E-Mobilität

Branchenexpertin Ellen Enkel, die Nachfolgerin von Ferdinand Dudenhöffer an der Uni Duisburg, sagte zum Corona-Konjunkturprogramm, eine Konzentration der Förderung auf E-Fahrzeuge bringe den deutschen Herstellern eher wenig: "Davon profitieren in erster Linie ausländische Hersteller." (Bild: Audi)

Höhere Kaufprämien für Elektroautos und eine geringere Mehrwertsteuer sollen die Anschaffung eines Neuwagens für Verbraucher attraktiver machen und der Branche aus ihrer Absatzkrise helfen. Ob dieser Teil des Konjunkturpakets ausreicht, um die ökologische Wende im Verkehr wirksam anzugehen und den gleichzeitig drohenden Jobabbau in der Schlüsselindustrie abzumildern, bleibt allerdings umstritten.

Die große Koalition einigte sich nach langen Verhandlungen auf ein Programm zur Stützung der gesamten Wirtschaft in der Corona-Krise. Es umfasst 130 Milliarden Euro - die Unterstützung der Autobranche ist dabei nur einer von zahlreichen Punkten. Kernstück sind deutlich erweiterte Kaufzuschüsse für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben.

Die bestehende Umweltprämie des Bundes steigt bis Ende 2021 für E-Autos mit einem Nettolistenpreis von bis zu 40.000 Euro von 3.000 auf 6.000 Euro. Dazu kommen Eigenbeiträge der Hersteller. Auch Plug-in-Hybride können weiter bezuschusst werden. Weitere 2,5 Milliarden Euro fließen in den Ausbau des E-Ladenetzes sowie in Forschung und Entwicklung etwa bei der Batteriezellfertigung.

Der Branchenverband VDA erklärte, die auf ein halbes Jahr beschränkte Senkung der Mehrwertsteuer sei - mit der Verdopplung des staatlichen Anteils am Umweltbonus - ein positives Zeichen. Den Preisvorteil aus der Steuersenkung wollten die Anbieter voll an ihre Kunden weitergeben. Man bedauere jedoch, dass der Bund "die Vorschläge für einen breit angelegten und unmittelbar wirksamen Konjunkturimpuls nur zum Teil aufgenommen" habe. Die Firmen hatten zusätzliche Kaufanreize auch für Wagen mit modernen, abgasarmen Verbrennungsmotoren verlangt.

Volkswagen bezeichnete die ausgeweitete Förderung von Elektro- und Hybridautos als sinnvollen Schritt. "Wir halten das für einen guten, wichtigen Impuls", hieß es. Das gesamte Programm der Bundesregierung könne dazu beitragen, "die Menschen in der Krise zu unterstützen und Stimmung und Verhalten positiv zu beeinflussen". Ursprünglich hatte sich VW jedoch deutlich mehr erhofft. Vorstandschef Herbert Diess wollte "baldige kraftvolle Maßnahmen" auch für moderne Verbrenner.

Daimler sprach von einem "guten, überparteilichen Kompromiss". Es sei wichtig, dass es nun schnell ein wirksames Programm zur Stützung der Konjunktur gebe. "Die Absenkung der Mehrwertsteuer ist aus unserer Sicht ein wichtiges Signal zur Stärkung der Binnennachfrage." Audi-Betriebsratschef Peter Mosch äußerte sich kritischer: "Die einseitige Fokussierung auf E-Fahrzeuge geht an den Kaufoptionen der Kunden vorbei." Die deutschen Hersteller haben noch nicht viele reine E-Autos im Angebot - es soll aber bald deutlich mehr Modelle geben.

Bei Umweltschützern traf der Ausschluss von Dieseln und Benzinern aus der Förderung auf Zustimmung. "Die Entscheidung gegen Autokaufprämien für klimaschädliche Verbrenner und die Förderung von E-Autos ist der richtige Weg hin zur dringend nötigen Mobilitätswende", meinte etwa Naturschutzbund-Geschäftsführer Leif Miller. BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg sieht jedoch auch Schlupflöcher. Er bemängelte, die Berücksichtigung von Plug-in-Hybriden komme einer "Kaufprämie für Verbrenner durch die Hintertür" gleich. Wenn nicht mindestens 70 bis 80 Prozent der Strecke elektrisch gefahren würden, sei das Auto de facto ein Verbrenner. Höhere Prämien für E-Autos im bestehenden System schließen auch Plug-ins in den Umweltbonus ein - der ADAC hält das bei der "Einstiegstechnologie" für richtig.

Im Mai blieben die Auto-Neuzulassungen in Deutschland wegen der Kaufzurückhaltung durch die Viruskrise im Sturzflug. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sackten sie um fast die Hälfte ab. Der Marktanteil alternativer Antriebe ist weiter relativ gering - aber das Wachstum zieht nun spürbar an. Bei reinen E-Autos betrug das Zulassungsplus im Mai 20,5 Prozent, bei Plug-in-Hybriden mehr als 100 Prozent.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der mit Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne) aus Baden-Württemberg ebenfalls Kaufprämien auch für Verbrenner gefordert hatte, zeigte sich in der Frage enttäuscht von den Berliner Beschlüssen. "Ich hätte mir eine andere Entscheidung gewünscht", sagte er. "Das ist in erster Linie eine schlechte Nachricht für die vielen tausend Beschäftigten in der Zulieferindustrie, die bereits in Kurzarbeit sind."

Kretschmann sagte, über die geplante Senkung der Mehrwertsteuer würden nun alle Autokäufe gefördert - auch wenn es um ältere Fahrzeuge gehe. Das sehe er kritisch. Die Senkung der Mehrwertsteuer sei eine teure "Gießkanne". "Und es steht noch aus, ob die Senkung tatsächlich an die Verbraucher weitergegeben wird."

Die Branchenexpertin Ellen Enkel sagte, eine Konzentration der Förderung auf E-Fahrzeuge bringe den deutschen Herstellern eher wenig: "Davon profitieren in erster Linie ausländische Hersteller." Nur ein Viertel der förderfähigen E-Autos seien deutsche Modelle. Die Prämienerhöhung bringe vor allem etwas für Kleinwagen der Importeure.

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dpa