Momentan ist es bei vielen Automobilherstellern die Jagd auf den Porsche 911 auszurufen. Verständlich, schließlich ist der Zuffenhausener Sportwagen was Lenkung und Agilität angeht, einer der besten Vertreter seiner Zunft. BMW ist schlau genug, die Hatz auf den Schwaben erst gar nicht zu eröffnen. Zumal der neue 8er mit einer Länge von rund 4,75 Metern und einem Gewicht von circa 1,8 Tonnen deutlich mehr Masse mitbringt, als der Porsche. Im Gegensatz zum aktuellen 6er schneidet der neue BMW 8er dagegen besser ab, da er knapp 14 Zentimeter kürzer, dazu tiefer und breiter ist. Die gedrungenere Silhouette macht sich aber auch im Platzangebot bemerkbar: Für großgewachsene Personen ist die Kopffreiheit nicht gerade üppig und auf den Notsitzen im Fond finden maximal Kleinkinder Platz.
Beim Fahren schlägt dagegen die Sternstunde des neuen BMW. Trotz der durchaus opulenten Ausmaße fühlt sich der 8er zwei Nummern kleiner an und flitzt behände um die Kurven der schmalen walisischen Landstraßen, auf denen die Erprobungsfahrten stattfinden und der Münchner den letzten Feinschliff erhält. Die Lenkung des Vorserienfahrzeugs ist präzise und dirigiert den 8er genau auf den gewünschten Punkt. Allerdings könnte die Rückmeldung noch etwas detaillierter ausfallen. Imponierend ist die vertrauenserweckende Unaufgeregtheit, mit der das Coupé sämtliche Fahraufgaben meistert. Egal, welchen Radius die Kurve hat, egal, wie der Asphalt beschaffen ist, der BMW lässt sich unangestrengt, wie auf einem Strich, um die Ecke zirkeln. Dabei lenkt das Heck eifrig mit, ohne den Fahrer durch ein zu großes Maß an Nervosität zu irritieren. „Wir wollten das Auto nicht überzeichnen und mit Gewalt auf harte Sportlichkeit trimmen, “, erklärt Entwickler Tomo Yoshihara.
Die Gründe für diese Leichtfüßigkeit sind mannigfaltig und liegen in der Kombination einzelner technischer Kniffe begründet. Da ist zum einen die aktive Hinterachslenkung, die momentan bei vielen Herstellern ein beliebter Kniff ist, ihren Fahrzeugen das Tanzen beizubringen. Die Hinterräder werden bei niedrigen Geschwindigkeiten mit einem Lenkwinkel von maximal 2,4 Grad gegen die Vorderräder eingeschlagen oder in die gleiche Richtung bei höheren Tempo, was die Stabilität begünstigt. Allerdings verschiebt BMW nach Bedarf den Zeitpunkt wann die Richtung der Räder umschlägt. Beim Fahrmodus Komfort sind es 78 km/h und bei Sport und Sport Plus zehn km/h mehr. Dadurch bleibt das Heck länger lebendig.
Der Allradantrieb ist technisch verwandt mit dem des M5 und leitet im Normalfall bis zu 80 Prozent auf der Antriebskraft auf die Hinterachse, kann aber bei Bedarf auch die volle Kraft nach vorne dirigieren. Eine Differenzialsperre gehört bei einem sportlichen BMW zum guten Ton. Ergänzt wird dieses System durch eine Wankstabilisierung. „Die ist nicht primär dazu da, die Bewegungen der Karosserie zu minimieren, sondern diesen BMW möglichst dynamisch zu machen“, sagt Tomo Yoshihara. Eine sehr steife Karosserie, laut Projektleiter Markus Flasch „die steifeste, die ich bei BMW kenne“ und die sehr straffen Tragfedern helfen bei dem Agilitätsunterfangen. Also werden die Stabilisatoren an der Hinter- und Vorderachse je nach Bedarf versteift, um eine übersteuerndes Fahrverhalten beziehungsweise ein neutrales zu begünstigen. Beim Fahrwerk, das einen stärkeren Sturz als die Serienmodelle aufweist, orientiert man sich ebenfalls mehr an den BMW M-Sportlern: Sei es bei den steiferen Gummilagern oder der stärkeren Domstrebe.
„Bisher war es so, dass ein BMW komfortabel abgestimmt wurde und wir dann möglichst viel Sportlichkeit ermöglicht haben. Bei der Entwicklung des 8ers ging es erst um maximale Sportlichkeit, und dann darum, möglichst viel Komfort mitzunehmen“; erklärt Fahrdynamik-Spezialist Sebastian Spirk. Dass dieser Ansatz nicht zu einem kompromisslosen Bandscheiben-Killer führt, zeigt sich schon im Fahrmodus Komfort, der zwar sportlich abgestimmt ist, aber so komfortabel, dass man auch weite Strecken entspannt zurücklegen kann. Der Grund ist eine Dämpferabstimmung, die die Karosserie nach einem einmaligen Durchschwingen beruhigt, das schont den Magen.
Im Sport-Modus wird alles der Fahrdynamik untergeordnet, die Lenkung ist noch einen Schuss direkter und der Achtzylinder setzt die Anweisungen des Gaspedals noch unmittelbarer um. Auch wenn das Fahrwerk sich nun spürbar unnachgiebiger verhält, ist der 8er selbst dann noch kein knüppelharter Prügler, der keine Fahrbahnunebenheit unkommentiert lässt. Die Dämpfer agieren im Prototypen-Status-bereits ziemlich harmonisch. „Alle zwei Millisekunden wird die Dämpferhärte dem Fahrmodus angepasst“, erzählt Sebastian Spirk, der seit zwei Jahren an der Feinabstimmung tüftelt. Zwei Millisekunden ist auch bei der Achtgangautomatik die entscheidende Zahl. Das ZF-Getriebe mit der Kennziffer 8HP76 schnalzt auf Wunsch in dieser Geschwindigkeit die Fahrstufen rein. Als Vorbild dienten dabei die manuellen Gangwechsel der Rennfahrer per Schaltpaddel. Auch wenn – vor allem im zweiten Gang – noch nicht alles rund lief, haben die Ingenieure das gut hinbekommen. Selbst im Sport-Fahrmodus reagiert die Schaltung nicht hypernervös.
Im Sport-Plus-Modus verändern sich die Fahrparameter nicht, allerdings lässt der 4.4-Liter-Achtzylinder seiner Potenz akustisch freien Lauf und schmettert mit einem kehligen tiefen Bass aus der doppelflutigen Auspuffanlage. Mit 390 kW / 530 PS ist der neue Achtender um 50 kW / 68 PS stärker als der aktuelle Achtzylinder im BMW M550i xDrive und hat mit 750 Newtonmetern auch ein ein um 100 Nm stärkeres Drehmoment, das bereits bei 1.800 Newtonmetern anliegt. Der Grund für die Leistungssteigerung liegt unter anderen in größeren Schaufeln des Twinscroll-Turboladers und einem erhöhten Zünddruck begründet. „Wir haben mehr als die Hälfte der Bauteile verändert“, erklärt Antriebs-Experte Christian Billig, darunter auch Pleuel, Kurbelwelle und die Zylinderlaufbahn der Zylinderbuchsen.