Opel_PSA_Übernahme

Vor einem Jahr hat der französische PSA-Konzern Opel übernommen. Inzwischen schreibt der Autobauer wieder schwarze Zahlen, dennoch muss sich Michael Lohscheller immer wieder fragen lassen, wie viel im Kern von der deutschen Marke am Ende der Restrukturierung übrig bleibt. (Bild: Opel)

Eine halbe Milliarde Euro Gewinn hat Opel im ersten Halbjahr eingefahren, angesichts jahrzehntelanger Verluste und öffentlichen Dauerstreits mit der Gewerkschaft ist das fast schon eine Sensation. Ein Jahr nach der Übernahme durch den französischen PSA-Konzern am 1. August 2017 scheint die Traditionsmarke mit dem Blitz endlich in die Erfolgsspur zurückgefunden zu haben. Doch in den Jubel mischen sich immer noch auch Sorgen um das künftige Profil des Unternehmens und nicht zuletzt um die Sicherheit der Arbeitsplätze.

Opel-Chef Michael Lohscheller und sein Konzernchef Carlos Tavares haben Wort gehalten und den von General Motors (GM) für 1,3 Milliarden Euro übernommenen Autobauer ohne Standortschließungen oder betriebsbedingte Kündigungen umgebaut. Gemeinsamer Einkauf, geringere Fixkosten und ein stärkerer Fokus auf die tatsächlichen Erlöse pro Fahrzeug haben - trotz weiter sinkender Marktanteile - zur schnellen Wende beigetragen.

Mit Gewerkschaft und Betriebsrat wurde nach heftigen Diskussionen ein Sanierungs-Tarifvertrag abgeschlossen, der gegen Lohnverzicht die in Deutschland verbleibenden rund 14 000 Jobs bis zum Jahr 2023 garantiert und außerdem den einvernehmlichen Personalabbau auf 3700 Menschen begrenzt. Auch an den anderen europäischen Opel-Standorten haben die Gewerkschaften finanzielle Einschnitte akzeptiert.

Den operativen Gewinn - also ohne Einmalkosten, Steuern und Zinsen - hat Opel aber mit einer Fahrzeugflotte eingefahren, die zu über 80 Prozent noch unter der Ägide von GM entwickelt wurde - mit dem derzeit erfolgreichen Flaggschiff Insignia an der Spitze. Dieses wurde wie die aktuellen Volumenmodelle Corsa und Astra ganz wesentlich und mit hohem Aufwand in Rüsselsheim geplant und dann teilweise unter anderen Namen in die weite GM-Welt geschickt, natürlich mit Griff in die Regale eines weltweit agierenden Konzerns.

Seitdem die Franzosen bei Opel das Sagen haben, läuft es eher anders herum: Die meiste Technik der ersten gemeinschaftlichen Modelle und des für 2019 geplanten neuen Corsa stammt von PSA, die Opel-Leute geben den Autos beispielsweise mit Fahrwerksabstimmung und eigenen Design-Elementen ein deutsches Finish. Opel drohe zur PSA-Designhülle zu werden, kritisierte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.

«Germanness» sollen die künftigen Opel-Modelle ausstrahlen, meint hingegen PSA-Chef Tavares - und meint damit Solidität, Effizienz und autobahnfeste Dynamik, gern auch elektrisch. Deutsche Ingenieurskunst werde weltweit bewundert, sagt der Portugiese, und will Opel so international vermarkten.

«Opel wird noch deutscher, als es jemals der Fall war», versprach Lohscheller nun. Rüsselsheim werde jeden Opel verantworten und zudem wichtige Themenfelder wie die Brennstoffzelle, Sitze oder eine neue Benzinmotoren-Familie zentral für den gesamten Konzern erledigen. Wie viele der über 7000 Ingenieure im Rüsselsheimer Entwicklungszentrum er dafür noch benötigt, hat der Opel-Chef allerdings bislang offen gelassen. Ebenfalls unklar ist, mit welchen Projekten die Werke Eisenach und Kaiserslautern künftig ausgelastet werden sollen.

"Germaness" sollen die neuen Modelle ausstrahlen

Mitten in die finalen Tarifverhandlungen mit der IG Metall platzte prompt die Nachricht aus Frankreich, dass PSA mit mehreren Ingenieurdienstleistern über einen Teilverkauf des Zentrums verhandele. Bis zu 4000 Ingenieure könnten wechseln, aus Sicht von Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug eine Operation am offenen Herzen des Unternehmens. «Es gibt die Angst, dass die Marke Opel diese Operation, wenn sie kommen würde, nicht überlebt», erklärte er. Die Rüsselsheimer Opelaner gingen mit einem flauen Gefühl in die Werksferien.

Der Chef des IG-Metall-Bezirks Mitte, Jörg Köhlinger, zeigt sich irritiert über die Planungen im Hinterzimmer: «PSA und Opel halten sich nicht an die Regeln der Mitbestimmung, scheinen die Veränderungen nicht auf Augenhöhe mit Betriebsrat und IG Metall aushandeln zu wollen.» Natürlich brauche Opel ein Entwicklungszentrum, sonst würde es zur verlängerten Werkbank von PSA, meint Köhlinger. «Das werden wir, wird auch der Betriebsrat nicht akzeptieren.» Es gebe trotz erster Erfolgsmeldungen bei Opel also noch keinen Grund zur Entwarnung.

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dpa