Ein Eingangsschild von Stellantis mit Logo.

Der Marktwert von Stellantis liegt derzeit bei rund 48 Milliarden Euro. (Bild: Stellantis)

Mit Stellantis ist aus dem Peugeot-Mutterkonzern PSA und dem italoamerikanischen Autobauer Fiat-Chrysler (FCA) der viertgrößte Autokonzern der Welt entstanden. Konzernchef Carlos Tavares gilt nicht als zimperlich, wenn es um Kosteneinschnitte geht - selbst den chronischen Verlustbringer Opel trimmte er auf Rendite. "Monsieur Marge" will nun auch die italienischen Fiat-Werke auf Trab bringen. Was treibt das Unternehmen um, was sagen Experten zum neuen Konzerngebilde und wie hat die Aktie die ersten Monate hinter sich gebracht?

PSA ist der renditestarke Teil von Stellantis

Tavares hat einige Asse im Ärmel, um in diesem Jahr wie angepeilt zwischen 5,5 und 7,5 Prozent operativer Marge zu landen - nach 5,3 Prozent im Corona-Jahr 2020. Das Ziel ist im Mittel so viel, wie der Volkswagen-Konzern am oberen Ende der eigenen Prognosespanne von fünf bis 6,5 Prozent derzeit anstrebt. Die beiden nun fusionierten Teile zusammengezählt hat Stellantis 2020 gut 5,9 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert und 134 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Allerdings waren es ein Jahr vorher eben noch rund 8 Millionen Fahrzeuge. Nur Toyota, Volkswagen und der französisch-japanische Renault-Nissan-Verbund sind in Normalzeiten - also vor Corona - weltweit größer. Der Stellantis-Konzern hat 14 Marken im Angebot, dazu gehören neben Peugeot, Fiat und Chrysler unter anderem auch Citroën, Jeep, Maserati oder Alfa Romeo.

Vor allem der renditestarke PSA-Teil gibt dem Autogiganten im laufenden Geschäft Rückenwind. Tavares ist seit 2014 Chef und führte den französischen Kern des Unternehmens aus der tiefen Krise 2012/13 zuletzt in Renditehöhen von über acht Prozent vor der Corona-Krise - also dahin, wo eigentlich Premiumanbieter wie Mercedes-Benz, BMW oder Audi mit ihren Luxuskarossen zu Hause sind. Dafür fuhr er einen harten Sparkurs, nicht nur in Frankreich, sondern auch bei der 2017 zukauften deutschen Tochter Opel. Bei dem Konzernteil aus Deutschland und der britischen Schwestermarke Vauxhall gelang der Umschwung von minus 2,5 Prozent Rendite 2017 auf plus 6,5 Prozent 2019 vor der Corona-Krise.

FCA enttäuscht auf dem europäischen Markt

Der Fiat-Chrysler-Konzernteil lebt schon lange vom regen Verkauf bulliger und teurer SUVs sowie Pickups in den USA. Im Europageschäft von Fiat kann es dagegen eigentlich - auch abseits von Corona - nur nach oben gehen. Das Europageschäft von FCA kam schon 2019 auf keinen grünen Zweig. Dabei hat Tavares schon vor der Corona-Krise versichert, der neue Verbund wolle keine Werke schließen. Dennoch hat der Manager vor allem die italienischen Fiat-Werke schon einmal auf Maßnahmen eingestimmt. "Sie können das schaffen", sagte er zuletzt, nicht ohne auf Opel als Beispiel zu verweisen, wo er mit harter Hand auch Tausende Stellen strich. Der Zusammenschluss an sich soll aber auch vor ganz harten Einschnitten schützen: "Der Zusammenschluss von PSA und FCA ist ein fantastischer Schutzschild gegen soziale Probleme in den beiden Unternehmen", sagte er.

