Leiter MEB, VW Herr Christian Senger ist auf dem Bild zu sehen.

Christian Senger, Leiter MEB bei VW: "Alle drei Jahre müssen wir neue Zellen einsetzten und somit alle drei Jahre entscheiden, was das richtige Setup ist."

AUTOMOBIL PRODUKTION: VW-Konzernchef Matthias Müller verkündete auf der IAA die „Roadmap E": Bis spätestens 2030 wird Volkswagen sein gesamtes Modellportfolio durchgängig elektrifizieren. Allein für die Beschaffung der Batteriezellen schreibt Ihr Unternehmen mehr als 50 Milliarden Euro aus – das größte Beschaffungsvolumen in der Geschichte der Industrie. Sie verantworten den MEB, auf dem ein Großteil der  elektrifizierten Modelle des VW-Konzerns aufbauen wird. Wo stehen Sie?
Um die neue Plattform  2020 einzuführen, haben wir das entsprechende Sourcing für die Batterie, die wir für die Fahrzeuge in Europa benötigen, schon getätigt. Der nächste Schritt ist, die Belieferung für China zu fixieren. Danach werden wir die zweite Tranche für Europa und für Nordamerika ordern. Mit  weiterentwickelten Zellen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Dann bedeutet, dass Sie jeweils in China und USA eine Batterieproduktion aufbauen?
In China zwingt uns das Gesetzt dazu: die so genannte White Label List. Wer nicht auf dieser Liste steht, bekommt für seine Fahrzeuge keinen Zugang zur NEV-Förderung. Damit benötigen wir in China für die Fahrzeuge, die wir in China vertreiben wollen, auf jeden Fall einen chinesischen Lieferanten. Und ja, in den USA, korrelierend mit unserer Markteinführungsstrategie, werden wir auch dort eine Zellproduktion brauchen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie wollen auch die Zellen selbst produzieren?
Natürlich mit einem Partner zusammen. Die Partner wollen  Investitionssicherheit. Die können wir ihnen als Volkswagen geben.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Die Ausschreibung über die 50 Milliarden Euro für die Batterien ist als Fingerzeig gedacht, um entsprechende Partner zu motivieren?
Die Partner kennen uns. Damit wir, die Marke Volkswagen, den Konzern bedienen können brauchen wir etwa die doppelte Menge an Batterien, die 2015 weltweit erzeugt wurde. Nun geht es darum, wer mit uns als Partner das Business weltweit hochzieht - über die verschiedenen Zellgenerationen hinweg. Das geht über die Beschaffung und jedes Mal auch um die Frage, müssen wir selbst einsteigen? Wenn ja, in welcher Tiefe und machen wir das alleine oder in Joint-Ventures? Alle drei Jahre müssen wir eigentlich neue Zellen einsetzen und somit alle drei Jahre wieder darüber entscheiden, was  dann das richtige Setup ist. Für den Erst-SOP nutzen wir bestehende Lieferanten und gehen über die Auslastung deren Batterieproduktionen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wann müssen Sie festlegen, was in das erste Fahrzeug für 2020 geht?
Die erste Tranche ist bereits fixiert. Und die zweite Tranche wird ebenfalls eine klassische Lithium-Ionen-Batterie mit flüssigem Elektrolyt. Das ist in etwa der Zeitraum bis 2025. Wann es mit der Feststoffzelle losgeht, kann ich noch nicht sagen. Kleinserien oder Sondermodelle helfen nicht. Für uns relevant ist aber, wann die Zelltechnik so robust ist, sie ins Großvolumen zu bringen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was können Sie dazu beitragen, die Technologie zu pushen?
Man muss  Märkte gestalten. Ich kann beim Thema Batterien nicht abwarten, was mir die Zulieferer so bringen, sondern muss selbst aktiv vorgehen. Ein Zulieferer kann nicht abschätzen, wie unsere Angebotslogik aussieht. Es gibt Zellen, die hohe Energiedurchsätze für 700-PS-Autos schaffen, zudem benötige ich aber den Typ, für normale Alltagsautos und eine kostengünstige, hohe Reichweite. Wo legen wir die Schwerpunkte? Das müssen wir alles vorgeben, Prämissen ableiten und darauf optimieren die Zellexperten dann auch die Zellen. Das sind zum Teil völlig unterschiedliche Lösungen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Dann suchen Sie jetzt nach einem strategischen Partner, der mit Ihnen zusammen entsprechende Lösungen entwickelt?
Darin liegt die Lösung.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wird der strategische Partner dann automatisch  auch der strategische Partner des ganzen Konzerns bezüglich des MEB?
Es gab in vielen Technologien immer wieder Technologiesprünge und anschließend Veränderungen im Markt-Leadership. Es hat in keiner Generation funktioniert,  dass derjenige die nächste Generation wieder dominiert, der aktuell führend war. Das hat in beinahe keiner der Generationen dazu geführt, dass der aktuell dominante Player auch in der nächsten Generation wieder führend ist. Die Batteriezelle hat den mit Abstand höchsten  Wertschöpfungsanteil.  Wenn ich nur um 1 Prozent falsch liege, kann ich das zum Beispiel mit günstigeren Dachhaltegriffen nicht ausgleichen. Um das geht es. Bisher ist noch nicht klar, welcher Lieferant das perfekte Setup hat.

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