerziellen Erfolg des Supersportlers und so beendete Renault 1995 die 40jährge Alpine-Geschichte. Vorerst!

Denn der Traum von einem französischen Renner, der die Grande Nation auch bei den Sportwagen wieder auf die linke Spur bringen sollte, lebte fort. Doch jahrelang war außer großspurigen Ankündigungen nicht viel zu sehen. Noch 2007 hatte der damalige Vertriebsvorstand Patrick Blain für 2010 einen neuen Alpine angekündigt, der zeigen sollte, was Renault technisch leisten kann. Doch die Krise machte diesem Wiederbelebungsversuch einen Strich durch die Rechnung. Der französische Auto-Hersteller berappelte sich relativ schnell. Als Renault 2012 mit Caterham eine enge Verbindung einging, schien das Comeback der Kultmarke zum Greifen nahe. Doch die Vorstellungen der Engländer und der Franzosen waren nicht immer deckungsgleich. Hinter vorgehaltener Hand munkelte man, dass die Engländer über die andauernden Terminverschiebungen verärgert waren.

Befehl von ganz oben

Am 10. Juni 2014 ließen die ungleichen Partner verlauten, dass man jetzt wieder getrennte Wege ginge. Renault wollte, das Projekt unter dem Namen “Société des Automobiles Alpine” in Eigenregie weiterzuführen und hielt an dem Plan fest 2016 den ersten Alpine seit 21 Jahren auf den Markt zu bringen. Virtuelle Studien, wie der “Vision Gran Turismo”, der für das gleichnamige Videospiel konzipiert war oder der Prototyp “Alpine Celebration”, der letztes Jahr beim Langstrecken-Klassiker vorgestellt wurde, zeigen, dass es die Franzosen diesmal ernst meinem. Auch bei den 24-Stunden von Le-Mans werden zwei Alpine-A460-Fahrzeuge mit den Nummern 35 und 36 in der LMP2-Klasse teilnehmen. Als Fahrer sind David Cheng, Ho-Pin Tung (Nummer 35), Nicolas Lapierre und Gustavo Menezes (Nummer 36) vorgesehen.

Der Befehl zur Reanimation der Kultmarke kommt ganz von oben. Konzernchef Carlos Ghosn hat grünes Licht gegeben. Auf dem Genfer Auto Salon wird ein Auto stehen. Über die technischen Daten ist noch nichts bekannt. Die Frage, ob Renault einen 250 PS bis 300 PS starken Konkurrenten für den Alfa Romeo 4C auf die Räder stellen will, oder gleich ein Zeichen setzt. Der Motor aus dem Nissan GT-R, der bis zu 600 PS auf die Kurbelwelle wuchtet, wäre im Konzern vorhanden.

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