AUTOMOBIL PRODUKTION: Herr Dr. Blume, Sie sind gerade neuer Porsche-Chef und wurden auch schon als Müller-Nachfolger ins Gespräch gebracht. Macht Sie das stolz oder ist das eher ein mulmiges Gefühl?
Jetzt mal langsam. Ich habe gerade eine neue Aufgabe begonnen. Und konzentriere mich darauf, diese so gut wie möglich zu machen. Ich habe einen Traum-Job in der Automobilindustrie und fühle mich sehr wohl bei Porsche. Alles andere ist für mich kein Thema.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Ist es Ihrer Meinung nach ein Zufall, dass gerade so viele Produktionsexperten zum Vorstandsvorsitzenden aufsteigen?
Produktion hat sehr viel mit Technik und mit Menschen zu tun, gleichzeitig muss man immer das Wirtschaftliche im Auge behalten. Diese drei Faktoren helfen auch dabei, ein gesamtes Unternehmen zu führen.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Ihr Produktionskollege bei JLR, Wolfgang Stadler, ist der Meinung, dass das Thema Produktion auch extrem an Gewicht in den Unternehmen gewonnen hat. Stimmen Sie zu?
Ja, absolut. Gehen wir mal 20 Jahre zurück. Da bedeutete Produktion, ein Auto zu bauen. Die Entwickler entwarfen das Auto und dann kam irgendwann die Produktion dazu. Das hat sich stark gewandelt: die Produktion greift heute bereits in den Produktentstehungsprozess ein, gestaltet die Fahrzeuge mit und bekommt dadurch einen deutlich größeren Hebel in Bezug auf die spätere Qualität und die Wirtschaftlichkeit. Produktion hat neben Entwicklung und Vertrieb eine Schlüsselfunktion, die sich in den vergangenen Jahren stark erweitert hat.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie haben angeblich schon Ihre Pläne 2025 in der Schublade und sind schon an der Umsetzung. Soll Porsche das Vorbild im Konzern sein?Wir werden das nächste halbe Jahr nutzen, um unsere Strategie 2025 auszuarbeiten. Dazu zählt für mich, sie in die gesamte Mannschaft zu tragen und alle mitzunehmen. Dazu gehört es, die strategischen Ziele in Einzelprojekte herunter zu brechen. Ich sage immer: Strategieumsetzung muss im Tagesgeschäft funktionieren. Dazu benötigen wir eine klare Vorstellung von dem, was wir wollen.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Auf welche Hauptthemen setzen Sie?
Elektrifizierung, Digitalisierung und Konnektivität sind die drei großen neuen Player. Dabei spielen Innovationen eine große Rolle. Weitere Schwerpunkte sind Nachhaltigkeit, Skalierbarkeit und Flexibilität. Wir müssen schnell auf Kundenwünsche und auf wechselnde Marktbedingungen reagieren können.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Legen Sie auch neue Eckpunkte für Porsche fest – wie beispielsweise eine Obergrenze an Baureihen oder Volumenziele?
Das Volumenziel hat für uns eine untergeordnete Rolle. Wir schauen viel mehr, welche Marktsegmente passen zu Porsche und welche Marktsegmente sind zukunftsträchtig. Das beobachten wir sehr genau und dies ist regional ja auch sehr unterschiedlich. Zum Beispiel: Der amerikanische Porsche-Kunde ist eher traditionell und extrem auf Sportwagen konzentriert. In China haben wir sehr Technologie-affine und viele jüngere Kunden, die sich einen Luxuswagen leisten, aber mit ganz anderen Ansprüchen an die Fahrzeuge herangehen. Generell ist es eine zentrale Herausforderung für Porsche, die traditionellen Sportwagen-Gene mit den Zukunftsthemen zu verbinden.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Hat Ihre Strategie mit der Neuausrichtung des VW-Konzerns etwas zu tun – sprich mit größerer Transparenz?
So wie ich Porsche in den vergangenen Jahren kennen gelernt habe, haben wir in punkto Transparenz keinen großen Handlungsbedarf. Porsche ist transparent und arbeitet sehr strukturiert. Bei unserer Strategie setzen wir auf Kontinuität. Porsche hat sich extrem positiv entwickelt. Kontinuität heißt für mich daher kontinuierliche Verbesserung. Da kann ich auch gleich den Bogen schlagen zu meiner Produktionsvergangenheit. In der Produktion geht es immer um ständige Weiterentwicklung.