Die deutsche Autoindustrie gewichtet den Umweltschutz im Vergleich zu anderen Branchen zunehmend stärker, so das Ergebnis der Studie Green Transformation in der Automobilindustrie des Beratungsunternehmens Staufen, für die 250 Automotive-Unternehmen untersucht wurden. Haupttreiber für den grünen Wandel seien allerdings vor allem externe Zwänge. „Gesetze, Regularien und Politik sind maßgeblich verantwortlich“, heißt es in der Studie. „Aber auch Wettbewerbsvorteile, der Druck von Kunden und die gesellschaftliche Verantwortung veranlassen die Unternehmenslenker zunehmend, die ökologischen Folgen ihrer Arbeit zu berücksichtigen.“ Der Jahresvergleich zwischen 2020 und 2021 zeige deutliche, dass Käufer und Investoren zunehmend Druck aufbauen und Nachhaltigkeit einfordern.
Potenziale liegen oft noch brach
In der Autobranche herrscht den Befragten zufolge noch Luft nach oben: Neun von zehn Unternehmen sehen im eigenen Haus noch ungenutzte Potenziale beim Thema Nachhaltigkeit. Ein zentrales Problem sei dabei der „Zielkonflikt zwischen Ökologie und Ökonomie“, so die Studienautoren: Mehr als die Hälfte der Unternehmen sei nicht bereit, die Mehrkosten einer ökologisch nachhaltigen Beschaffung zu tragen. Sieben von zehn Unternehmen betrachten die fehlende wirtschaftliche Rentabilität ökologischer Maßnahmen als größtes Hemmnis für den grünen Wandel. Eine weitere Rolle spielen fehlende personelle Ressourcen (49 Prozent) sowie hohe Risiken und Unsicherheiten im Unternehmensumfeld (36 Prozent).
Beliebte Maßnahmen der Branche, um den eigenen Footprint zu verkleinern sind vor allem Energieeinsparungen (86 Prozent), die CO2-neutrale Energieversorgung (70 Prozent) sowie das Recycling (51 Prozent) oder die Einsparung von Materialien (46 Prozent). Über eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen der Studie zufolge insgesamt 62 Prozent der Betriebe, allerdings geben nur 46 Prozent an, diese auch konsequent zu verfolgen.
Lasten werden oft auf Zulieferer abgewälzt
Häufig beobachtet werden seitens der Automotive-Unternehmen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberechnung die eigenen Emissionen (81 Prozent) sowie Schadstoffausstöße bei der Erzeugung eingekaufter Energie (60 Prozent) oder der Unternehmensflotte (59 Prozent). Vier von zehn Unternehmen aus der Autobranche berücksichtigen bei ihren Berechnungen der ökologischen Belastungen bereits die Emissionen der vorgelagerten Lieferkette. Im vergangenen Jahr hatte dies nur rund ein Drittel getan. Allerdings ist mehr als die Hälfte der Unternehmen nicht bereit, hierfür höhere Kosten in Kauf zu nehmen. "Bei den Lieferanten spitzt sich durch den grünen Wandel die Lage weiter zu", sagt Markus Riegger, der Staufen-Vorstand den Automotive-Sektor verantwortet. "Sie müssen nicht nur die Übergangsphase vom Verbrennungs- zum Elektroantrieb meistern, sondern auch eine zunehmend digitalisierte und vernetzte Fertigung."
Nahezu die Hälfte der Unternehmen in der Autobranche verfolgt derweil bereits gemeinsame Verpackungsstrategien mit den Lieferanten, je ein Drittel arbeitet an flexiblen Lieferintervallen und gemeinsamen Recyclingstrategien. "Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei der Zusammenarbeit in Sachen Ökologie noch viel Luft nach oben gibt", so Automobilexperte Riegger. "Sieben von zehn der für die Staufen-Studie befragten Unternehmen halten die ökologischen Fortschritte in der Lieferkette derzeit noch eher für gering." Rund 61 Prozent der befragten Automotive-Unternehmen geben bereits an, dass die Nachhaltigkeit ein Vergabekriterium bei der Lieferantenauswahl darstelle. In der Vorjahresstudie hatte der Wert bei 53 Prozent gelegen.