Der Wechsel von Bernhard Maier zu Thomas Schäfer an der Spitze von Skoda kam plötzlich und für manche überraschend. Die Monate danach verbrachte der neue starke Mann in Mlada Boleslav eher im Hintergrund als im grellen Konzernlicht und ordnete sein neues Reich - anders als sein Vorgänger, der seine Vorstellungen unmissverständlich kommunizierte. Was vor allem VW-Konzernchef Hebert Diess des Öfteren sauer aufstieß. Doch jetzt ist Thomas Schäfers Spiel im Schatten vorbei und der Skoda-Chef hat die Strategie unter dem Namen "Skoda Next Level 2030" für die nächsten neun Jahre verkündet - sicher in Abstimmung mit der Zentrale in Wolfsburg, dennoch nicht weniger spannend. Klar ist zum Beispiel, dass der tschechische Autobauer zu einem der Top fünf Autobauer in Europa aufsteigen und im Jahr 1,5 Millionen Fahrzeuge verkaufen soll.
Dementsprechend ambitioniert sind die Ziele, die teilweise eine merkliche Korrektur der bisher verfolgten Pläne darstellen. Auffällig ist, dass Skoda sich auf seine Wurzeln besinnt und erschwingliche Einstiegsmodelle anbieten wird, egal ob diese elektrifiziert sind oder nicht. Eine radikale Kurskorrektur in Bezug auf Modelle wie den Skoda Superb, die dem VW Passat sowohl technisch als auch von der Wertigkeit her gefährlich nahekamen und Käufer anlockten, die sonst zu dem Wolfsburger Modell gegriffen hätten. Bei VW registrierte man diese Premium-Offensive mit zunehmendem Unwillen. Das ist jetzt vorbei. Den Anfang dieses Paradigmenwechsels markiert der neue Fabia, der mit einem Einstiegspreis unter 14.000 Euro um die Käufer buhlt. Die gewachsenen Ausmaße des Fabia bedeuten aber auch das Ende des Scala, der ohnehin kein E-Modul erhalten wird.
Die Elektrifizierung schreitet dennoch auch bei der tschechischen Tochter stramm voran. Bis 2030 will Skoda mindestens drei weitere vollelektrische Modelle auf den Markt bringen, die sowohl von der Größe wie vom Preis her unterhalb des Enyaq angesiedelt sein werden. Das passt wieder in das VW Konzern-Gesamtbild. Das Schlüsselwort ist dabei "mindestens". "Der Skoda Octovia wird elektrisch", bestätigt Thomas Schäfer, der fast im gleichen Atemzug verneint, dass es einen elektrischen Stadtfloh wie den Citigo EV geben wird. Dennoch braucht Skoda ein bezahlbares E-Fahrzeug. Einer der Stromer wird vermutlich ein Derivat des Small BEV sein, den VW-Technikvorstand Thomas Ulbrich für 2025 angekündigt hat. Der VW soll rund 25.000 Euro kosten, der Skoda wird wohl darunter liegen. Demnach soll in neun Jahren mindestens jeder zweite verkaufte Skoda in Europa ein BEV sein, sollten die Märkte und das Interesse für elektrische Autos weiter anziehen, kann dieser Anteil sogar auf 70 Prozent steigen. Flankierend dazu wird Skoda zu einem Elektromobilitäts-Hub des VW-Konzerns. Das ergibt bei einem kostensensitiven Trend wie der Elektromobilität auch Sinn, da die Produktion in Tschechien günstiger ist als in Deutschland.
Der Kuchen auf den Weltmärkten wird kleiner
Diese Modellstrategie soll natürlich auch Früchte tragen. Die Vorgabe für die Umsatzrendite von mindestens acht Prozent ist nicht ohne. Zwar hat Skoda im Jahr 2019 einen Wert von 8,4 Prozent erreicht, also sollten die anvisierten acht Prozent doch kein Thema sein. Allerdings muss man dabei in Betracht ziehen, dass die Tschechen in Märkten wie Indien, Russland und Nordafrika agieren werden, die die Umsatzrendite nach unten drücken. Auf dem großen Subkontinent soll der Skoda Kushaq für Gewinne sorgen, ehe er auf andere Schwellenmärkte ausgerollt wird. Auch Südostasien ist bereits am Horizont. "Ich habe schließlich einige Jahre dort gearbeitet", schmunzelt Schäfer.
Ein weiterer Parameter, der das Erreichen der ambitionierten Geschäftsziele beeinflusst, ist die weltweite Marktentwicklung. Skoda geht in den nächsten neun Jahren von einem moderaten Wachstum von rund 1,2 Prozent aus. Allerdings drängen in Ländern China neue Konkurrenten auf den Markt. "Immer mehr wollen ein Stück von dem Kuchen ab, der immer kleiner wird", bilanziert der Skoda-Chef. Deswegen müssen noch weitere Maßnahmen greifen: Skoda reduziert die Komplexität der Modelle um 40 Prozent. Das bedeutet keine 16 Lenkräder mehr, dafür mehr vorkonfigurierte Pakete. Schäfer will auch noch nicht das Ende des Verbrennungsmotors einläuten. "In vielen Märkten ist noch nicht sicher, wohin die Reise des Antriebssystems geht, da wäre es verfrüht, auf eine Variante setzen", sagt der Skoda-Chef. Da passte es, dass die nächste Generation von Superb und VW Passat bei Skoda entwickelt werden. "Das ist eine große Ehre für unsere Ingenieure", strahlt Thomas Schäfer. VW schlägt so gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen kann man sich in Wolfsburg auf die Elektromobilität konzentrieren, zum anderen wird die Konkurrenzsituation zwischen Superb und Passat geschmeidig aufgelöst.