Die angepeilten jährlichen Kosteneinsparungen von fünf Milliarden Euro durch die Fusion jedenfalls hat der gebürtige Portugiese fest im Blick. Ende 2024 sollen davon rund 80 Prozent erreicht sein. Vorher fallen für die Integration schätzungsweise vier Milliarden Euro an Sonderkosten an. Eine weitere Baustelle ist der Wandel hin zu Elektroantrieben. Zudem könnte der Konzernverbund im Wachstumsmarkt China ein größeres Standbein haben. Tavares räumte ein, der Auftritt in der Volksrepublik sei bisher enttäuschend verlaufen. "Wir schließen kein Szenario aus", fügte er hinzu, ohne dabei ins Detail zu gehen.

Rendite profitiert von niedrigen Investitionen

JPMorgan-Analyst Jose Asumendi sieht die Aktie vor einigen starken Kurstreibern. Einige davon seien vom Markt bisher kaum beachtet. So etwa der Start des neuen Modells Opel Mokka auf einer technischen Basis von Stellantis, was den Margen von Opel in Europa Aufwind geben könnte. Vor der Sommerpause rechnet er auch mit einer Strategiepräsentation zu batterieelektrischen Antrieben. Die Stellantis-Aktie biete zudem weiter eine äußerst attraktive Bewertung. Eine detaillierte Strategie für Elektroantriebe und womöglich auch die Batterie steht auch bei Jefferies-Experte Philippe Houchois im Fokus. Stellantis könne womöglich die Rendite von VW erreichen oder sogar übertreffen, auch weil das Unternehmen spürbar weniger Geld für Investitionen ausgebe als die Wolfsburger.

Deutsche-Bank-Analyst Tim Rokossa schätzt für dieses Jahr rund sieben Millionen verkaufte Fahrzeuge des OEM. Er könne sogar mehr ausmachen als die angepeilten fünf Milliarden Euro an Synergien, schrieb er Mitte März. Von 2020 bis 2023 sei daher ein Wachstum des operativen Ergebnisses von rund 25 Prozent jährlich möglich. Der Konzern müsse aber die fehlende Präsenz in China angehen. Bei Fiat Chrysler sei der CO2-Fußabdruck ein Risiko - aber es bestünden gute Chancen, die Emissionsgrenzen einzuhalten, wenn die Fahrzeuge schließlich auf gemeinsamen Plattformen gebaut würden.

Stellantis konkurriert beim Marktwert mit BMW

Die Stellantis-Aktie ist seit Mitte Januar als solche in New York, Paris und Mailand an der Börse notiert - direkte Vorgängerin ist das Papier von Fiat Chrysler. Nach dem formellen Zusammenschluss hat sich insgesamt nicht viel getan - zwischendurch sackte die Aktie in Mailand aber Ende Januar kurz unter zwöf Euro ab, bevor es wieder nach oben ging auf zuletzt rund 15 Euro. Vor den ersten Medienberichten über eine mögliche Fusion von PSA und FCA Ende Oktober 2019 lag die Aktie zurückgerechnet bei knapp zwölf Euro. Zwischendurch ging es in der Corona-Krise im Frühjahr 2020 jedoch bis auf unter sechs Euro herunter.

Der Marktwert des Konzerns liegt derzeit bei rund 48 Milliarden Euro. Damit ist der Autogigant an der Börse eher ein Zwerg. Nach wie vor unangefochten in der Branche ist der US-Elektropionier Tesla mit umgerechnet 560 Milliarden Euro. Volkswagen hat zuletzt stark zugelegt und ist inzwischen mit fast 139 Milliarden Euro wertvollster Dax-Wert. Daimler mit knapp 81 Milliarden und BMW mit gut 57 Milliarden sind schon eher in Reichweite für Tavares. Den schwer angeschlagenen französischen Rivalen Renault mit elf Milliarden Euro lässt Stellantis aber deutlich hinter sich. Größte Aktionäre sind die Fiat-Gründerfamilie Agnelli über ihre Exor-Holding mit mehr als 14 Prozent, der Peugeot-Familie gehören gut sieben Prozent der Anteile. Der französische Staat hält knapp sechs Prozent.

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dpa